Betriebsverkauf wegen Ruhestand: Wer früh plant, gewinnt
Ihnen gehört ein Unternehmen? Dann ist es nie zu früh darüber nachzudenken, ob, wie und unter welchen Bedingungen sie es verkaufen möchten.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ich prüfte einst einen Reisedienst auf Veräußerbarkeit. Die Umsätze lagen bei 2 Millionen Euro und die Erträge waren bisher solide. Eine Immobilie war nicht involviert und der Reisebus-Fuhrpark war geleast. Der Wunschverkaufspreis lag bei 600.000 EUR. Warum verkauft werden sollte? Das Inhaber-Ehepaar war bereits weit über 70 Jahre alt. Aufgrund des hohen Lebensalters froren die Banken die Kreditlinien ein. Die Umsatzvorfinanzierung war nicht mehr möglich und der Betrieb geriet in finanzielle Schieflage.
Nachdem Sie dieses Praxis-Beispiel gelesen haben: Was meinen Sie? An welcher Stelle im Verlauf des Unternehmerlebens sollte man anfangen, über den Betriebsverkauf nachzudenken? Kann eine Ad-hoc-Aktion kurz vor dem Ruhestand erfolgreich sein, oder sollte die Vorbereitung langfristiger gestaltet werden? Wenn ja, wann sollte der Startschuss fallen?
Betriebsverkauf: Können vs. Müssen
Solange der Unternehmer nicht unter Zwang steht, ist er in der komfortablen Lage, zu können, aber nicht zu müssen. Solange er noch kann, ist der gesamten Prozess des Firmenverkaufs nach eigener Façon lenkbar und gestaltbar. Er kann in aller Ruhe die notwendigen Schritte vorbereiten, einleiten und durchführen. Er hat die Freiheit, auch im Punkt Betriebsverkauf unternehmerisch zu handeln. Wer könnte, aber nicht muss, handelt aus einer Position der Stärke und Souveränität heraus.
Wodurch entstünde denn im Gegensatz dazu das Müssen? Aus meiner Erfahrung meistens durch Alter oder Krankheit. Wenn der Unternehmer infolgedessen aus einer Zwangsposition heraus handeln muss, dann:
ist er nicht mehr frei in seinen Entscheidungen,
steht er unter Zeitdruck und
kann er nicht mehr unternehmerisch handeln.
Wann also sollte der Startschuss für den Betriebsverkauf fallen, damit das gegenwärtige können niemals zu einem zukünftigen müssen wird?
Meine Empfehlung:
An den Unternehmensverkauf gleich bei Unternehmensgründung denken.
Und wenn Sie es bei der Gründung verpasst haben, dann sollten Sie den Unternehmensverkauf ab jetzt, nach der Lektüre dieser Zeilen, als latentes Thema in den Hinterkopf einpflanzen.
Denn ab jetzt schmilzt der Zeitpuffer, und das momentane Können wandelt sich unaufhörlich in ein späteres Müssen. Mit jedem Tag mehr!
Betriebsverkauf: Allzeit bereit!
Sie sollten jederzeit abgabebereit sein und jede betriebliche und unternehmerische Maßnahme mit der Kontrollfrage checken:
"Inwieweit nimmt die Entscheidung, die ich in diesem Moment treffe, Einfluss auf die grundsätzliche Veräußerbarkeit meines Betriebes?"
Wie Sie dieser Grafik aus dem DIHK Report 2019 entnehmen können, sind 43 % der Senior-Unternehmer nicht rechtzeitig für den Betriebsverkauf vorbereitet. 43 Prozent! Dass ist unfassbar dramatisch.
Daher der dringende Appel an jeden Inhaber: Haben Sie Ihre eigene Unternehmensabgabe immer vor Augen!
Seien Sie allzeit bereit. Falls Sie glauben, dass es ausreicht, sich dieser Thematik erstmals zu stellen, wenn der Ruhestand schon an die Tür klopft, dann haben Sie falsch gedacht. Hier ein plastisches Beispiel: Wenn Sie jahrzehntelang keinen Sport treiben, sich ungesund ernähren und 60 Zigaretten am Tag rauchen, dann werden Sie niemals spontan einen Fitnesstest bestehen. Das würde nur passieren, wenn Sie bisher diszipliniert und sorgsam mit sich selbst durchs eigene Leben gegangen sind.
Genauso ist es auch mit Ihrem Betrieb. Er ist Ihr wichtigster Vermögensgegenstand. Hegen und pflegen Sie ihn von Tag 1 an.
Betriebsverkauf: Fazit
Seien Sie sich bewusst, dass jede unterlassene Innovation oder Investition Ihre Chance beschneidet, Ihren Betrieb überhaupt zu verkaufen … und wenn doch, den besten Preis zu erzielen.
Sie investieren aber zum Beispiel in ein neues Warenwirtschaftssystem? Bingo, Sie haben gerade die Veräußerbarkeit Ihres Betriebes erhöht.
Sie lassen endlich den Wasserschaden an der Bürodecke überstreichen?
Sie investieren in einen frischen, modernen Internetauftritt?
Sie schicken Ihre Mitarbeiter auf Trainings und Schulungen?
Sie haben Ihre Kundenliste auf Vordermann?
Bingo-Bingo-Bingo, all das beeinflusst positiv die Veräußerbarkeit Ihres Betriebes!
Ab dem Tag der Firmengründung sollte der zukünftige Betriebsverkauf Ihr permanentes Thema sein. Die omnipräsente Abgabebereitschaft erhöht nicht nur die Attraktivität Ihres Betriebes, sondern sorgt kollateral auch dafür, dass Sie immer up-to-date sind. Dies erhöht nicht nur die grundsätzliche Verkaufbarkeit Ihres Betriebes, sondern stärkt auch Ihre Marktposition und Ihre Arbeitgeberattraktivität.
Liebe Leserinnen und Leser, wie sind Ihre Erfahrungen? Denken Sie bereits über den Betriebsverkauf nach? Wie viele Jahre ist Ihr geplanter Ruhestand noch entfernt? Wie gehen Sie vor? Ich freue mich über Ihren Input hier im Kommentarbereich oder gerne als PM.
Herzliche Grüße
Ihr Carsten Seiffert