Deine Kolleg•innen ziehen im Job an dir vorbei? So bekommst du deinen Neid in den Griff
Mit diesen drei Übungen lernst du, Enttäuschungen besser zu verarbeiten, wenn die Beförderung ausbleibt und die anderen an dir vorbeziehen.
Frage der Woche
Meine Kolleg•innen überholen mich gerade, obwohl sie die gleiche Qualifikation besitzen. Mich macht das fertig. Wie soll ich damit umgehen?Svetlana, XING-Nutzerin
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Liebe Svetlana,
deiner Frage entnehme ich, dass dich der Erfolg deiner Kolleg•innen zu einem gewissen Grad belastet. Und das ist auch ganz normal, da wir Menschen uns ständig mit anderen vergleichen. Wir sind soziale Wesen. Fragen in der Art „Wer bin ich, was macht mich aus?“ können wir nur beantworten, indem wir uns mit anderen vergleichen. Wir bewerten uns dabei immer relativ zu einer Bezugsgruppe, also einer Gruppe von Menschen, die sich in einer ähnlichen Lage befinden wie wir (ähnliches Alter, Herkunft, Bildung usw.). Da unser Selbstwertgefühl eng an die Ergebnisse solcher sozialer Vergleichsprozesse gekoppelt ist, führt ein negativer Vergleich unweigerlich zu negativen Emotionen.
Drei entscheidende Aspekte sind dabei allerdings zu bedenken:
1. Vergleiche ich mich mit den richtigen Personen?
Negative Emotionen lassen sich häufig schon dadurch vermeiden, dass wir uns nicht mit den falschen Personen vergleichen. Entscheidend ist hier, sich nur mit Menschen zu vergleichen, die tatsächlich ähnliche Voraussetzungen haben wie wir. Die von dir angesprochene Qualifikation ist hier vor allem im beruflichen Kontext zwar wichtig, aber natürlich nicht die einzige relevante Größe. Andere Rahmenbedingungen sollten ebenfalls einbezogen werden. Hast du zum Beispiel Kinder und die Kolleg•innen nicht? Arbeitest du in Teilzeit oder in einer Position, in der es schwieriger ist zu glänzen? Wenn wir die Zielgruppe unseres sozialen Vergleichs nur ein wenig verändern, kann das Ergebnis schon ganz anders ausfallen.
2. Ist mein Urteil mir gegenüber fair?
Wichtig ist auch, auf welchen inhaltlichen Aspekt du dich bei deinem Vergleich konzentrierst. Eventuell sind deine Kolleg•innen tatsächlich beruflich erfolgreicher als du, aber bezahlen dafür einen hohen Preis an anderer Stelle, den du vielleicht nicht bereit bist zu zahlen. Wenn deine Kolleg•innen für Ihren Erfolg ihre gesamte Freizeit, ihre moralischen Ideale oder ihre Gesundheit opfern, erscheint ihr Erfolg ja gleich sehr viel weniger beneidenswert.
Soziale Vergleiche sind nie objektive Urteile, sondern immer subjektive Einschätzungen. Versuche daher, nicht zu hart zu dir selbst zu sein. Ein Perspektivwechsel kann dir dabei vielleicht helfen: Versuche dich selbst so einzuschätzen, wie du auch eine gute Freundin einschätzen würdest, wenn sie in der gleichen Situation wäre wie du.
3. Brauche ich den Vergleich überhaupt?
Denken wir uns deine Kolleg•innen einmal weg und betrachten nur deinen persönlichen beruflichen Werdegang. Bist du unabhängig vom Erfolg deiner Kolleg•innen zufrieden mit deiner Entwicklung, deinen Fortschritten und dem Weg, den du bisher genommen hast? Wenn du diese Fragen mit ja beantworten kannst, sollten sich deine negativen Gedanken eigentlich erübrigen. Denn natürlich ist es für dich viel nützlicher, dich auf dich und deinen Erfolg zu fokussieren und nicht auf Andere.
Abschließend lässt sich sagen, dass deine Emotionen völlig verständlich sind und sich ganz sicher in eine positive Richtung lenken lassen. Entscheidend ist hier die Perspektive, die du einnimmst. Versuche unter Zuhilfenahme der drei obigen Fragen eine möglichst positive und konstruktive Sicht auf die Situation zu erlangen, dann wird dich der Erfolg deiner Kolleg•innen nicht mehr stören und du kannst dich vielleicht sogar für sie und dich selbst gleichermaßen freuen.
Alles Gute auf diesem Weg!
Ronald Franke
Hast Du Dich auch schonmal schlecht gefühlt, weil andere an Dir vorbeiziehen? Teile Deine Erfahrung mit uns in den Kommentaren.
Wer schreibt hier?
Dr. Ronald Franke ist Gründer und Geschäftsführer der LINC GmbH in Lüneburg. Als Psychologe, systemischer Coach und Dozent beschäftigt er sich leidenschaftlich mit der modernen Psychologie und der Frage, mit welchen Lösungen sie dabei helfen kann, einige der bedeutendsten Themen unserer Zeit anzugehen.