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CSR, ESG, SDGs, Nachhaltigkeit: Was diese Begriffe bedeuten – und warum sie nicht vermischt werden sollten

Häufig werden die Begriffe CSR, SDGs, ESG und Nachhaltigkeit in der Nachhaltigkeitskommunikation miteinander vermischt, was zu vielen Missverständnissen und Verständnisschwierigkeiten führt. Die folgenden Erläuterungen sollen dazu beitragen, die Begriffe von manipulativen und werblichen Bedeutungszuweisungen zu reinigen und auf ihre Essenz zurückzuführen.

CSR (Corporate Social Responsibility): Der Begriff wurde in den 1950er-Jahren in den USA geprägt und in Großbritannien in den 1980er Jahren von Unternehmen als Ansatz zur Sicherung ihrer Akzeptanz aufgegriffen. Infolge des Grünbuchs der Europäischen Kommission 2001 wurde das Konzept CSR in Europa populär: Nach der Grünbuch-Definition, das die europäischen Rahmenbedingungen für soziale Verantwortung der Unternehmen definiert, ist CSR ein Konzept, das Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren. Betont wird dabei ausdrücklich, dass CSR von der Geschäfts- und Unternehmenstätigkeit nicht zu trennen ist: CSR ersetzt nicht politisches Handeln und Gesetzgebung, bietet aber die Chance, weitergehende gesellschaftliche Ziele zu verfolgen und Standards zu setzen. In jüngster Zeit wird das einschränkende Wort „social“ häufig weggelassen. Die ganzheitliche Umsetzung von CSR-Strategien bietet Unternehmen umfassende Vorteile (Chance auf Innovationen und dauerhaften Unternehmenserfolg, Finanzstärke, gute Aktienentwicklung, erfolgreiches Stakeholder-Management, wirksame Wettbewerbspositionierung, Risiko- und Kostenminimierung, Erschließung neuer Märkte).

ESG steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (verantwortungsvolle Unternehmensführung). Das Label wurde ursprünglich im Finanz- und Managementsektor eingeführt, um Faktoren aufzuschlüsseln, die Unternehmen und Finanzinstitute bei ihren Investitions- und Geschäftsentscheidungen berücksichtigen sollten. Es wird von Ratingagenturen vergeben, die sich häufig auf die Bewertung von Unternehmen und verbundenen Geldanlagen unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten spezialisiert haben. Bewertet wird allerdings ausschließlich der Ist-Zustand (vorhandene Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsbemühungen). Es wird allerdings nur auf Mindeststandards gesetzt, wenn es um die Bewertung der Nachhaltigkeit von Unternehmen geht. Wie zukunftsorientiert ein Unternehmen handelt, und ob es auf grüne Innovationen setzt, bleibt unberücksichtigt. Eine umfassende Nachhaltigkeitsanalyse ist dadurch nur eingeschränkt möglich. Dennoch wird ESG häufig als Weiterentwicklung des ursprünglichen CSR-Konzepts mit einem viel stärkeren Risikomanagementaspekt verstanden. Ein etabliertes wissenschaftliches Konzept wie Nachhaltigkeit oder Nachhaltigkeitswissenschaft ist es allerdings nicht – deshalb sollten die Begriffe ESG und Nachhaltigkeit auch nicht vermischt und als identisch angesehen werden. ESG ist eine Management-, Finanz- und Geschäftsstrategie, die wissenschaftlich fundierte Metriken zur Messung von Faktoren wie dem Kohlenstoff- oder Wasser-Fußabdruck umfasst. Der ESG-Ansatz ist deshalb sehr begrenzt.

SDGs (Sustainable Development Goals): Am 25. September 2015 verabschiedete die Staatengemeinschaft auf ihrer 70. Generalversammlung in New York die 17 Sustainable Development Goals (SDGs). Damit erklärten die Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, ihre Absicht, die Transformation im Hinblick auf eine ökologisch, ökonomisch und sozial tragfähige Zukunft voranzubringen. Seit 2016 arbeiten alle Länder daran, diese gemeinsame Vision zur Bekämpfung der Armut und Reduzierung von Ungleichheiten in nationale Entwicklungspläne zu überführen. Dabei ist es besonders wichtig, sich den Bedürfnissen und Prioritäten der schwächsten Bevölkerungsgruppen und Länder anzunehmen - denn nur wenn niemand zurückgelassen wird, können die 17 Ziele bis 2030 erreicht werden.

SDGs – nachhaltige Entwicklungsziele:

Ziel 1 Armut in all ihren Formen und überall beenden.

Ziel 2 Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.

Ziel 3 Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern.

Ziel 4 Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für alle fördern.

Ziel 5 Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen.

Ziel 6 Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten.

Ziel 7 Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern.

Ziel 8 Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern.

Ziel 9 Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen.

Ziel 10 Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern.

Ziel 11 Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten.

Ziel 12 Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen.

Ziel 13 Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen.

Ziel 14 Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen.

Ziel 15 Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen.

Ziel 16 Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.

Ziel 17 Umsetzungsmittel stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen. (Quelle: Vereinte Nationen)

Nachhaltigkeit: Das Konzept der Nachhaltigkeit wird am häufigsten mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SGD) in Verbindung gebracht. Es ist allerdings viel breiter angelegt als ESG. Allgemeinsprachlich drückt der Begriff etwas aus, das nachdrücklich, intensiv, dauerhaft ist. Politisch verweist es auf ein ökologisch verantwortliches und sozial gerechtes Verhalten. Seiner Herkunft nach finden sich zu dem Wortstamm „halten“ zwei unterschiedliche Gruppen von Tätigkeiten. Das althochdeutsche „haltan“, das gotische „haldan“ oder das entlische „to hold“ gehen auf die indogermanische Wurzel „kel“ zurück, womit ursprünglich Rufen, Lärmen, Schreiben und Treiben in Kontexten von Tierhaltung benannt wurden. „Bewahren“ taucht erst unter der althochdeutschen Präfixbildung „bihaltan“ auf, das im Sinne von „Hindern“ oder „Aufhalten“ eher statische Aspekte von Viehzucht erfasst. „Nachhalt“ ist das, „woran man sich hält, wenn alles andere nicht mehr hält.“ Der tröstliche Satz von Joachim Heinrich Campe, erschienen im 1807 herausgegebenen Wörterbuch der deutschen Sprache, zeigt die Essenz und Sinnlichkeit des Wortes. Seinen Ursprung hat es in der Forstwirtschaft, die sich noch heute dem Vermächtnis des sächsischen Oberberghauptmanns Hans Carl von Carlowitz (1645-1714) aus Freiburg in Sachsen verpflichtet fühlt.

Von Carlowitz kannte die Folgen des Raubbaus an den Wäldern bereits durch Reisen nach Italien, Spanien und Frankreich. Er forderte ein Ende. In seinem Buch „Syvicultura Oeconomica“ (1713), dem ersten geschlossenen deutschen Werk zur Forstwirtschaft verlangte er von allen, die Holz verbrauchten, sich angemessenen an einer Wiederaufforstung und am Wiedererlangen eines Gleichgewichts zwischen Abholzung und Zuwachs zu beteiligen. "Es dürfen nicht mehr Bäume gefällt werden, als neue nachwachsen." Dieser Satz von ihm gilt seither als Grundstein der modernen Forstwissenschaft und stellte einen Perspektivwechsel dar: weg vom kurzfristigen Profitdenken hin zur Beachtung der Interessen zukünftiger Generationen. In England hatte 1864 der Gartenplaner, Bienenzüchter und Erfolgsautor John Evelyn im Auftrag der Royal Society ein flammendes Plädoyer für die Wiederaufforstung des Landes formuliert. Das war Gleichzeitig hatte in Frankreich Ludwig XIV., der Sonnenkönig, höchstpersönlich eine groß angelegte Forstreform in Gang gesetzt. Carlowitz kannte dies aus eigener Anschauung.

Im erweiterten Sinne eines Zustands des globalen Gleichgewichts taucht der englische Begriff "sustainability" in der Diskussion um endliche Ressourcen in den 1970er Jahren auf. Das Konzept einer nachhaltigen Entwicklung wurde 1987 im Brundtland-Bericht als eine Entwicklung definiert, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne dabei die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen zu beeinträchtigen. Aus den drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales leitet sich das so genannte "Drei-Säulen-Modell" der Nachhaltigkeit ab, also drei gleich gewichtete Dimensionen als solide Basis für eine zukunftsfähige, langfristige Entwicklung. Unternehmen kommt in allen diesen Dimensionen eine herausragende Verantwortung zu, wenn es darum geht, durch nachhaltiges Wirtschaften die Grundlagen einer zukunftsfähigen Gesellschaft zu schaffen und zu bewahren. Nachhaltigkeit auf Unternehmensebene bedeutet, zukunftsorientiert zu wirtschaften und Verantwortung für Natur und Mensch auf allen Ebenen zu übernehmen. Dies betrifft vor allem das Kerngeschäft und damit auch die Produktebene. Deshalb ist es wichtig, die gesamte Wertschöpfungskette zu kennen und Maßnahmen zu ergreifen, um diese im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu optimieren. Das Konzept der Nachhaltigkeit bezieht auch die Auswirkungen von Unternehmen und die Art und Weise ein, wie die Ressourcen des Planeten so bewirtschaftet werden sollten, dass die Bedürfnisse künftiger Generationen nicht beeinträchtigt werden. Es ist weitgehend auf die SDGs und die planetarischen Grenzen abgestimmt.

Im Gegensatz zu den hier vorgestellten Begriffen taucht „Kompetenz-Greenwashing“ weniger in der Kommunikation dieser Themen auf. Er umfasst das Greenwashing von Fähigkeiten oder Fachwissen. Denn das Bewusstsein und die Leidenschaft für ein Thema sind nicht gleichzusetzen mit Fachwissen. „Nur weil jemand eine Leidenschaft für den Klimawandel hat, kann er nicht als Klimaexperte gelten“, sagt Prof. Dr. Kim Schumacher, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Humangeographie mit wirtschaftsgeographischem Schwerpunkt an der Universität Osnabrück. Er kritisiert, dass die meisten Personalverantwortlichen und Personalvermittler in der Praxis derzeit kaum Möglichkeiten haben, die Fähigkeiten im Bereich Nachhaltigkeit oder ESG richtig zu bewerten. Sie sollten deshalb selbst solide Einführungskurse zum Nachhaltigkeitsthema absolvieren, um zu wissen, wie sie diese Fähigkeiten kontextbezogen bewerten können. Zudem plädiert er für ein staatliches Akkreditierungssystem, das grundlegende Nachhaltigkeitskompetenzen prüft. Denn es genügt nicht, wenn Unternehmen und Organisationen nur auf vermeintliche ESG-Experten verweisen. Vor allem sollte darauf geachtet werden, dass deren Fähigkeiten für das, was sie tun und was für ihre Unternehmensarbeit relevant ist, wirklich von Bedeutung sind.

Kommentare

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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