Dein Chef bevorzugt seine Buddies? So machst du mit der Klüngelei Schluss
Annas Chef bevorzugt stets denselben Kreis an Mitarbeitern. Mit vielen von ihnen pflegt er eine enge Verbindung, tauscht die wichtigsten Informationen nur mit ihnen aus. Was soll sie tun?
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Frage der Woche:
Mein Chef kungelt nur mit seinen Buddies. Ich bekomme keine Chance, mich zu beweisen. Was kann ich tun?
Liebe Anna,
bei meiner Arbeit als Führungskräfte-Coach begegnen mir immer wieder gute Leute, die sich durch ihren Chef blockiert fühlen. Erst einmal ist es wichtig, zu akzeptieren, dass die Situation so ist wie sie ist. Es bringt nichts, sich lange zu ärgern und es persönlich zu nehmen. Sie wollen sich beweisen? Das ist toll! Aber bedenken Sie: Auch Ihr Vorgesetzter möchte etwas. Vielleicht vergibt er die wichtigen Projekte lieber an den Kollegen, bei dem er ganz sicher weiß, dass er sie erfolgreich abschließt. Freundschaften am Arbeitsplatz bedeuten nicht zwangsläufig, dass gekungelt wird. Ein Perspektivwechsel hilft uns oft, die Situation neu zu bewerten und so die nächsten Schritte zu planen.
Selbst aktiv werden
Wie die nächsten Schritte konkret aussehen, hängt von der Position und dem Karrierelevel ab, auf dem Sie sich befinden. Was für alle Ebenen gilt: Die Verantwortung, etwas zu verändern, liegt immer bei einem selbst. Wer darauf wartet, dass sich das Verhalten des Chefs „von alleine“ ändert, wartet meistens sehr lange oder sucht sich irgendwann eine neue Stelle – ohne die Situation zu lösen.
Je weiter Sie in Ihrer Karriere kommen, desto wichtiger wird es, nicht nur das eigene Team zu führen, sondern sich auch „nach oben“ durchzusetzen. Entweder, wie in Ihrem Fall, um sich bei spannenden Assignments beweisen zu können und so voran zu kommen. Oder um Unterstützung für eigene neue Ideen oder Ziele zu bekommen oder um im mittleren Management für das eigene Team die optimalen Rahmenbedingungen für hervorragende Leistungen schaffen zu können.
Erfolgreich nach oben führen mit diesen 3 Tipps:
1. Nicht gackern, sondern legen
Was für alle Karrierelevel gleichermaßen gilt: Wenn ich etwas haben will, muss ich erst etwas geben. Etwas, das für mein Gegenüber „interessant“ ist. Im mittleren Management geht es vor allem darum, Probleme für den Vorgesetzten zu lösen. Probleme, von denen sie oder er vielleicht nicht mal wusste, dass sie existieren. Aber Achtung! Es reicht dabei nicht, auf Probleme hinzuweisen. Bieten Sie direkt einen oder am besten mehrere Lösungsvorschläge an und bringen innovative Ideen ein. Sie können gerne Ihre Empfehlung für die ein oder andere Lösung ergänzen, aber lassen Sie die finale Entscheidung den Chef übernehmen. So wächst nach und nach das Vertrauen in die eigenen Problemlösungskompetenzen und Sie werden mit immer mehr Verantwortung betraut.
2. Sich ins Spiel bringen
Im Topmanagement gelten dagegen ganz andere Regeln. Statt klarer Argumente, kommt es hier vielmehr auf gekonnte Einflussnahme an und ein geschicktes „über die Bande“ spielen. Für manche ist dieser Wechsel ins Topmanagement ein riesiger Kulturschock, denn plötzlich spielen die emotionalen Beziehungen der Handelnden untereinander eine viel größere Rolle und man steht auf einmal einem komplexen Beziehungsgefüge gegenüber mit vielfältigen gegenseitigen positiven und negativen Einflussnahmen. Vergleichbar mit einem Ökosystem. C-Level- Führungskräfte sind keine Problemlöser, sondern Erfolgsgaranten für ihre Vorgesetzten und den Vorstand.
Die Frage, die Sie sich hier vor allem stellen müssen, wenn Sie sich beweisen wollen, ist: Für welches Thema bin ich nützlich? Ist es vor allem der Bereich Innovation und Technik? Was ist dem Vorstandsvorsitzenden besonders wichtig und worauf legt er Wert? Was sind meine Ideen dazu? Ist es beispielsweise das Thema Nachhaltigkeit, baue ich meine Themen so, dass sie auch auf das Thema Nachhaltigkeit einzahlen.
Da auf dieser Ebene alles komplex miteinander verwoben ist, ist es ein enormer Vorteil, die Verflechtungen zu durchschauen und sie in einem Beziehungsdiagramm aufzumalen. Das System lässt sich über unterschiedliche Ansatzpunkte beeinflussen und in eine gewünschte Richtung lenken. Um ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen, ist es daher nicht notwendig und auch nicht immer sinnvoll, direkt auf die Zielgrößen, also den direkten Vorgesetzen einzuwirken. Stattdessen kann man – wie beim Billard mit der weißen Kugel – auch „über die Bande spielen“ und indirekt steuern, beispielsweise über einen der „Buddies“.
Sind Sie noch am Beginn Ihrer Karriere und werden bisher nicht in die spannenden Projekte eingebunden, können Sie versuchen, eigene Projektideen zu entwickeln und genehmigen zu lassen. Ist das Projekt erfolgreich, spricht es sich von selbst herum und Sie haben neue Argumente dafür, dass man Sie nicht ignorieren sollte.
3. Immer im Sinne des Unternehmens argumentieren
Die einzelnen Situationen und Beziehungsgeflechte sind natürlich einzigartig. Zum Beispiel: Der Vorstandsvorsitzende holt einen neuen CFO ins Unternehmen, den er von früher kennt. Plötzlich bespricht er alles, was er vorher mit Ihnen besprochen hat, vertraulich mit ihm. Auch Themen, die Ihren Bereich als CTO oder CIO betreffen. Sie können den beiden ihr freundschaftliches Vertrauensverhältnis ruhig gönnen. Das bedeutet aber nicht, dass Sie sich automatisch in die zweite Reihe stellen müssen. Trennen Sie das Berufliche vom Persönlichen und argumentieren Sie immer im Sinne des Unternehmens: „Ich wäre gerne bei den Besprechungen zu XY dabei, da das ja auch meinen Bereich betrifft/da ich aus meinem Bereich sicher etwas beitragen kann.“ Sie zeigen so klar, wo die Verantwortungen liegen und dass es im Interesse des Unternehmens ist, Ihre Meinung dazu einzuholen. Vielleicht war Ihrem Vorstand gar nicht bewusst, dass er auf eine wichtige Stimme verzichtet hat, um die besten Entscheidungen treffen zu können.
Wird tatsächlich gekungelt, verschwimmen schnell die Grenzen und Menschen reißen Aufgaben an sich, die nicht ihre sind. Sie streichen Lorbeeren ein, die nicht ihnen gebühren oder andersherum: Die Schuld, wenn etwas schiefläuft, wird an andere abgewälzt. Machen Sie ganz deutlich, was Ihr Kernbereich ist, aber auch, wofür Sie im Unternehmen nicht verantwortlich sind.
Hat es negative Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen, dass Ihr Chef nur mit seinen Buddies kungelt? Dann weisen Sie auch auf diese Missstände hin, zum Beispiel: „Vorher haben wir diese Dinge im Team besprochen, nun entstehen Cluster und die Stimmung hat sich verändert. Vielleicht ist es besser, Meetings in größerer Runde zu machen, an denen alle ihren Input einbringen können. Im Team gibt es dazu gute Ideen.“
Fazit
Nicht warten, sondern selbst aktiv werden; erst etwas geben, bevor man etwas verlangt; im Sinne des Unternehmens argumentieren und sich mit den Spielregeln und Machtverhältnissen vertraut machen – sind die Schritte, die ich jedem ans Herz legen kann, der etwas bewegen und in seiner Karriere vorankommen möchte.
Freundliche Grüße
Gudrun Happich
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Wer schreibt hier?
Gudrun Happich unterstützt als Executive Coach und Sparrings-Partnerin seit über 20 Jahren C-Levels, Geschäftsführer und Vorstände gemeinsam mit ihrem Team die Transformation zu beschleunigen und den Sprung in die nächste Liga zu schaffen. Mehr als 1.000 ambitionierte Führungspersönlichkeiten haben bereits die individuelle 1:1 Begleitung genutzt.