Bonus gestrichen? So können sich Angestellte wehren
Geht es einem Unternehmen schlecht, setzen Arbeitgeber oft bei Bonuszahlungen den Rotstift an. Das ist nicht immer rechtens. Ein Arbeitsrechtsanwalt gibt Tipps, wie Sie am besten vorgehen.
Berlin. Bonuszahlungen sind vor allem bei Beschäftigten in Führungspositionen oft ein wichtiger Teil des Gehalts. Um in schwierigen Zeiten Kosten zu senken, streichen Unternehmen jedoch gerne einmal solche Sonderzahlungen – oder kürzen sie zumindest stark.
Mit Ausreden wie „Deine Arbeitsleistung war ungenügend“ oder „Dem Unternehmen geht es aufgrund der wirtschaftlichen Lage schlecht“ versuchen Arbeitgeber, sich zu drücken. Fällt der Bonus flach oder geringer aus, bedeutet das für Beschäftigte in der Regel starke Einbußen. Kein Wunder, dass viele deswegen auf die Barrikaden gehen.
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Die gute Nachricht ist: Fällt der Bonus aus, müssen Arbeitnehmer das nicht immer hinnehmen. Der Arbeitsrechtsanwalt Christoph Abeln erklärt, unter welchen Umständen Sie sich wehren können.
Wann darf der Arbeitgeber den Bonus streichen?
Ob und in welcher Höhe jemand einen Bonus bekommt, ist meist im Arbeitsvertrag oder einer Zusatzvereinbarung geregelt. Sofern es keine Ausschlussgründe oder gegenteiligen Absprachen gebe, müssten sich Arbeitgeber an diese vertraglichen Vereinbarungen halten, sagt Arbeitsrechtsexperte Abeln. „Sie können die Bonuszahlung nur kürzen oder streichen, wenn bestimmte Gründe vorliegen.“
Das ist laut dem Experten zum Beispiel der Fall, wenn der Bonus an zuvor vereinbarte Ziele geknüpft ist – etwa Umsatzsteigerungen oder persönliche Leistungsziele. Erreicht der Arbeitnehmer nicht seine individuellen Ziele oder das Unternehmen nicht den festgelegten Umsatz, kann der Arbeitgeber den Bonus entsprechend ganz oder teilweise kürzen.
„Ein weiterer Punkt ist die wirtschaftliche Lage des Unternehmens“, sagt Abeln. Gerät ein Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten, passt die Geschäftsführung oft die Boni der Mitarbeiter einseitig an oder setzt sie aus.
Hier rät Abeln Beschäftigten, zunächst den Vertrag zu prüfen. Gibt es keine konkrete Zielvereinbarung und keine entsprechende Klausel für solche Fälle, ist der gestrichene Bonus oft als Vertragsverletzung zu werten. „Zudem können entsprechende Klauseln wie Widerrufs- oder Freiwilligkeitsvorbehalte im Einzelfall unwirksam sein.“
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber laut Abeln die Initiative ergreifen, um eine Zielvereinbarung abzuschließen. Versäumt er dies und zahlt keinen Bonus, obwohl dieser im Arbeitsvertrag festgelegt wurde, hat der Arbeitnehmer eventuell Anspruch auf Schadenersatz.
Korrekt reagieren nach gestrichenem Bonus
Wer einen etwaigen Anspruch auf eine ausbleibende Bonuszahlung durchsetzen will, sollte sich zunächst einen Überblick über die bestehenden Vertragseinzelheiten, die gesetzten Ziele und die Unternehmenskennzahlen verschaffen.
„Im Zweifel hat der Arbeitnehmer hierzu auch einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Unternehmen“, sagt Abeln. Denn: Wurden die vereinbarten Ziele erreicht, darf der Arbeitgeber den Bonus nicht einfach grundlos einbehalten.
Eine Ausnahme komme allenfalls bei einer sogenannten „Störung der Geschäftsgrundlage“ in Betracht. Das setzt laut Abeln jedoch voraus, dass durch die Bonuszahlung der Fortbestand des Unternehmens ernsthaft gefährdet wäre. „Das ist in der Praxis nur selten der Fall“, sagt Abeln.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main entschied 2009 etwa, dass ein Unternehmen den Bonus eines Mitarbeiters zahlen musste – trotz eines negativen operativen Ergebnisses von 2,9 Milliarden Euro. „Das Gericht stellte fest, dass die Bonuszahlung nicht ertragsabhängig war, sondern als Anerkennung der Wertschätzung des Arbeitnehmers zugesagt wurde“, sagt Abeln. Daher habe sich der Arbeitgeber nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen können, um die Zahlung zu verweigern.
„Ebenso urteilte das Landesarbeitsgericht München, dass eine zuvor vom Arbeitgeber zugesagte Bonuszahlung auch bei später eintretenden finanziellen Verlusten nicht einseitig widerrufen werden kann“, sagt Abeln.
Kürzt ein Unternehmen vertraglich zugesicherte Bonuszahlungen ohne rechtliche Grundlage, rät Abeln Beschäftigten, ihren Arbeitgeber zunächst auf die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag hinzuweisen und um eine Begründung für die Kürzungen oder eine detaillierte Abrechnung für die einzelnen Ziele zu bitten. „Häufig lässt sich bereits durch eine sachliche Klärung eine Lösung finden“, sagt der Arbeitsrechtsexperte.
Verweigert oder kürzt der Arbeitgeber dennoch die Zahlung oder gibt er keine Auskunft, kann der Arbeitnehmer beides gerichtlich einfordern. Im ersten Schritt kann der Mitarbeiter ein Schreiben abschicken, in dem die Zahlung unter einer gesetzten Frist verlangt wird. „Bleibt auch diese Aufforderung erfolglos, kann der Arbeitnehmer den Anspruch vor dem Arbeitsgericht geltend machen“, sagt Abeln. Hier müsse der Beschäftigte jedoch die im Arbeitsvertrag vereinbarten Ausschlussfristen beachten.
Wer also die vereinbarten Ziele erreicht hat, hat auch einen Anspruch auf die zugesagte Bonuszahlung, fasst Abeln zusammen. Eine nachträgliche „Justierung“ durch den Arbeitgeber stellt hingegen einen unzulässigen Eingriff in bereits erworbene Vergütungsansprüche dar.
Das sollten Arbeitnehmer zudem beachten
Der vertraglich festgelegte Bonus ist laut Abeln meist ein wesentlicher Bestandteil des Gesamtgehalts und kann bis zu 30 Prozent des Einkommens ausmachen. „Eine unrechtmäßige Kürzung oder Streichung kann daher erhebliche finanzielle Auswirkungen haben und sollte nicht ohne Weiteres hingenommen werden“, sagt er.
Bevor sie einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, rät Abeln Arbeitnehmern deswegen, immer auch die Regelungen zur Bonuszahlung sorgfältig zu überprüfen – ebenso wie die in der Regel jedes Jahr neu zu verhandelnde Zielvereinbarung. „Unklare oder vage Formulierungen oder unrealistische Ziele können später zu Streitigkeiten führen“, sagt er.
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