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Ärzte signieren AUs seit 2023 elektronisch und leiten sie dann digital an die Krankenkassen weiter - Getty Images
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Das sollten Sie jetzt über die e-Krankmeldung wissen

Düsseldorf. Seit Anfang 2023 erhalten gesetzlich Versicherte keine Kopie der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) für den Arbeitgeber mehr. Stattdessen soll die Krankenkasse den jeweiligen Chef elektronisch über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit informieren. Doch die neue Technik funktioniert offenbar nicht immer reibungslos.

Erkrankte erhalten deshalb auch noch gedruckte Ersatzbescheinigungen. Diese schicken gesetzlich Versicherte dann wie früher an ihre Krankenkasse, die die Daten per aufgedrucktem Barcode digitalisiert und den Arbeitgebern bereitstellt. Ein erheblicher Zusatzaufwand für alle Beteiligten.

Immerhin: Dass ein krankgeschriebener Angestellter wegen einer technischen Panne kein Gehalt bekomme, „diese Gefahr besteht nicht“, sagt Janine Krupa-Soltane. Sie ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing. Sie beantwortet weitere wichtige Fragen rund um die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU).

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Elektronische Krankschreibung: Gibt es die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf Papier noch?

Die elektronische AU gibt es nur für gesetzlich, nicht aber für privat Versicherte und auch nur, wenn ein Angestellter sich von einem Vertragsarzt krankschreiben lässt. Zudem erhalten gesetzlich Versicherte auch weiter ihren Teil der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform. Warum, das erklärt Anwältin Krupa-Soltane so: „Darin ist die Diagnose enthalten, die der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber üblicherweise nicht mitteilt.“ Bis auch dieser Part digitalisiert ist, dauert es noch.

Ändert sich durch die eAU etwas an der Krankmeldung für Arbeitnehmer?

Das neue Verfahren hat nichts daran geändert, sich beim Arbeitgeber krankmelden zu müssen. Arbeitsrechtsexpertin Krupa-Soltane sagt: „Sofern im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist, sollen Arbeitnehmer spätestens am vierten Krankheitstag ihrem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen.“

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Wer sich also am Montag beim Chef zum Beispiel telefonisch krankmelde, müsse sich spätestens am Donnerstag vom Arzt krankschreiben lassen. Das sei wie gehabt rückwirkend bis zu drei Tage möglich. Bei wem ein längerer Klinikaufenthalt anstehe, der müsse den Arbeitgeber über die voraussichtliche Dauer informieren: „Ich bin die nächsten zwei Wochen krank.“ Wer vergisst, sich rechtzeitig beim Arbeitgeber abzumelden, könne dafür abgemahnt werden, warnt die Juristin.

Müssen Angestellte trotz eAU Vorgesetzte noch über Arbeitsunfähigkeit informieren?

„Ja, das müssen sie“, sagt Arbeitsrechtsexpertin Krupa-Soltane. Denn erst nachdem der Arbeitgeber vom Versicherten über die Krankschreibung informiert worden sei, dürfe der Chef das Online-System zum Abruf der eAU nutzen.

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Was hat sich für Arbeitgeber geändert?

Mancher Personalmanager bezeichnen das Prozedere als umständlicher, manche empfinden es als Erleichterung. Zuvor wartete der Arbeitgeber darauf, dass der Beschäftigte seine AU einreicht. Mit der eAU muss sich das Unternehmen selbst darum kümmern, die Bescheinigung rechtzeitig zu erhalten. Dafür braucht der Arbeitgeber aber nicht mehr hinter säumigen Angestellten herlaufen.

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So ist der konkrete Ablauf: Der Arzt signiert die Krankschreibung elektronisch. Dieses Verfahren dauert einige Zeit, deswegen greifen die Mediziner zur Stapelsignatur: Der Arzt identifiziert sich nach Ende seiner Sprechstunde im System und signiert alle elektronischen AUs, die tagsüber aufgelaufen sind, und leitet sie erst dann digital an die Krankenkassen weiter.

Das heißt, für den Arbeitgeber macht es Sinn, frühestens einen Tag nach dem Arztbesuch die eAU anzufordern. „Der Arbeitgeber sollte dokumentieren, dass und wann ein Angestellter mitgeteilt hat, dass er krank ist“, rät die Arbeitsrechtlerin.

Worauf müssen Arbeitgeber bei der eAU besonders achten?

Ein Arbeitgeber darf nicht pauschal oder prophylaktisch für alle Arbeitnehmer elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei den Krankenkassen abrufen. „Das gilt nur dann, wenn sein Mitarbeiter sich krankgemeldet hat und zudem noch weiter bei ihm beschäftigt ist“, erläutert Krupa-Soltane den Anwendungsrahmen.

Was passiert, wenn der Arzt weiter krankschreibt?

Die Folgebescheinigung ist ein neuer Prozess. Alles, von der Info an den Arbeitgeber über dessen Abruf der eAU bei der Versicherung, beginnt von vorn.

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Gibt es Ärzte, die keine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen?

Privatärzte und -kliniken sind nicht dazu verpflichtet, sich an das elektronische AU-System anzuschließen. Sie stellen weiterhin den klassischen „gelben Schein“ aus, dessen Arbeitgeberteil vom Versicherten dann an die Personalabteilung übermittelt werden muss.

Gibt es Unterschiede zwischen Kassen- und Privatpatienten?

Ja, Privatpatienten sind nicht erfasst. Sie bleiben beim gewohnten Papier-Prozess. Lässt sich ein gesetzlich Versicherter von einem Privatarzt krankschreiben, kann der Arbeitgeber keine eAU abrufen.

Welche Berufsgruppe der gesetzlich Versicherten ist von der eAU ausgenommen?

Eine Ausnahme bilden Minijobber in privaten Haushalten: Ihre Arbeitgeber müssen sich nicht an das eAU-System anschließen.

Können Ärzte auch im Ausland eine eAU ausstellen?

Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung funktioniert nur in Deutschland. „In diesem Fall sollten Arbeitnehmer eine Info zur Erkrankung wie bisher telefonisch, per E-Mail oder per Post durchgeben und eine entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform oder digitalisiert einreichen“, rät Juristin Krupa-Soltane. Damit erfüllten sie die Anforderungen des Chefs.

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