CSR und Digitalisierung in der Metropolregion Nürnberg
Die Corona-Krise hat uns die Bedeutung digitaler Technologien für Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft besonders deutlich vor Augen geführt. Auch im produzierenden Gewerbe wird der Nutzen der Digitalisierung gerade in dieser Zeit klarer denn je, denn viele Produktionsschritte konnten und können nur dank digitaler und automatisierter Prozesse weiterhin ausgeführt werden. Die technologischen Herausforderungen und Chancen gilt es anzunehmen, denn um Deutschlands Zukunftsfähigkeit zu sichern, werden digitale Innovationen in allen Wirtschaftsbereichen benötigt. Niemand kann sie allerdings planen – vor allem nicht der Staat. „Er kann aber für innovationsfreundliche Rahmenbedingungen sorgen. Er kann selbst in Forschung und Entwicklung investieren und private Investitionen auf effektive Weise fördern – in der begründeten Erwartung, dass wohldurchdachte Investitionen und Innovationen Hand in Hand gehen“, schreibt Dr. Wolfgang Schäuble, Präsident des Deutschen Bundestages, in seinem Vorwort zur 2. Auflage des deutschen Standardwerks „CSR und Digitalisierung“.
Gezeigt wird unter anderem, welche aktuellen Maßnahmen und Methoden zur nachhaltigen Steuerung der digitalen Transformation die besten Unternehmen und Organisationen einsetzen, aber auch, dass es heute neue Denkstile sowie neue Formen interdisziplinärer Zusammenarbeit braucht. Es geht heute vor allem darum, die Rolle der Digitalisierung zu verstehen, um sie nachhaltig zu gestalten. Zwei Jahrhundertthemen werden hier zusammengeführt, die die wichtigsten Fragen unserer Zeit bündeln: Wie können wir sozial verantwortlich wirtschaften und: Welche Rolle kann und soll die Digitalisierung dabei spielen? Unternehmen spüren einen steigenden Druck, ihr Handeln, ihre Geschäftsmodelle und ihre Strukturen nachhaltig aufzustellen. Gleichzeitig sehen sie sich den Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung gegenüber.
Gleichzeitig sind gerade KMU als wichtiger Impulsgeber für Innovationen im Umweltsektor ein Teil der Lösung der aktuellen und künftigen Herausforderungen. Werner Landhäußer, Gesellschafter der Mader GmbH & Co. KG und Co-Founder der LOOXR GmbH, ist gemeinsam mit der Publizistin und Nachhaltigkeitsexpertin Dr. Alexandra Hildebrandt Mit-Herausgeber dieses Werks. „Die Themen in ‚CSR und Digitalisierung‘ haben in den letzten Monaten an Brisanz gewonnen. Unter den aktuellen Eindrücken einer weltweiten Pandemie beschäftigen sich die Menschen einerseits verstärkt mit den Möglichkeiten der Digitalisierung, andererseits beobachten wir einen zunehmenden Fokus auf die Nachhaltigkeit von Produkten und der dahinterstehenden Unternehmen“, sagt Stefanie Kästle, Geschäftsführerin bei Mader.
Siemens ist traditionell ein Vorreiter für Automatisierung, Digitalisierung und Vernetzung von Industrieanlagen. Mit seinen Lösungen aus dem Digital-Enterprise-Portfolio und den digitalen Zwillingen von Produkt, Produktion und Performance sparen Kunden Ressourcen wie Energie, Wasser und Abwasser und reduzieren Abfall sowie CO2-Emissionen. Zudem leistet das Digital-Enterprise-Portfolio auch beim Aufbau und der Nutzung von Datenpools wertvolle Dienste, indem es virtuelle und reale Welt miteinander verbindet und wechselseitige Rückschlüsse zulässt. Hervorzuheben ist auch das Automatisierungs- und Softwareportfolio sowie weitere Hard- und Softwareprodukte für die industrielle Kommunikation, für die industrielle Sicherheit und für industrielle Services.
Klaus Helmrich, ehemaliges Mitglied des Vorstands der Siemens AG und neu gewählter Vorsitzende des Aufsichtsrats der GEA Group AG, betont in seinem Beitrag, dass sich die Digitalisierung eines Unternehmens nicht nebenbei erledigen lässt: „Unternehmen sind gut beraten, zügig strategische Entscheidungen zur Umsetzung der digitalen Transformation zu treffen (Portfolio, Investitionen in Aus- und Weiterbildung, interne Umstrukturierungen). Dabei kann die Umstellung sukzessive erfolgen, muss aber ein solides technologisches Fundament erhalten. Wenn dies gelingt, wird die digitale Transformation nicht nur zu einer höheren Produktivität, Flexibilität, Qualität, niedrigeren Kosten und kürzeren Markteinführungszeiten führen, sondern auch einen erheblichen Beitrag zu Umwelteffizienz und Nachhaltigkeit leisten.“ Mit seinem Umweltprogramm hat sich Siemens Digital Industries ambitionierte Ziele gesetzt. So möchte sie vor allem mit Mitteln der Digitalisierung seine hohe Energieeffizienz weiter um jährlich ein Prozent verbessern, sein Abfallaufkommen um zehn Prozent senken, die Emission von Klimagasen reduzieren und damit zum Konzernziel beitragen, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu wirtschaften.
Wer es aber nicht direkt zu den Konzernen schafft, muss nicht gleich aufgeben. So wird gezeigt, dass Personaldienstleister wie Neumüller Ingenieurbüro mit Sitz in Nürnberg für Einsteiger zum Türöffner werden können. Kerngeschäft ist es, Kunden insbesondere aus der Industrie über den Weg der Personalüberlassung bei der Rekrutierung von Technikern, Ingenieuren und Naturwissenschaftlern zu unterstützen. Arbeitsgebiete und Branchen sind vielfältig: Sportbekleidung, Banken, Pharmazie, Versicherung, Lebensmittel - und Industrie. Regina und Werner Neumüller konzentrieren sich mit ihrem Unternehmen vor allem auf Ingenieurberufe. Beide sind allerdings nicht gewillt, Geschäfte um jeden Preis zu machen. 2003 wurden die ersten Unternehmungen der heutigen Neumüller-Gruppe in Nürnberg gegründet. Ende 2019 folgte die „consil-med GmbH Ärzte Pflegefachkraft Vermittlung“. Die Unternehmensgruppe ist in vielen weiteren Betätigungsfeldern aktiv. Dazu gehören Beteiligungen an Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz (KI), Nanoelektronik, Übersetzungssoftware, neuartige Hubschrauberkonzepte (Volocopter) und Crowdtesting zum Testen von Websites, Apps, digitalen Produkten.
So wurden in der Stadt Nürnberg mit Unterstützung der Deutschen Telekom erstmals anonymisierte Massendaten zur Verkehrsanalyse eingesetzt. Auch zahlreiche Biographien der Autoren sind eng mit der Region verwoben: Dr. Sven Jung ist heute Head of Economic Intelligence und Co-Leiter des Bereichs „Studien & Reports“ des Handelsblatt Research Institute. Nach dem Studium der Internationalen Volkswirtschaftslehre an der Universität Erlangen-Nürnberg und Aarhus School of Business arbeitete er seit Ende 2008 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Arbeitsmarkt und Regionalpolitik der Universität Erlangen-Nürnberg. Prof. Dr. Frank Ebinger ist Professor für Nachhaltigkeitsorientiertes Innovations- und Transformationsmanagement am Nuremberg Campus of Technology (NCT) an der Technischen Hochschule Nürnberg. Dr. Robert Mayr ist seit April 2016 Vorstandsvorsitzender der DATEV eG. Dem Vorstand des Softwarehauses und Informationstechnologiedienstleisters für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und deren Mandanten gehört der Diplom-Kaufmann (Promotion 1994) bereits seit 2011 an.
In seinem Beitrag beschreibt er, dass sich bei der Digitalisierung der kaufmännischen Prozesse zwar viel tut, doch ist sie noch lange nicht flächendeckend in den Unternehmen angekommen. Exemplarisch zeigt sich dies im Marktsegment der Handwerksbetriebe, in dem DATEV gemeinsam mit dem handwerk magazin eine jährliche Studie durchführt. Ein positiver Digitalisierungsfaktor ist die Zusammenarbeit mit einem Steuerberater:
• In den Ergebnissen von 2019 liegt bei den Betrieben, die seine Arbeit in Anspruch nehmen, die Durchdringung mit digitalen Lösungen in der externen Kommunikation mit Kunden, Lieferanten und der Kanzlei bei 70 %.
• Für Bereiche wie Rechnungserstellung, Lohnabrechnung und Finanzbuchführung setzen zwischen 50 und 60 % dieser Betriebe digitale Lösungen ein.
• Bei Handwerksunternehmen, die nicht von einem Steuerberater betreut werden, liegen die Werte bei diesen internen Prozessen zwischen 32 % und 44 %.
• Nachholbedarf gibt es noch beim Dateneingang: Zwar kommen über 80 % der kaufmännischen Belege, wie etwa Rechnungen, Lieferscheine und Angebote, bereits digital in den Betrieben an. Allerdings geschieht dies in erster Linie per E-Mail, was bedeutet, dass nach wie vor Medienbrüche überwunden werden müssen.
• Erst in 15 % der Unternehmen kommen digitale Schnittstellen zum Einsatz, mit denen sich die Belegdaten automatisiert verarbeiten lassen, weil sie in strukturierter und standardisierter Form vorliegen.
• Fast 90 % der Unternehmen archivieren noch doppelt – sowohl digital als auch auf Papier. Ermutigend ist die Erkenntnis, dass viele Betriebe diesen überflüssigen Aufwand erkennen und bereit sind, in effizientere digitale Lösungen für ihre kaufmännische Administration zu investieren. Auch hier zeigt sich wieder eine Diskrepanz zwischen den von Steuerberatern betreuten Betrieben und solchen ohne Steuerberater.
Zwar steckt in der digitalen Transformation großes Potenzial für die Optimierung von Geschäfts- und Verwaltungsprozessen, doch in vielen Fällen ist noch einiges zu tun, um eine Infrastruktur zu schaffen, die das ermöglicht. „Auf diesem Weg müssen wir uns von Insellösungen und Silodenken verabschieden“, so Mayr.
CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2021.