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Die Hitzewelle kommt! Was du jetzt rechtlich beachten musst, erfährst du hier. - ©Getty

40°C und keine Klimaanlage im Büro? Ab wann du nach Hause gehen darfst

Gibt es auf der Arbeit ein Recht auf Hitzefrei, sind Flipflops im Büro erlaubt und darf man sich bei Hitze krankschreiben lassen? Mit diesem Überblick bist du rechtlich auf der sicheren Seite.

Die kommende Woche soll Rekordtemperaturen nach Deutschland bringen. Schön für die, die ihren Urlaub am Strand genießen können. Doch du sitzt im Büro in der Hitze? Dein·e Arbeitgeber·in darf dich nicht beschäftigen, sollte der Grenzwert von 35 Grad Lufttemperatur im Büro überschritten und es keine Möglichkeit geben, die Temperatur zu reduzieren. Du hast aber nicht das Recht, dir einfach selbst Hitzefrei zu nehmen. Und im Homeoffice gelten sowieso ganz andere Bestimmungen. Die folgenden Punkte müssen du und dein·e Arbeitgeber·in laut Arbeitsrecht beachten:

1. Darfst du in kurzer Hose oder Tanktop ins Büro?

Dein·e Arbeitgeber·in kann von dir das Tragen angemessener Kleidung verlangen. Hier haben Arbeitgeber·innen einen Spielraum, welchen Dresscode sie für eine bestimmte Tätigkeit für angemessen erachten. So wird der/die Chef·in in einer Bank von Mitarbeitenden mit Kundenkontakt das Tragen eines Anzuges verlangen können. Bei der Kleiderordnung sind zudem häufig Betriebsvereinbarungen zu beachten, die auch einzuhalten sind. Verletzt du solche Kleidervorschriften, können arbeitsrechtliche Sanktionen drohen, beispielsweise eine Abmahnung.

Bei großer Hitze ist es allerdings sinnvoll, wenn dein·e Arbeitgeber·in die Kleiderordnung lockert. Dies kann auch über den Betriebsrat angestoßen werden. Aber auch hier gilt: Es gibt kein Recht auf Flipflops, Bermudashorts oder Tanktop.

2. Kannst Du einfach einen Ventilator im Büro aufstellen?

Du musst vorher deine•n Vorgesetzte•n fragen, ob du das Gerät anschließen darfst. Zum einen bezahlt der/die Arbeitgeber·in den Strom. Zum anderen sind technische Geräte eine potenzielle Gefahrenquelle. Für die Nutzung "ortsveränderlicher technischer Geräte", wie es im Fachjargon heißt, müssen die Arbeitgeber·innen Prüfpflichten beachten, um Gefahren vorzubeugen.

3. Hast du ein Recht auf Hitzefrei?

Ab einer Raumtemperatur von mehr als 26 Grad sollen Arbeitgeber·innen aktiv werden und geeignete Maßnahmen ergreifen. Durch die Maßnahmen sollen die Belastungen und Gesundheitsgefährdungen reduziert werden. Mögliche Maßnahmen sind beispielsweise die effektive Steuerung eines Sonnenschutzes, Nutzung von Gleitzeitregelungen, Klimaanlage, Lockerung der Bekleidungsregelung, Bereitstellung von Getränken.

Eine strenge Verpflichtung zu hitzelindernden Maßnahmen schreiben die technischen Regeln erst ab 30 Grad vor. Dann muss der/die Arbeitgeber·in definitiv tätig werden und versuchen, durch geeignete Maßnahmen die Arbeitsbedingungen für dich erträglicher zu gestalten.

4. Wie sieht es aus im Extremfall?

Werden 35 Grad überschritten, so ist der Raum nicht mehr als Arbeitsraum geeignet. Du hast dann aber nicht plötzlich einen rechtlichen Anspruch auf Homeoffice oder Gleitzeit. Du kannst deinem/deiner Arbeitgeber·in lediglich mitteilen, in dem Raum so lange nicht zu arbeiten, bis die Temperatur wieder in Ordnung ist, also den Vorgaben der technischen Regeln entspricht.

Der Knackpunkt ist: Du darfst dann nicht einfach nach Hause gehen, sondern musst warten, ob der/die Arbeitgeber·in die Temperatur angemessen reduzieren kann, beziehungsweise ob er/sie dir einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz zuweist. Es existiert keine Grenze, wie viel Zeit dem/der Arbeitgeber·in einzuräumen ist.

5. Was droht dir, wenn du dich nicht an die Anweisung deiner/deines Vorgesetzte·n hältst?

Bei Verstößen gegen berechtigte Anweisungen der Arbeitgebenden drohen dir die üblichen Arbeitgebermaßnahmen: Abmahnung, Kündigung (bei beharrlicher Arbeitsverweigerung) und gegebenenfalls die Kürzung der Vergütung. Sommertemperaturen setzen nicht das geltende Arbeitsrecht außer Kraft, sofern nicht die oben genannten Grenzwerte überschritten werden.

6. Gibt es einen Hitzeschutz im Homeoffice?

Nein, für die Temperaturregulierung im Homeoffice ist der Arbeitgebende nicht zuständig, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen Telearbeitsplatz oder „nur“ um mobiles Arbeiten handelt.

7. Wann ist es für Arbeiten im Freien zu heiß?

Hierfür existiert keine konkrete Vorgabe. Arbeitgebende müssen aber auch hier ihrer Fürsorgepflicht für dich nachkommen und geeignete Maßnahmen treffen, um Leben und Gesundheit der Arbeitnehmenden zu schützen. Wie solche Maßnahmen konkret aussehen, lässt sich beispielsweise in der Baustellenverordnung nachlesen.

8. Kannst du dich krankmelden, wenn du dich wegen der Hitze unwohl fühlst?

Hitze kann krank machen. Wenn du arbeitsunfähig bist, kannst du deine Arbeitsunfähigkeiten unverzüglich anzeigen und je nach Dauer der Arbeitsunfähigkeit entsprechend durch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachweisen.

Grundsätzlich gilt:

Arbeitgebende sind nach dem Gesetz verpflichtet, das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmenden zu schützen, sollte es außerordentlich heiß werden, und entsprechend sichere Arbeitsplätze bereitzustellen. Verletzungen können sowohl Arbeitnehmende als auch Betriebsräte anzeigen. Bei „leichteren“ Pflichtverletzungen wird allerdings kaum eine Behörde sofort beziehungsweise überhaupt reagieren.

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🔎 Liebe Leser•innen: Der Text basiert auf einem Klartext-Beitrag von Jens Niehl. Die Asuführungen des Fachanwalts für Arbeitsrecht sind angesichts der momentanen Hitze so aktuell - und für Euch hoffentlich auch so nutzwertig - wie im Sommer 2019.

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