Dürfen Arbeitslose Urlaub machen? Jobsuche in der Sommerzeit
Bewerbung in der Sommerzeit? Wer sich in den Sommermonaten auf Jobsuche befindet, wird schnell merken, dass diese Zeit sogar heutzutage immer noch eine „Saure-Gurken-Zeit“ ist, in der wenig läuft. Also erst einmal in den Urlaub! Denn wenn man in der Ferienzeit zwischen zwei Jobs schwebt, kann diese Zeit doch perfekt genutzt werden, um endlich mal auszuspannen! Oder doch nicht?
Es gibt so manche Vorbehalte, wenn es um das Thema Urlaub für Jobsuchende geht. Das Klischee vom Arbeitslosen, der auf Kosten der Allgemeinheit dem Müßiggang frönt, ist anscheinend nicht wegzubekommen. Nicht zuletzt die Betroffenen selbst kommen oft mit dem Argument: „Urlaub statt Bewerbung? Das geht doch nicht! Ich muss doch jetzt dem Arbeitsmarkt ständig, rund um die Uhr zur Verfügung stehen – 24/7/365!“.
Das Thema Urlaub während der Jobsuche wird also von vielen Unsicherheiten begleitet und mit manchen Vorurteilen betrachtet. Daher breche ich eine Lanze für den Urlaub während der Arbeitslosigkeit. Wenn nicht jetzt, wann denn dann?
Die Frage „Darf ich überhaupt Urlaub machen?“ hat dabei zwei Dimensionen:
Habe ich überhaupt „moralisch“ das Recht, Urlaub zu machen, obwohl ich auf Arbeitssuche bin?
Ist es mir rechtlich überhaupt erlaubt, in die Ferien zu fahren, wenn ich zeitgleich bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet bin?
Urlaub während der Jobsuche: sinnvoll und statthaft
So manche Jobsuchende sind bis zum letzten Tag Ihres Jobs im vollen Einsatz. Bei anderen wiederum hinterlässt die Kündigung Spuren, die zunächst verarbeitet werden müssen. Kaum verwunderlich also, dass beide Typen erst mal urlaubsreif sind und sich auf die Auszeit mit der Familie freuen**.**
So war das auch bei mir. Genau vor 15 Jahren im Juli hatte ich meinen letzten Arbeitstag und begann den neuen Lebensabschnitt der Jobsuche. In meinem allerersten Gespräch mit meinem Arbeitsvermittler bei der Agentur für Arbeit war ich noch relativ unaufgeräumt, steckten mir noch die frischen Erlebnisse der letzten Stelle in den Knochen. Bei der Frage meines Arbeitsvermittlers, ob ich nicht jetzt im Sommer erst mal Urlaub machen wolle, staunte ich nur ungläubig. „Aber ich muss doch nun eine Bewerbung nach der anderen schreiben! Rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Ich darf keine Zeit verlieren. Und im Übrigen kann ich mich doch nicht auf öffentliche Rechnung ‚auf die faule Haut legen‘!“ So dachte ich damals.
Fünf gute Gründe für einen Urlaub während der Jobsuche
Mein Berater antwortete sehr pragmatisch, seine fünf Gründe gebe ich sinngemäß gern direkt weiter:
„Jetzt im Sommer ist nichts los am Arbeitsmarkt, es wird sich nicht viel tun.“
„Machen Sie zuerst Urlaub, dann kriegen Sie Ihren Kopf wenigstens ein Stückchen frei.“
„Bevor Sie eine vernünftige, brauchbare Bewerbung schreiben können, brauchen Sie ohnehin erst einmal ein wenig Klarheit und Entspannung.“
„Sobald Sie einen neuen Job antreten, werden Sie erst mal viele Monate keinen Urlaub haben, also lieber jetzt!“
„Selbst wenn ein Arbeitgeber Sie jetzt schnell haben wollen würde, im Zeitalter von E-Mail und Handy sind Sie doch sogar im Urlaub erreichbar.“
Urlaub in der Arbeitslosigkeit: rechtliche Hinweise
Gleichzeitig gab mein Arbeitsvermittler auch wichtige rechtliche Hinweise, die während eines „Urlaubs“ innerhalb einer Arbeitslosigkeit zu beachten sind. Denn rechtlich haben Arbeitslose keinen Urlaub, sie können formell nur eine Ortsabwesenheit anmelden.
Für Jobsuchende gibt es Infos und Flyer der Bundesagentur für Arbeit zum Thema, die man unbedingt beachten sollte. Denn einen regelrechten Anspruch auf Urlaub hat man nicht. Bei der Arbeitsagentur heißt es auf der Webseite zum Thema Urlaub:
„Einen ,Urlaubsanspruch‘, wie er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern während eines Beschäftigungsverhältnisses zusteht, gibt es so nicht. Trotzdem können Sie verreisen, wenn Sie arbeitslos sind. Informationen dazu finden Sie im Flyer Wissenswertes zum Thema Umzug und Reisen.
Unser wichtigstes Ziel ist es, dass Sie eine neue Arbeitsstelle finden oder sich weiterbilden können. Deswegen müssen Sie Ihre Reisepläne mit Ihrer Arbeitsagentur abstimmen. Sie haben eine Reise gebucht, bevor Ihre Arbeitslosigkeit absehbar war? Bitte sprechen Sie darüber mit Ihrer persönlichen Ansprechpartnerin oder Ihrem persönlichen Ansprechpartner. […]
Ist die Reise nicht genehmigt, hat das negative Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld. Werden die Leistungen eingestellt, endet auch der damit verbundene Versicherungsschutz. Das trifft auch zu, wenn Sie sich nicht am Tag nach Ihrer Rückkehr persönlich zurückmelden.“
Wer seine Abwesenheit vom Wohnort nicht meldet, kann also sein Arbeitslosengeld verlieren, sogar der Krankenversicherungsschutz kann nach drei Wochen enden! Daher ist eine Absprache und eine schriftliche Bestätigung seitens der Arbeitsagentur unbedingt ratsam. Umgekehrt: Wer auch nur ein paar Werktage wegfährt, ohne eine Absprache getroffen zu haben, riskiert, dass Arbeitslosengeld und Versicherungsschutz gestrichen werden – selbst in Zeiten ständiger Erreichbarkeit.
Unsere Erfahrung zeigt, dass eine begründete, gut geplante Ortsabwesenheit in der Regel durch die Bundesagentur für Arbeit bewilligt wird, sofern nicht gute andere Gründe wie eine bereits gestartete Weiterbildung dagegenstehen. In Smartphone-Zeiten ist man ja schließlich auch per Mail, Messenger und Telefon bei Ortsabwesenheit stets erreichbar, wenn man das so einrichtet.
Bonustipp: Reiserücktrittsgrund Arbeitsaufnahme und Arbeitslosigkeit
Manchmal tritt bei Jobverlust oder Kündigung des Arbeitsplatzes genau das Gegenteil ein: Ein bereits gebuchter Urlaub ist auf einmal völlig unpassend. Spätestens wenn ein attraktives Jobangebot vorliegt, sollte eine geplante Reise gestrichen werden. Gut beraten ist dann, wer eine Reiserücktrittsversicherung hat, die die Themen Arbeitsaufnahme und Arbeitsplatzverlust als Rücktrittsgrund anerkennt. Auch manche unserer Teilnehmer nutzten diese Möglichkeit des versicherten Reiserücktritts, damit sie bei uns an einer mehrmonatigen Weiterbildung teilnehmen konnten.
Statt Urlaub: „Sommerakademie“ per Bildungsgutschein
In den Monaten Juli, August und September melden sich bei uns viele Jobsuchende, die diese Saure-Gurken-Zeit mit einer sinnvollen Weiterbildung „überbrücken“ möchten. Die Leerlaufzeit der Bewerbungsphase erscheint ihnen als ideale Chance dafür. Ihre Gründe:
Aktuelle und offizielle Zertifikate zum Beispiel von TÜV, IHK oder Scrum „adeln“ die vorhandene Berufserfahrung oder dokumentieren erforderliche fachliche Kenntnisse.
Die Weiterbildung bietet die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, und bringt neue Themen und Ideen für Bewerbung und Positionierung.
Eine berufliche Neuorientierung kann durch eine Weiterbildung vorangetrieben werden.
Mit einer Weiterbildung lassen sich Lebenslauf und XING-Profil aufpimpen.
Die Arbeitsagentur fördert bei Jobsuchenden in der Regel eine sinnvolle Weiterbildung. Sobald Sie Ihren Bildungsgutschein der Bundesagentur für Arbeit erhalten, lässt sich Ihre ganz persönliche Sommerakademie schnell umsetzen. Viele Bildungsträger bieten monatliche Modulstarts an, kurzfristige Einstiege sind meistens möglich.
So können Sie Ihre Zeit nutzen, um in Ihre berufliche Zukunft zu investieren und sich breiter und besser aufzustellen als Ihre Mitbewerber. Das kann Ihnen am Ende der „Saure-Gurken-Zeit“ den entscheidenden Vorteil in der Jobsuche bringen. Und genau das wünschen ich Ihnen!