5 Techniken, um knifflige Fragen souverän zu beantworten
Im Call mit den Kollegen, in einem Disput mit dem Vorgesetzten oder im Jobinterview: Die Gewissheit, immer zu wissen was Du antworten willst, kann eine enorme Steigerung für Dein Selbstvertrauen sein. In einem Artikel, der in der Wirtschaftswoche erschienen ist, wurden fünf Faustregeln aufgestellt, damit Ihr bessere Antworten geben könnt.
"Wie trinkst Du Deinen Kaffee?", "Warum haben Sie Ihren letzten Job gekündigt?"
Die fragende Person ist auch immer die führende Person in einem Gespäch. Das klingt erstmal skurill, weil man dadurch seinem Gegenüber zeigt, dass ein Wissensdefizit vorliegt. Aber die befragte Person, befindet sich mit jeder Frage, die ihr gestellt wird im Zugzwang. Der Ball liegt jetzt in ihrem Feld.
Hört auf, dem Fragensteller gefallen zu wollen!
Es liegt ein gewisser Druck auf uns, wenn wir eine Frage beantworten sollen. Der Implus dem Fragensteller gefallen zu wollen, ist ein typischer Fehler, den wir gerne begehen. Vielmehr sollte es darum gehen, die anderen in UNSEREM Sinne vom Gesagten zu überzeugen. Gebt nicht die Antwort, mit der Ihr Euch am wohlsten fühlt, sondern eine Anwort, die Euch am meisten Vorteile verspricht. Ja, so viel Eigensinn sei uns gestattet: In unserem Sinne!
Deswegen sollten wir uns daran erinnern, dass Zustimmung und die eigene Zufriedenheit mit der Antwort nicht immer das Gleiche sind. Und selbst wenn es bedeutet, dass die fragende Person das Gespräch führt, müsst Ihr Euch dem nicht fügen. Mit einer gekonnten Antwort oder Gegenfrage, könnt Ihr Euch die Führung wieder zurückholen. Und das geht so:
1. Innere Haltung: Mach' Dich nicht kleiner als Du bist
Beim Antworten sind wir solange in der schwächeren Position, bis wir für unsere eigenen Interessen einstehen. Dafür bedarf es auch an Mut. Als die GRÜNEN-Chefin Annalena Baerbock in einer Talkrunde zu Gast war, fügte der Moderator einer Frage hinzu: "Das war aber nicht meine Frage." Darauf Baerbock: "Aber das war meine Antwort.". Die zentrale Botschaft ihrer Antwort war hier: Du kannst fragen, was du willst, aber ich antworte, was ich will.
Nehmt diese Haltung ein, wenn Ihr eine Frage beantwortet. Sie verschafft Euch Platz und entbindet Euch von dem angesprochenen Schüler-Lehrer Denken, wo der Fragensteller bewertet wie gut die Antwort war.
2. Perpektivenwechsel durch die Antwort
Wenn Du weißt, dass Du die Kontrolle über Deine Antworten hast, bist Du auch mutiger, das Gespräch in Deinem Sinne zu lenken. Klassisches Szenario: Stell Dir vor, Du hast bei der Arbeit einen Fehler gemacht und nun ist Dein Vorgesetzter am Schäumen. Sagen wir, Du hast aus Zeitmangel einen wichtigen Termin mit einem potenziell neuen Kunden so lange heraus gezögert, dass dieser nun bei der Konkurrenz angebissen hat. Der Chef zitiert Dich in sein Büro: „Was hast du dir dabei bloß gedacht?“ Hinter dieser Frage versteckt sich ein Vorwurf: Es ist mir völlig unverständlich, wie du diesen Fehler begehen konntest. Das Ziel vom Chef mag gerade sein, Dich klein zu machen. Du kommst aus Reflex schnell in die Position Dich erklären zu wollen und wie es zu diesem Fehler gekommen ist. Was Du aber in Wahrheit tust: Du erzählst in bunten Farben von Deinem Scheitern. Und am Ende heißt es: Das was Du Dir gedacht hast, hat anscheinend keinen Sinn gemacht. Aus der Nummer kommst Du nicht mehr raus.
Wenn Du vor einem Scherbenhaufen stehst den Du selber zu verantworten hast, dann führst Du das Gespräch direkt auf erfreulichere Aspekte. Wenn Du erahnen kannst, dass Du im Gespräch mit unangenehmen Fragen zu vorausgegangenen Fehlern konfrontiert wirst, nimm Dir also vor, von der Zukunft zu sprechen. Von einer Zukunft, in der solche Fehler nicht mehr vorkommen werden. Zum Beispiel: "Das ägert mich selber sehr, aber dieser Fehler wird nicht mehr passieren..." Es vergeht dem Fragesteller so am ehesten die Lust, weiter auf der Vergangenheit herumzuhacken. Diese Methode erleben wir in diesen Monaten auch oft im Zusammenhang mit Fehleinschätzungen zum Erfolg von Corona-Maßnahmen, etwa zur Frage, warum von Mund-Nasen-Masken anfangs als kontraproduktiv abgeraten wurde.
3. Die Frage infrage stellen
„Schlagen Sie Ihre Frau eigentlich immer noch?“ Der Klassiker der Fangfragen. Diese Ja-Nein-Frage lässt nicht so beantworten, ohne ein Eingeständnis zu machen, die Frau jemals geschlagen zu haben. Was lernen wir aus solchen Fragen? Wir müssen die Frage bevor wir sie überhaupt beantworten erstmal checken, ob es sich lohnt sie überhaupt zu beantworten. Falls nicht, könnt Ihr die Frage auch gerne deutlich ablehnen: "Diese Frage beruht bereits auf falschen Annahmen. Deshalb kann ich sie nicht beantworten". So sieht die feine Art des Abfrühstücken aus. Die Richtung in die gespielt wird, hast Du dadurch schon wieder neu ausgerichtet. Jetzt hast Du genug Raum, um die Frage in deinem Sinne klarzustellen. Es ist eine große Herausforderung, auf eine Frage zu antworten, die bereits falsche Sachverhalte voraussetzt, ohne diese zur Diskussion zu stellen. Dabei ist es auch wichtig diese Art der Frage zu enttarnen: "Findest Du es nicht ethisch verwerflich, deine Belegschaft so herurum zukommandieren?" Ein Nein wäre hier nicht angebracht. Sondern: Deine Frage ist unpassend, ich kommandieren niemanden herum."
Oft findet empfindet wir Fragen als unangenehm, weil eine Unterstellung mitschwingt, die man so nicht stehen lassen will. Nimm Dir Zeit, wenn Du eine Frage unfair findest und sprich es an. Es gibt sie nämlich doch: „falsche“ Fragen. Noch so eine Weisheit aus Schulzeiten, die wir beerdigen können.
4. Lästige Fragen elegant umfahren
Ein weiteres klassisches Beispiel kennen wir aus der Politik. Wenn die befragte Person keine klaren Antworten gibt. Für die Bürger ist das sehr unbefriedigend. Für Menschen aus der Politik ist diese Methode aber oftmals zielführender, als die klare Antwort, die die Wähler noch mehr frustrieren würde. Wenn wir in der Rolle des Antwortengebers sind, dann ist das elegante Umfahren durchaus eine Option, die wir ziehen dürfen. Wenn eine klare Antwort nicht in unserem Interesse liegt, aber auch nicht wirklich unpassend ist. Oder die Gesprächszeit knapp wird und wir unbedingt noch etwas loswerden wollen. "Ihr Produkt hat beim Energieverbrauchs-Test aber nicht sonderlich gut abgeschnitten, oder?" "Ja, da arbeiten wir noch dran. Worauf wir aber besonders stolz sind, ist, dass unsere Kunden die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten überdurchschnittlich hoch bewerten und das liegt daran, dass…" Du hast die positiven Aspekte betont und die negativen ein wenig vernachlässigt, das darfst Du. Wir erinnern uns: Wir agieren auf Augenhöhe und müssen nicht auf alles antworten. Und du entscheidest, wann das Ausweichen deinem Ziel zuwiderläuft.
5. Methoden kombinieren
Sich nicht klein machen, auf Augenhöhe sprechen, die Richtung mit den eigenen Antworten vorgeben und die Fragen infrage Stellen. Diese einzelnen Techniken kannst Du auch jederzeit miteinander kombinieren. So könnte die Kombination der einzelnen Techniken, in der Praxis aussehen:
„Wer wird Ihr Kanzlerkandidat?“ Hier winden sich die befragten Partei-Politiker gerne und versuchen, die klare Antwort zu umschiffen im Sinne von „es geht jetzt vor allem um Sachfragen“. Aber mittlerweile reagieren einige erfahrene alte Hasen ganz nach der Methode: „Ich entscheide selber, was ich antworte“ und ohne Geschwurbel: „Ich verstehe Ihre journalistische Neugier, aber für uns als Partei macht es keinen Sinn, diese Personalie so früh öffentlich zu machen, weil das über einen zu langen Zeitraum eine Angriffsfläche böte, die uns im Zweifel weniger nutzt als schadet.“ Wozu soll man da als Fragesteller noch nachhaken?
Ihr dürft antworten was Ihr wollt
Ihr könnt nicht kontrollieren welchen Frage Euch gestellt wird bzw. wie sie Euch jemand stellt. Aber Ihr könnt immer kontrollieren und entscheiden, was Ihr antwortet oder ob Ihr überhaupt antwortet.
Diese Freiheit müsst Ihr Euch nehmen. Viel Spaß beim Antworten!
Der Autor des Artikels, Marcus Werner, hat die Methoden mit entworfen. Er ist Fernsehmoderator sowie Buchautor und arbeitet als Berater für Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung.