Die Zukunft des Autos: fünf wichtige Trends
Vier Räder, ein Verbrennungsmotor und ein Lenkrad – während der ersten hundert Jahre ihrer Existenz sind Kraftfahrzeuge immer schneller und schnittiger geworden, waren aber mehr oder weniger auf ihre Grundelemente festgelegt. Das vergangene Jahrzehnt war jedoch von gewaltigen Veränderungen geprägt – angefangen von der Elektrifizierung bis hin zum autonomen Fahren oder vielleicht sogar fliegenden Autos –, die sich ihren Weg zu bahnen beginnen.
Auch die Art, wie wir Fahrzeuge benutzen, wandelt sich, was zu der Vorhersage einiger Experten führte, dass der Privatbesitz wegfallen wird und die Stadtbewohner zunehmend auf Carpooling (gemeinsame Nutzung eines Fahrzeugs) oder Ride-Sharing (Mitfahrgelegenheiten) zurückgreifen. Das sind Verhaltensänderungen, die tiefgreifende Auswirkungen auf die Art Gestaltung, den Bau, den Verkauf und den Umgang mit Fahrzeugen haben könnten
Es gibt einige Trends, die beeinflussen, was wir fahren, wie wir fahren und welche Entwicklungen sich daraus im Verlauf des nächsten Jahrzehnts ergeben könnten.
1. Intelligente Fahrzeuge
Bevor wir auf das Thema autonomes Fahren zu sprechen kommen, gilt es, die vielen Möglichkeiten zu erwähnen, Fahrzeuge smarter und hoffentlich hilfreicher zu machen. Der Begriff „vernetzte Autos“ bezieht sich auf Fahrzeuge, die über Internet mit der Umwelt und anderen Fahrzeugen verbunden und in der Lage sind, Daten zu übermitteln und zu empfangen; die meisten Neuwagen nutzen diese Technologie heute schon auf die eine oder andere Weise. Oft arbeiten sie mit künstlicher Intelligenz (KI) – Machine-Learning-Algorithmen, die darauf ausgelegt sind, selbstständig zu lernen, das Verhalten des Fahrers oder der Objekte in der Umgebung vorherzusehen und entsprechende Anpassungen vorzunehmen.
Intelligente eingebaute Assistenzsysteme im Fahrzeug – man denke an Alexa oder Siri oder an modellspezifische Fahrerassistenzdienste, die von BMW und anderen Herstellern entwickelt wurden – haben nun alle peripheren Systeme eines Fahrzeugs wie Unterhaltung und Klimaregelung mit einer Sprachsteuerung ausgestattet, die eine Bedienung von Knöpfen oder Schaltern erspart. In Zuge der Entwicklung dieser Technologie können wir davon ausgehen, dass sie immer nützlicher werden – vielleicht lassen sich Vorhersagen treffen und die Systeme irgendwann einmal steuern, ohne ihnen die Anweisung zu erteilen. Andere KI-Systeme, die sich in der Entwicklung befinden, überwachen die Augenbewegungen der Fahrzeuglenker während der Fahrt, um ihre Konzentration auf die Straße zu gewährleisten und frühzeitig zu entdecken, ob die Gefahr besteht, dass sie am Steuer einschlafen. Und obwohl man die Sinnlosigkeit des Bemühens begriffen hat, das Rad ein weiteres Mal zu erfinden, hat niemand behauptet, dass sich die Reifen nicht verbessern lassen! Der US-amerikanische Reifenkonzern Goodyear hat einen neuen Konzeptreifen am Start, bei dem die Reifenstruktur durch die selbstständige Injektion eines synthetischen, spinnennetzähnlichen Materials dynamisch an die heimatlichen Straßenverhältnisse und das individuelle Fahrverhalten anpasst wird.
Ob wir gegen Ende des Jahrzehnts tatsächlich irgendwann einmal alle in selbstfahrenden Autos unterwegs sein werden, sei dahingestellt, aber Fahrzeuge mit integrierten Systemen, die per se intelligent und anpassungsfähig sind, tragen mit Sicherheit dazu bei, das Fahren sicherer und angenehmer zu machen.
2. Selbstfahrende Autos
Völlig autonome Fahrzeuge sorgen für die Schlagzeilen über Künstliche Intelligenz (KI) in der Praxis und die Realität scheint für die zweite Hälfte des Jahrzehnts in greifbare Nähe zu rücken. Wird das manuelle Fahren dennoch bis 2030 der Vergangenheit angehören? Das Thema ist nach wie vor heftig umstritten – obwohl die Technologie so gut wie bereit zu sein scheint, sind die unabdingbaren Veränderungen in der Gesetzgebung, in der Gesellschaft und in der Infrastruktur noch lange nicht abgeschlossen.
Autonomes Fahren wird auf einer Skala von Eins bis Fünf gemessen, eine Einteilung, die ursprünglich von der Society of US Automotive Engineers (SAE, Verband der Automobilingenieure) eingeführt wurde. Sie reicht von Level oder Stufe Eins, dem Assistierten Fahren mit Systemen wie dem Tempomat, bis Leve Fünf, dem völlig autonomen Fahren. Hier übernimmt das Fahrzeug alle Fahrfunktionen, auf sämtlichen Strecken weltweit, die ein menschlicher Fahrzeuglenker bewältigen kann, ohne dass menschliches Eingreifen erforderlich ist. Die völlig fahrerlosen Vehikel sind noch nicht für die breite Öffentlichkeit verfügbar oder für den Straßenverkehr zugelassen. Elon Musk beharrt auf seiner Ankündigung, dass Tesla dieses Ziel bis zum Ende des Jahres erreicht haben wird – aber viele sind skeptisch angesichts seiner Neigung, mittels Medienrummel großes Aufheben um seine eigenen Produkte zu machen.
Die letzte Hälfte des Jahrzehnts scheint ein realistischeres Ziel zu ein – vor allem, wenn man die regulativen und gesetzlichen Anforderungen bedenkt. Vermutlich sehen wir einer Zukunft entgegen, in der autonomes Fahren normal sein wird – jedoch ausschließlich der Tatsache geschuldet, dass man dieser technischen Lösung das Potenzial zuschreibt, zahlreiche Opfer im Straßenverkehr und Kapitalkosten zu vermeiden, die auf menschliche Fahrfehlern zurückzuführen sind. Schätzungen zufolge könnte die Einführung völlig autonomer Fahrzeuge die Anzahl der Verkehrsunfälle um bis zu 94 Prozent reduzieren. Doch in diesem Bereich muss die Technologie warten, bis die Gesellschaft gleichgezogen hat, was bedeutet, dass für einige Zeit nach wie vor ein Bedarf an manuellen Fahrzeugen bestehen bleibt.
3. Smart Cities und Carsharing
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, eine tonnenschwere, von fossilen Brennstoffen angetriebene Metallkiste zu nutzen und dafür einen Großteil unseres monatlichen Einkommens auf den Tisch zu blättern, was unter dem Strich ineffizient ist. Wenn wir nicht mit dem Autofahren unseren Lebensunterhalt verdienen, steht der fahrbare Untersatz mit hoher Wahrscheinlichkeit 90 Prozent des Tages nicht in Betrieb, während wir nichtsdestotrotz KFZ-Steuer zahlen, ihn versichern und möglicherweise leasen oder finanzieren. Das deutet auf Effizienzen hin, die sich in Richtung auf geteilten Besitz oder die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen für den Personentransport verlagern.
Heute werden Städte als „Smart Cities“ geplant, in dem Sinne, dass die Infrastruktur wie Straßen und öffentliche Dienstleistungen miteinander vernetzt sind und KI-Technologien integrieren, um die Lebensqualität der Menschen zu verbessern, die in den urbanen Räumen wohnen und arbeiten. Laut einem Index des Institute for Management Development gelten derzeit Singapur, Helsinki und Zürich als die „smartesten“ Städte der Welt. Straßen- und Transportinfrastruktur spielen hier eine wichtige Rolle, doch während sich ein großer Teil des Verkehrs innerhalb der Smart Cities der Zukunft auf die öffentlichen Verkehrsmittel konzentriert, wird der Bedarf an persönlicheren Formen der Mobilität bestehen bleiben. Infolgedessen werden sich Design und Entwicklung von Neuwagenmodellen an die „intelligenten“ Straßen und Parkmöglichkeiten anpassen, die in einer Weise geplant und angeordnet sein werden, dass sie die Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bewohner so geringfügig wie möglich beeinträchtigen. Carpooling wird an Beliebtheit gewinnen, wenn die öffentlichen Verkehrsmittel verstärkt auf die alltäglichen Bedürfnisse der meisten Menschen eingehen und Autos im Allgemeinen nur für Reisen erforderlich sind, die aus dem Rahmen fallen – vielleicht für einen Ausflug an den Strand oder aufs Land. Und die Infrastruktur der hochentwickelten Smart Cities wird sich auf die Qualität des Fahrerlebnisses auswirken: In San Diego, Kalifornien, sind beispielsweise tausende Straßenlichter mit einem Netzwerk von Sensoren bestückt, die den Verkehrsfluss, den Kohlendioxidausstoß und die Verfügbarkeit von Parkplätzen überwachen.
4. Alternative Energiequellen
Elektrofahrzeuge sind schon seit geraumer Zeit in aller Munde, doch erst im Verlauf des letzten Jahrzehnts wurden sie effizient, bezahlbar und damit zu einer realen Option. Die beiden stärksten Treiber dieser Entwicklung waren der enorme Rückgang der Produktionskosten von Batterien (seit 2010 sind sie um das Zehnfache gefallen) und die erfolgreichen Marketingkampagnen von Unternehmen wie Tesla und Prius, die Fahrer überzeugt haben, dass die Elektromobilität zukunftsweisend ist.
Hier handelt es sich eindeutig um mehr als eine Modeerscheinung. Ford, der sechstgrößte Autohersteller der Welt, geht davon aus, dass er bis 2030 nur noch Elektrofahrzeuge in Europa verkaufen wird, und VW sieht voraus, dass sich der Prozentsatz der E-Autos weltweit auf 75 Prozent steigern wird. Einige Hersteller wie Jaguar haben sich noch stärker diesem Ziel verpflichtet – sie planen, ihre gesamte Produktionslinie bis 2025 auf Elektrofahrzeuge umzustellen.
Gegen Ende des Jahrzehnts könnten die mit fossilen Kraftstoffen angetriebenen Verbrennungsmotoren weitgehend in entlegene und unterentwickelte Regionen, in denen eine Elektrovehikel-Infrastruktur unpraktisch wäre, und auf Rennstrecken verbannt werden. Doch neben der Elektrizität werden auch andere Energiequellen beliebter und praktischer. Biokraftstoffe werden aus erneuerbaren Ressourcen gewonnen, die nachhaltig als Getreide oder Algen angebaut werden können. Wasserstoff wird bereits von vielen Autoherstellern, einschließlich BMW, Honda und Toyota, erforscht und man glaubt, dass diese Alternative das Potenzial hat, die CO2-Emissionen auf null zu senken. Obwohl diese Technologie für die allgemeine Nutzung noch zu teuer ist, werden die Kosten im Verlauf der nächsten zehn Jahre unvermeidlich fallen.
5. Fliegende Autos?
Die breite Öffentlichkeit hat sich vielleicht gerade erst auf das Konzept der selbstfahrenden Autos eingestellt, da könnte schon die Einführung eines noch ausgefalleneren Sci-Fi-Konzepts ins Haus stehen; das wirft die rage auf: Sind wir bereit für fliegende Autos? Jetzt könnte der Augenblick gekommen (oder nahe) sein, auf den alle gewartet haben, die in den 80er Jahren die Science-Fiction Filmkomödie Zurück in die Zukunft gesehen haben! In diesem Jahr erklärte Michael Cole, Präsident und CEO von Hyundai Motor Europe, dass bis zum Ende des Jahrzehnts mit der Realisierung fliegender Autos (oder vielleicht straßentauglicher Flugzeuge?) zu rechnen sei. Sein eigenes Unternehmen arbeitet gemeinsam mit Uber an der Entwicklung eines Fliegenden Taxidienstes („UberAir“), das als maßstabgetreues Konzeptmodell zu Beginn des Jahres während der CES, einer der weltweit größten Fachmessen für Unterhaltungselektronik, präsentiert wurde. Im Juni absolvierte ein fliegender Auto-Prototyp namens AirCar, angetrieben von einem BMW-Benzinmotor, den ersten weltweiten Flug zwischen dem internationalen Flughafen Nitra zum Flughafen Bratislawa in der Slowakei. Diese Vehikel überspannen den Raum zwischen Auto und Fluggefährt – sie sind in der Lage, sich gleichermaßen auf den Straßen und in der Luft fortzubewegen. Doch wenn es um die Zukunft der Personenbeförderung geht, sehen einige Visionäre keinen Bedarf am Ausbau von Straßenverkehrskapazitäten, sondern ziehen es vor, sich ausschließlich auf Lufttransportmöglichkeiten zu konzentrieren, beispielsweise einen Drohnentaxi-Service, der schon 2017 in Dubai an den Start ging. Die Zukunft der persönlichen luftgestützten Mobilität könnte jede erdenkliche Form annehmen – oder eine hybride Herangehensweise mit sich bringen, die sich bisher noch niemand erträumt hat. Obwohl es anfangs mit Sicherheit eine Option sein wird, die nur für Superreiche erschwinglich und realistisch ist, hätte sie die Auswirkung, die vorhergesehenen Stausituationen und die Umweltauswirkungen der Mobilität zu verringern und bis 2030 auch für die Allgemeinheit ein Teil des Lebensalltags werden.
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