Die anonyme Bewerbung – Königsdisziplin im Diversity-Recruiting
Die anonyme Bewerbung stellt Chancengleichheit für alle Bewerbenden her und sorgt für mehr Fairness im Recruiting. Einige Unternehmen haben das bereits verstanden. Andere trauen sich noch nicht so richtig an die Thematik heran oder sehen keine Notwendigkeit dafür. Wir wollen aufklären, welche Vor- und Nachteile die anonyme Bewerbung wirklich mit sich bringt.
Die anonyme Bewerbung wird immer populärer, da sie eine Möglichkeit bietet, Vorurteile und Diskriminierungen in Bezug auf Alter, Geschlecht, Ethnizität und andere persönliche Merkmale zu umgehen. In Ländern wie den USA, Kanada oder Belgien gelten teilanonymisierte Bewerbungen mittlerweile als Standard. Viele deutsche Unternehmen sträuben sich noch dagegen. Potenziell wahrgenommene Nachteile der anonymen Bewerbung haben viel mit Angst und Bequemlichkeit zu tun
Es scheint allgemeine Bedenken zu geben, dass nicht mehr die „passende“ Person ausgewählt werden kann. Das ist natürlich Quatsch. Schließlich sagt der Name, das Geschlecht oder die Herkunft nichts darüber aus, ob die sich Bewerbenden passend sind oder nicht. Vielmehr geht es ja um ihre Qualifikation und wie wertvoll diese für das Unternehmen ist. Um sich allein auf die Qualifikation fokussieren zu können, ist die Anonymisierung sogar äußerst hilfreich, da sämtliche „Störfaktoren“ eliminiert werden. Andere Bedenken sind, dass es ein erheblicher Arbeitsaufwand ist, von den herkömmlichen auf die anonymisierten Bewerbungen umzustellen. Hier ist es wie mit jedem anderen Changeprozess. Veränderung ist erst mal unangenehm und bedeutet einen erhöhten Arbeitsaufwand. Langfristig gesehen lohnt es sich jedoch immer, eine Veränderung zum Besseren anzustoßen. Hilfreich ist es hier, sich professionelle Hilfe zu holen und standardisierte Bewerbungsformulare zu verwenden. Dies gestaltet den Recruitingprozess effektiver und einfacher. Nachteile für Bewerbende? Nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Bewerbende haben Bedenken bei der anonymen Bewerbung. Bewerbende haben scheinbar keine Möglichkeit, persönlichen Eindruck zu hinterlassen, und auch das Kontaktherstellen scheint sich als schwieriger herausstellen. Zusätzlich kann hilfreiches Feedback für Bewerbende geringer ausfallen. Durch geschickte technische und psychologische Lösungen lassen sich diese Bedenken jedoch leicht beheben und stellen somit keinen Nachteil dar. Aber Vorsicht: Dies gilt natürlich nur, wenn der Arbeitgeber offen für anonymisierte Bewerbungen ist und dies auch klar kommuniziert. Pilotprojekt zeigt Vorteile der anonymen Bewerbung Dass die anonyme Bewerbung erfolgreich ist, zeigt ein Pilotprojekt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2012. Es wurden insgesamt 8.550 Bewerbungen von acht verschiedenen Organisationen anonymisiert eingesehen. Folgendes wurde festgestellt: Das anonymisierte Bewerbungsverfahren ließ sich in nahezu in allen Beschäftigungsbereichen umsetzen, und die Stellen konnten erfolgreich besetzt werden. Auch für Bewerbende schien die Anonymisierung mit einem standardisierten Bewerbungsformular gut zu funktionieren: 31 Prozent benötigten weniger Zeit für die Bewerbung, 44 Prozent die gleiche Zeit, und nur 25 Prozent gaben an, mehr Zeit zu benötigen. Zusätzlich schätzten 41 Prozent der Befragten ihre Chancen, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, bei der anonymen Bewerbung höher ein als beim herkömmlichen Verfahren. Anonyme Bewerbung sorgt für Chancengleichheit – gerade für Frauen und Bewerbende mit Migrationshintergrund Mit der anonymen Bewerbung herrscht Chancengleichheit unter alle Bewerbendengruppen. Es haben somit alle die gleiche Chance auf ein Bewerbungsgespräch – unabhängig davon, ob sie von Diskriminierung betroffen sind oder nicht. Besonders Frauen und Bewerbende mit Migrationshintergrund haben im Vergleich zum herkömmlichen Verfahren tendenziell bessere Chancen, zu einem Gespräch eingeladen zu werden. Gleichzeitig hat die anonyme Bewerbung auch positive immaterielle Effekte im Bereich Employer-Branding. Bewerbenden wird signalisiert, dass Angaben zu Geschlecht, Alter und Herkunft im Einstellungsverfahren keine Rolle spielen. Das beweist, dass die Diversity-Strategie im Unternehmen tatsächlich umgesetzt und nicht nur davon geredet wird. Durch diesen Imagegewinn heben sich Unternehmen von anderen ab, und es bewerben sich automatisch die besseren Kandidat*innen.
❗ Extra-Tipp: Am 14. Juni bin ich Gast bei der XING Job-Welt im New Work Harbour von XING in Hamburg. Dort gebe ich unter anderem einen Workshop zum Thema „Recruiting mal andersherum – Strategien und Red Flags bei der Arbeitgeberwahl“ und würde mich freuen, einige von Euch dort zu sehen. Der Eintritt für Studierende ist übrigens frei.