Dieses Start-up hilft Wladimir Klitschko beim Kampf um Unterstützung für die Ukraine
Das junge Tech-Unternehmen Zezam bringt Influencern mehr Reichweite und mehr Umsatz – und wird jetzt auch zur Waffe im Social-Media-Krieg gegen Putin.
Düsseldorf. Es ist ein flammender Appell, den Wladimir Klitschko an die Welt richtet. „Act now“, handelt jetzt, ruft er den Zuschauern des Videos zu, das der ehemalige Box-Star über seinen Instagram-Account verbreitet. Eindringlich fordert der Bruder des Kiewer Bürgermeisters Vitali Kitschko die Weltöffentlichkeit auf, sich für die von Russland angegriffene Ukraine einzusetzen.
Über einen Link in seiner Instagram-Bio lenkt er auf eine Landing-Page, die nicht nur das Video enthält, sondern zahlreiche Links zu Hilfsorganisationen und Spendenaktionen. Erstellt wurde diese Page mit der Creator-Software des deutschen Start-ups Zezam.
Zezam-Gründer Niklas Schwake freut sich, dass er mit der von ihm und seinem Co-Gründer Jürgen Burkhart entwickelten Software die Hilfe für die Ukraine unterstützen kann. „Wir haben Mitarbeiter in Belarus und Russland, deshalb macht uns der Krieg auch persönlich sehr betroffen“, sagt der 32-Jährige. Zusammen mit dem befreundeten Start-up Chefslist organisieren sie selber einen Hilfstransport in die Ukraine.
Tatjana Kiel, die CEO von Wladimir Klitschkos Unternehmen Klitschko Ventures, habe ihn angesprochen, ob er sie unterstützen könne, mehr Reichweite für die Hilfsaufrufe zu generieren, berichtet Schwake. Mit Hilfe der Software von Zezam könne die Landing-Page von Klitschko nun ganz simpel plattformübergreifend geteilt und verlinkt werden, wodurch sie deutlich mehr Menschen erreicht.
Dabei begann die Geschichte von Zezam 2019 erst einmal mit einem Fehlschlag. Schwake und Burkhart, die zuvor für Rocket Internet Start-ups mitgegründet hatten, wollten sich mit einer Plattform selbständig machen, die Body- und Mind-Coaches zu bezahlbaren Preisen vermittelt.
Sie wollten nicht lizensierte, aber geprüfte Coaches vermitteln, die eine Privatstunde schon ab 7,50 Euro anbieten statt der sonst üblichen mehr als 100 Euro. Schwake war von der Idee so überzeugt, dass er dafür sogar seinen Job beim Venture Capital Investor Earlybird aufgab.
Durch die Pandemie fast in die Insolvenz gerutscht
Doch die Coronapandemie trieb die Gründer fast in die Insolvenz, kam dadurch doch das Geschäft der Coaches praktisch zum Erliegen – und damit auch das Geschäftsmodell von Zezam. Sie orientierten sich um und entwickelten eine sogenannte Creator-Software, die es Influencern erleichtert, ihr Geschäft komplett über Social Media abzuwickeln – ohne klassische Website.
Das Volumen dieser sogenannten Creator Economy, also der Vermarktung von Inhalten über Social Media, ist gigantisch. Studien schätzen es auf 100 Milliarden US-Dollar. Rund 50 Millionen Menschen weltweit, Influencer, Blogger, Youtuber, sollen sich selbst als Creator bezeichnen. Doch nur ein Bruchteil von ihnen kann von dieser Tätigkeit leben.
Die für die mobile Anwendung optimierte Software von Zezam soll ihnen die Möglichkeit geben, mit wenig Aufwand alle ihre Produkte und Services an einem Ort zu bündeln und sie über einen Link in ihre Twitter-, Instagram-, Tiktok- oder LinkedIn-Bio zu setzen. „Diese plattformübergreifende Verlinkung hebelt ihre Reichweite enorm“, verspricht Schwake, der 2018 auf die „30 unter 30“-Liste von Forbes aufgenommen wurde.
Die Basisvariante, die auch Wladimir Klitschko nutzt, ist kostenlos. Die Premium-Version, die weitere Funktionen für die Kommerzialisierung von Inhalten und Dienstleistungen bietet, kostet acht Euro pro Monat plus drei Prozent Provision auf die Umsätze.
Integriert werden kann dann auch der Bezahldienst Paypal. Über die Plattform können die Creator Live-Events und Video-Kurse anbieten, Produkte verkaufen oder Spenden sammeln. In einem nächsten Schritt soll jetzt auch das viel genutzte Shop-System Shopify integriert werden, um den E-Commerce noch einfacher zu machen.
Prominente Investoren vom Geschäftsmodell überzeugt
Zahlreiche prominente Investoren sehen in Zezam offenbar ein gutes Potenzial und haben dem Unternehmen jüngst weitere 2,1 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Darunter sind der Hellofresh-Gründer Dominik Richter, der Burda-Media-CEO Bernhard Kallen, der Kapten & Son-Gründer Artjem Weissbeck und der On-Running-Gründer Olivier Bernhard.
„Ich habe selten ein Team erlebt, das so viel Durchhaltevermögen hat“, sagt Investor Weissbeck. „Das schnelle Wachstum heute zeigt, dass sie jetzt endlich dafür belohnt werden.“ Die Creator Economy, auf die Zezam zielt, sei ein Megatrend und ein riesiger Markt. Die Creator begännen jetzt, ihre aufgebaute Reichweite zu monetarisieren und brauchten dafür die entsprechende Software.
Auf jeden Fall scheint die Nachfrage nach der Software in der Community groß. „Wir haben bereits 2 Monate nach Öffnung der Plattform für alle Creator eine Reichweite von mehr als 100 Millionen Followern erreicht“, berichtet Zezam-Gründer Schwake. Mittlerweile hätten sie vier bis fünfmal so viel Traffic aus den USA wie aus Deutschland.
Genutzt wird sie beispielsweise von der Fitness-Trainerin Victoria D’Ariano, die über Instagram Kurse an ihre 760.000 Follower verkauft. Auch der Berliner Galerist Johann König, der mehr als 100.000 Follower bei Instagram hat, präsentiert und vertreibt darüber seine Inhalte. Und auch Unternehmen erkennen das Potenzial: So hat die Fitnessstudiokette Fitness First auf der technologischen Basis von Zezam eine eigene Plattform gelauncht, über die Personal Trainer digitale Trainings anbieten und abrechnen können.
