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BauhausUniVisor: Prof. Andreas Mühlenberend und Jason Reizner (Bauhaus-Universität Weimar) - Darko Velazquez

#BauhausUniVisor: Gemeinschaftsressourcen für COVID-19

Herausforderungen der COVID-19-Pandemie nachhaltig bewältigen

Das Team des Bauhaus Form + Function Lab arbeitet mit Partnern und Kollaborateuren in der Region und in ganz Europa zusammen, um relevante Entwürfe für persönliche Hygienematerialien und Hilfsmittel zu entwickeln, auszutauschen und zu optimieren. Ziel ist die Schaffung von Produktionsressourcen, die weltweit und dezentral mit weit verfügbaren Standardwerkzeugen und Verfahren (z.B. in Prototyping-Laboren, FabLabs, Makerspaces und privaten Werkstätten) zur Herstellung genutzt werden können. Der Designer, Media Practitioner, Forscher und Vertretungsprofessor Jason Reizner hat vor drei Wochen angeboten, die technischen Ressourcen der Bauhaus-Universität Weimar im Rahmen von COVID19 einzusetzen. Daraufhin machte Prof. Andreas Mühlenberend einen Entwurf, den sie dann gemeinsam produziert haben.

Die Verantwortlichen fordern allerdings alle dazu auf, die von Behörden, Betrieben und Mitmenschen empfohlenen Hygienemaßnahmen strengstens einzuhalten. Obwohl die aufgeführten Entwürfe mit bestem Wissen und Gewissen weitergegeben werden, garantieren das BFFL und die Bauhaus-Universität Weimar nicht die Gebrauchstauglichkeit, Marktgängigkeit oder Eignung für einen bestimmten Zweck und übernehmen keine Haftung, die sich aus ihrer Herstellung oder Verwendung ergibt. Insbesondere stellen die Entwürfe als Studien zur individuellen Erprobung der Fabrikation explizit keine Medizinprodukte dar. Jegliche Nutzung oder sonstiger Gebrauch erfolgt auf eigene Gefahr durch die Nutzer.

Interview mit Prof. Andreas Mühlenberend

Herr Prof. Mühlenberend, können Sie das Produkt beschreiben, und für wen ist es geeignet?

Das BauhausUniVisor schirmt das Gesicht ab und besteht aus nur zwei Teilen (für kleinere Lasercutter gibt es eine Variante aus drei Teilen). Das BauhausUniVisor ist geeignet für Brillenträger und Mützenträger, hat Platz für eine Atemmaske und ist eine One-Size-Fits-All-Lösung.

Es besteht aus zwei (bzw. drei) Kunststoffteilen, die aus einem einzigen Material (transparenter 0,5 mm PET- oder PETG-Film) mit dem Lasercutter hergestellt werden können. Als universelles Design („one size fits all“) kommt es ohne Teile aus dem 3D-Drucker oder zusätzliche Gummibänder aus. Der Produktionsdurchsatz ist im Vergleich zum 3D-Druck wesentlich höher und gewährleistet eine maximale Ausnutzung des Materials: Acht Visiere können aus einer 1000 x 600mm großen PETG-Folie in weniger als fünf Minuten geschnitten werden. Darüber hinaus ist der Entwurf prinzipiell auch für die Produktion in Roll-to-Roll Prozessen geeignet. Vorläufige Tests zeigen, dass PETG gegen Desinfektionsmittel wie Isopropylalkohol, quaternäre Ammoniumverbindungen und Wasserstoffperoxidlösung beständig ist. Eine übergroße Hitze (über 50 Grad Waschen usw.) verträgt das Visier nicht. Dieses Design ist unter der Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International License lizenziert.

One material. One process. One minute. Was bedeutet das konkret?

One material: Wir nutzen 0,5 PETG-Folie für alle Komponenten.

One process: Wir nutzen nur einen Herstellungsprozess - das Lasercutten.

One minute: Im Gegensatz zu 3D-Druck-Visieren (deren Herstellung in Stunden gerechnet werden muss) dauert die Herstellung des BauhausUniVisors weniger als eine Minute.

Schützt das Visier vor Corona?

Wir wollen und dürfen nicht behaupten, dass das BauhausUniVisor (oder irgendein Visier) vor Corona schützt, denn es ist kein zertifiziertes Medizinprodukt. Wir wollen keinerlei Schindluder treiben mit den sehr hohen Anforderungen an ein Medizinprodukt. Wir glauben, dass das BauhausUniVisor eine Geste der Höflichkeit ist. Die Regeln der Höflichkeit ändern sich gerade. Abstand halten, um andere zu schützen - das ist ungewohnt und neu. Ich zeige anderen, dass ich versuche, weniger Tröpfchen von mir in die Umgebung zu verteilen. Wir sehen derzeit viele Geschäfte, in denen Glasscheiben montiert wurden, um die Verkäuferinnen und Verkäufer vor der Atemluft der Kunden abzuschirmen. Manchmal gibt es keine Glasscheiben. In diesem Zusammenhang funktioniert das BauhausUniVisor als mobile und tragbare Scheibe. Das finden wir höflich.

Wie haben Sie in Corona-Zeiten zusammengearbeitet?

Mit zwei Metern Abstand. Das derzeitige Zusammenarbeiten und gemeinsame Bewegen in einem Raum waren eine Art modernes Ballett, dessen Choreographie wir ja gerade alle lernen. Wir bewegen uns wie einander abstoßende Magneten. Wichtig dabei: nicht den Humor verlieren und freundlich bleiben bei kurzen Wartesituationen oder Momenten, wo keiner der „Alltagstänzer" weiß, wie man den Abstand aufrechterhalten kann – zum Beispiel. im Supermarkt. Am Ende bekommen wir es doch immer hin …

Wer waren Ihre wichtigsten Mitstreiter?

Kristian Gohlke! Er hat seine gesamte Technologie- und auch Maker-Erfahrung reingebracht. Ein Entwurf wird dadurch real und reich. Unterschiedliche Lasercutter erfordern unterschiedliche Datensätze und Detaillierungen für die Fertigung, der Entwurf muss zum Postversand passen u.s.w. Auch Darko Velazquez gehört dazu. Ein Projekt ist nur von Wert, wenn andere das Projekt verstehen. Deshalb freue ich mich über die phantastischen Fotos und Filme, die allesamt von Darko Velazquez www.darkovelazquez.com geplant, gemacht, geschnitten und produziert wurden. Wir bedanken uns auch bei der Verwaltung der Bauhaus Universität Weimar. Hier wurde ebenfalls schnell gedacht und schnell gemacht.

Wo kann das Visier bezogen werden?

Wir haben die Dateien online gestellt. Das bedeutet, das jedes FAB-LAB und jedes Unternehmen, das einen Lasercutter hat, das BauhausUniVisier nun herstellen kann - weltweit. Wir stellen den Lasercutter der Bauhaus Universität Weimar ebenfalls in den Dienst der Sache. Dateiendownload und Montageanleitung unter https://bffl.io/de/ (deutsche Version) oder https://bffl.io (english version).

Was kostet es?

Wir nehmen kein Geld für das BauhausUniVisor. Das Design steht unter einer Creative Common Liscense. Jede(r) kann das Design umsonst und legal runterladen und legal für nicht-kommerzielle Zwecke nutzen. Wir freuen uns über Spenden für das Material oder das Material selbst und die FAB-LABS sicherlich auch. Keinen Quatsch machen da draußen, indem man notwendiges Zeug teuer verkauft.

Vielen Dank für das Gespräch.

Biographische Angaben

Jason Reizner ist wohnhaft in Weimar, ist Designer, Media Practitioner und Forscher. Er absolvierte seinen Bachelor of Media Arts in Film, Video and Integrated Media an dem Emily Carr Institute of Art and Design in Vancouver, Kanada und seinen Master of Fine Arts in Media Art and Design an der Bauhaus-Universität Weimar. Als ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter und aktueller Vertretungsprofessor des Lehrstuhls Interface Design an der Bauhaus-Universität Weimar lehrt er in den Master-Studiengängen Medienkunst/Mediengestaltung sowie MediaArchitecture und leitet das EFRE-geförderte Bauhaus Form + Funktion Labor. Sein Forschungsschwerpunkt als Doktorand an der Fakultät Architektur der Bauhaus-Universität Weimar liegt in den Bereichen Pervasive Computing, Tangible Interaktionen, Mixed Realities und Ambient Interfaces im architektonischen Raum. Seit 2012 ist er Mitbegründer und Organisator der xCoAx, eine internationale Konferenz über ‘Computation, Communication, Aesthetics and X’.

Prof. Andreas Mühlenberend /// geboren: 1967 /// 1998: Industriedesigndiplom an der Hochschule für bildende Künste, Kassel /// seit 1998: „Resolut Design“: Büro für Industriedesign und Grafik /// 1998 – 2000: Dozent für zeichnerisches Darstellen und Naturstudium an der Hochschule für bildende Künste, Kassel /// 2002 - 2009: Vertragsprofessur an der Freien Universität Bozen, Italien /// 2008: Lehrbeauftragter an der Universität der Künste Berlin /// 2009 - 2014: Professor für Industriedesign an der Hochschule Magdeburg Stendal /// seit 2015: Professor für Industriedesign an der Bauhaus-Universität Weimar (Auszeichnungen: red dots / Good Design Awards, USA / Designpreise der Bundesrepublik Deutschland / Sächsischer Staatspreis für Design) Arbeiten: www.resolutdesign.com

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Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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