Anforderungen an eine professionelle CSR- und Nachhaltigkeitsberichterstattung: Was Unternehmen wissen müssen
Warum Nachhaltigkeit zum Kerngeschäft von Unternehmen gehören sollte
Der Gesetzgeber auf europäischer und bundesdeutscher Ebene stellt Anforderungen an global agierende Konzerne, Nachhaltigkeit in ihre Geschäftsprozesse zu integrieren. Am 31. März 2017 wurde das Gesetz zur CSR-Berichtspflicht auch vom Bundesrat beschlossen. Es trat rückwirkend zum 1. Januar 2017 in Kraft. Mit diesem Gesetz wird die CSR-Richtlinie der Europäischen Union endgültig in deutsches Recht umgesetzt. Demnach sind insbesondere Banken, Versicherungen und viele Aktiengesellschaften mit über 500 Mitarbeitern verpflichtet, eine nichtfinanzielle Berichterstattung in ihren Lage- und Konzernlageberichten zu veröffentlichen.
Zum ersten Mal erhalten sogenannte pre-finanzielle Angaben über Sozial-, Arbeitnehmer- und Umweltbelange sowie Informationen über die Achtung von Menschenrechten und die Bekämpfung von Korruption Einzug in die streng geregelten Geschäftsberichte. Begründet wird die Berichtspflicht von der EU-Kommission damit, dass Verbraucher heutzutage mehr und bessere Informationen zu diesen Bereichen verlangen und Unternehmen mehr Transparenz zeigen müssen. Den betroffenen Firmen bleibt dafür eine Frist von etwa vier Monaten nach Vorlage des Geschäftsberichts.
Befreit werden können Unternehmen von den Berichtspflichten, wenn sie beispielsweise keine Konzepte bezüglich ihrer Auswirkungen auf einzelne Aspekte verfolgen und stattdessen erläutern, warum dies der Fall ist („comply or explain“). Diese Regel betrifft jedoch nur Konzepte - wesentliche Risiken sind hingegen immer zu berichten. Unternehmen können sich auch befreien lassen, wenn es sich um Tochtergesellschaften von Konzernen handelt, die gemäß der EU-CSR-Richtlinie berichten (Konzernklausel). Nach Ansicht der Europäischen Union können sich die Unternehmen bei den Informationen, die sie zusammenstellen sollen, auf das Umweltmanagementsystem EMAS oder die DIN EN ISO 14001:2015, den Global Compact der Vereinten Nationen, die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte: Umsetzung des Rahmenprogramms „Protect, Respect and Remedy“ der Vereinten Nationen, die Leitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für multinationale Unternehmen, die DIN ISO 26000, die Dreigliedrige Grundsatzerklärung der Internationalen Arbeitsorganisation zu multinationalen Unternehmen und zur Sozialpolitik, die Global Reporting Initiative und auf andere nationale oder internationale Rahmenwerke stützen.
Entsprechend der Vorgabe der CSR-Richtlinie sind die Vorschriften des Gesetzes für Geschäftsjahre beginnend nach dem 31. Dezember 2016 anzuwenden. Damit rückt das Thema endgültig auf die Agenda der Vorstände, Geschäftsführer und Führungskräfte. Zudem ist die Überwachung durch den Aufsichtsrat in der EU-Richtlinie verankert, was zur Folge hat, dass CSR immer mehr in die bestehenden Steuerungs- und Kontrollmechanismen in den Unternehmen integriert wird.
Es reicht heute nicht mehr, das Thema heterogen zu behandeln, wie es in der Vergangenheit oft getan wurde. Auch war CSR häufig noch keine Stabsstelle, die an die oberste Führung gebunden war. Bei den einen war CSR Teil der Personalabteilungen, Beschaffung, Umwelt- und Qualitätssicherung oder Compliance. Erst durch den gesetzgeberischen Druck, die EU-Richtlinie und die CSR-Berichtspflicht erhielt das Thema die entsprechende Aufmerksamkeit bis in die obersten Führungsebenen
Durch das Gesetz werden auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) berührt, die sie den Wertschöpfungsketten der Großunternehmen oft vorgelagert sind (Beschaffungsketten) und deshalb die entsprechenden CSR-Anforderungen erfüllen und transparent belegen müssen. Vor allem Automobilhersteller, aber auch Einrichtungshersteller fordern von ihren Zulieferern entsprechende Nachweise darüber, wo ihre Materialien herkommen und inwieweit bei der Produktion ihrer Bauteile, Verfahren oder Dienstleistungen entsprechende Anforderungen mit Blick auf die CSR-Relevanz eingehalten werden.
Was hat das Gesetz bis 2019 bewirkt?
Das Fazit einer umfangreichen 3-Länder-Studie, die im Auftrag des Software-Spezialisten iPoint erstellt wurde, fällt durchwachsen aus: Während die Berichterstattung zur Geschlechtergleichstellung in der Regel in zufriedenstellendem Maße erfolgt, fehlt es vor allem bei den Menschenrechten in Lieferketten häufig an Transparenz. In der Studie untersuchte die gemeinnützige Forschungsorganisation Development International erstmals systematisch den Grad der nichtfinanziellen Transparenz von 516 Unternehmen aus Deutschland, 590 aus Schweden und 75 aus Österreich. Es wurden deren Nachhaltigkeitsberichte ausgewertet und über 60 Leistungskennzahlen (Key Performance Indicators) aus den Regelwerken nach der Global Reporting Initiative (GRI), dem Deutschem Nachhaltigkeitskodex (DNK) und dem UN Global Compact (UNGC) verglichen.
• Im Durchschnitt war die Transparenz der Offenlegung bei den Fragen zu Geschlechterverteilung, Korruptionsbekämpfung und Arbeitnehmerrechten bei den untersuchten deutschen Unternehmen am höchsten. Allerdings tendierten viele deutsche Unternehmen dazu, weniger über Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsfragen zu berichten.
• 75 Prozent der untersuchten deutschen Unternehmen gehen auf das Thema Treibhausgase ein. Beim Klimamanagement gibt es ebenfalls Nachholbedarf. Nur 17,3 Prozent der untersuchten Firmen hat eigene Klima- bzw. Emissionsziele.
• In den Lieferketten werden nicht nur Aufgaben ausgelagert, sondern auch Risiken - besonders beim Thema Menschenrechte. Bei Rohstoffen wie Zinn, Wolfram, Tantal und Gold („Konfliktmineralien“, 3TG) steht vor allem der Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo im Fokus. Nur sechs Prozent beschäftigen sich eingehend mit Konfliktmineralien, obwohl eine in 2021 eintretende neue EU-Verordnung (2017/821) für dieses Problem eine Sorgfaltspflicht eingeführt hat.
• Lieferantenüberprüfungen jenseits des Qualitätsmanagements stehen bei vielen deutschen Unternehmen bis heute nicht auf der Agenda: Nur 31,3 Prozent haben für ihre Zulieferer entsprechende Kriterien bzw. Verhaltenskodizes festgelegt. Positiv ist aber, dass Firmen mit einem entsprechenden Code of Conduct laut Studie in fast 70 Prozent der Fälle neue Lieferanten darauf untersuchen. So wird der Lieferantenstamm auf Dauer nachhaltig verändert.
Weiterführende Informationen:
Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: CSR und Nachhaltigkeitsmanagement richtig umsetzen: Die wichtigsten Schritte und Werkzeuge - mit zahlreichen Praxistipps und Mustervorlagen. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.