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Der Halo-Effekt: Ein Denkfehler, den wir kennen sollten

Dabei wirkt ein einzelnes Merkmal einer Person oder eines Objekts so dominant, dass andere Merkmale in der Beurteilung dieser Person sehr stark in den Hintergrund gedrängt bzw. gar nicht mehr berücksichtigt werden. Als „Entdecker“ des Begriffs gilt der amerikanische Psychologe Frederic Lyman Wells, der ihn erstmals 1907 beobachtet hat. Allerdings hat er sich erst im 20. Jahrhundert von Edward L. Thorndike etabliert. Er belegte, dass Lehrer die Intelligenz der Kollegen als ähnlich hoch einschätzen, wie ihre eigene. Dabei wird nicht die Person als solche beurteilt, sondern aus dem Status heraus und durch das Bild, das diese vom Lehrerberuf haben. Das Auftreten des Halo-Effektes wird gefördert, wenn das Urteil besonders schnell gefällt wird. Ein paar Beispiele aus dem Alltag: Freundliche und attraktive Menschen werden von uns für intelligent und kompetent gehalten. Aufgrund dieser positiven Eigenschaften werden ihnen weitere positive Eigenschaften und Leistungsbereitschaft zugeschrieben. Männern im Anzug oder Frauen im Business-Look wird ein hohes Selbstbewusstsein zugeschrieben. Brillenträger gelten als intelligent. Humorvollen Kollegen gelten als besonders vertrauenswürdig. Auch die subjektive Beurteilung der Arbeit von Krankenpflegekräften durch Patienten geht oft auf den Halo-Effekt zurück. So wird die Pflegekraft, die als freundlich erlebt wird, auch als kompetent angesehen. Auch Produkte mit Gütesiegel halten Kunden häufig automatisch für umweltfreundlich, gesund oder hochwertig.

2014 sorgten provokante Aussagen von OPEL für viel Aufmerksamkeit. Mit bundesweiten Großflächenplakaten, TV-Spots, Print-Anzeigen, Internet-Bannern und der Microsite unter dem Motto „Umparken im Kopf.de“. 2014 animierten all diese Aktivitäten zur Auseinandersetzung mit Vorurteilen zur Marke, um diese gründlich zu überdenken. Zunächst wurden bundesweit acht Anzeigenmotive mit populären Irrtümern plakatiert und online geschaltet, ohne dass die Marke Opel zunächst überhaupt genannt wurde. Dazu gehörten auch diese Beispiele: „68 Prozent aller Männer halten rothaarige Frauen für feuriger. 90 Prozent davon haben noch nie eine kennengelernt.“

Auch Maximilian Munz, Jahrgang 1988, Mitgründer und Geschäftsführer der Foodignity Labs GmbH, die mit Partnern aus der Getränke- und Rohstoffindustrie nachhaltige und innovative Produkte entwickelt und produziert, bestätigt, dass er häufig in diese Denkfalle tappt. „Von bestimmten Eigenschaften, die wir bei einer Person mögen und kennen, schließen wir daraus, dass diese auch andere Eigenschaften in sich vereint, ohne dass wir Fakten dazu haben“, schreibt er im Sammelband „Bauchgefühl im Management“, in dem die wichtigsten Denkfehler und deren wissenschaftliche Erklärungen gesammelt sind. Munz verweist hier auch darauf, dass sich Dank einfacher Regeln und eines frühzeitigen bewussten Erkennens dieser Denkmuster bessere Entscheidungen treffen lassen. „Durch das Kennen dieser Entscheidungsfehler kann ein Frühwarnsystem entwickelt werden, das darin unterstützt, weniger leichtfertig in Denkfallen zu tappen.“ Seiner Meinung nach sollte bereits im Studium verstärkt auf klassische Denkfehler eingegangen und diese auch in Seminaren und Rollenspielen geübt werden. „Dennoch kann auch ein Studium nicht immer vollständig auf die späteren Aufgaben vorbereiten, da Intuition nur durch Üben an echten Entscheidungen gelernt und verbessert wird. Oft spielt unser Entscheidungszentrum einen Streich und lässt uns immer wieder in Denkfallen tappen.“ Gute Urteile hängen davon ab, was man weiß, wie gut man denken kann und wie man denkt.

Dabei kann es beispielsweise zu Begünstigungen von Bewerbern kommen, die der eigenen Person innerlich nahestehen. Rein rationale, „rauschfreie“ Einstellungsverfahren wird es niemals geben. „Bedenken Sie, dass Personaler in erster Linie auch nur Personen sind, die wiederum typische menschliche Fehler begehen. In diesem Fall Beurteilungsfehler“, schreibt Matthias Weichmann in seinem Blogbeitrag zum Halo-Effekt auf der Website der NEUMÜLLER Unternehmensgruppe. Er zeigt, wie Bewerbenden der Halo-Effekt im Bewerbungsprozess von Nutzen sein kann und wie er das Bewerberbild prägt. Das Wichtigste ist seiner Meinung nach eine gute Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch. „Es geht darum die Werte des Unternehmens zu erfassen und ein entsprechend passendes Bild im Gespräch zu vermitteln. Tritt das Unternehmen eher konservativ auf, empfiehlt sich somit ein Business-Look. Sucht das Unternehmen eine Führungskraft, könnte es also nicht schaden, dass Sie dies mit entsprechenden Beispielen belegen.“ Auch sollten Aspekte angesprochen werden, die vom Personaler als kritisch ausgelegt werden könnten. „Wichtig ist hierbei: Lügen Sie nicht, nur um sich durch den Halo-Effekt im Vorstellungsgespräch Vorteile zu verschaffen.“ Lügen werden zwar nicht immer sofort durchschaut, aber irgendwann fliegt der Schwindel auf, und die Täuschung wird offenbar. Die „Echten“ sind daran zu erkennen, dass sie auf ihrem Erfolgsweg keine Abkürzungen nehmen und „ganze Arbeit“ leisten.

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Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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