Frech, unfreundlich, herablassend: Wie du auf Respektlosigkeit im Job reagieren kannst
Ständig verdreht der Kollege die Augen, wenn du etwas sagst. Oder du wirst gleich komplett ignoriert, so als höre man dich gar nicht. Unhöfliche Formulierungen in den E-Mails, ein schnippischer Ton im Gespräch, kein „bitte“ oder „danke“. Unhöflichkeit im Job ist oft schwer zu fassen und doch sehr deutlich zu spüren. Sie kann ganz offen und direkt sein oder verdeckt.
Aber: Die emotionalen und gesundheitlichen Kosten für die Betroffenen und die finanziellen Kosten für Unternehmen sind oft massiv. Zwei Drittel der Betroffenen engagieren sich weniger, zwölf Prozent kündigen schließlich. Und für Unternehmen auch schädlich: Wer als Mitarbeiter Unfreundlichkeit intern, also im Team erlebt, der geht oft auch entsprechend unfreundlicher mit externen Kunden um, zeigen Studien.
Welche Folgen Unfreundlichkeit im Job ganz konkret haben kann, zeigen sehr umfangreiche Untersuchungen von Dr. Christine Porath, Georgetown University McDonough School of Business, und Dr. Kate Dupré, Carleton University, Ottawa, Kanada. Sie führten dafür in über 14 Jahren Interviews mit mehr als 14.000 Mitarbeitern (!) aus unterschiedlichsten Branchen in den USA und Kanada durch. Die Ergebnisse lassen aufhorchen – insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels.
Wer Unfreundlichkeit im Job erlebt, der ist weniger motiviert. 66 % der Betroffenen reduzieren ihre Arbeitsanstrengungen.Dr. Christine Porath, Professorin für Management, Georgetown University, USA, im TED Talk
Was Unfreundlichkeit von Mitarbeitern die Unternehmen kostet
78 % der betroffenen Mitarbeiter verlieren an Bindung zu ihrem Unternehmen,
80 % der Mitarbeiter verlieren Arbeitszeit durch Sorgen und Ängste,
66 % reduzieren ihre Arbeitsanstrengungen,
12 % kündigen schließlich.
Wer regelmäßig Situationen mit Kollegen erlebt, in denen er sich respektlos behandelt fühlt, kann auf Dauer psychisch darunter leiden. Und das wirkt sich natürlich auf die persönliche Leistungsfähigkeit aus. Denn dort, wo die Emotionen über die Amygdala das Steuer in unserem Gehirn übernehmen, treten die rationalen, verstandesmäßigen Fähigkeiten des frontalen Cortexes zurück. Wer ständig im wahrsten Sinne des Wortes Magen- und Kopfschmerzen, Ängste und Wut im Job empfindet, kann von Schlafproblemen über Bluthochdruck bis zu Kopfschmerzen typische Symptome für chronischen Stress entwickeln.
Aber was genau bedeutet eigentlich „unfreundliches“ oder „respektloses“ Verhalten bei der Arbeit? Es geht dabei nicht um eine persönliche oder gar private Angelegenheit, sondern um ein Abweichen von Übereinkünften hinsichtlich angemessenen Verhaltens im Arbeitsleben und ist damit auch Sache des Unternehmens. Eine, wie ich finde, gute Definition für Unfreundlichkeit im Job kommt von der Fakultät für Diversity und Social Transformation der University of Michigan, USA.
Unfreundlichkeit bezieht sich auf unhöfliche, herablassende und ausgrenzende Handlungen, die gegen die Normen des Respekts am Arbeitsplatz verstoßen, aber banal scheinen.Dr. Lilia Cortina et. al. University of Michigan, USA
Emotionale Folgen von Unfreundlichkeit von Kollegen
Angst, Depressionen, Ärger, Wut
Vermindertes Erinnerungsvermögen, geringere Lernfähigkeit
Chronischer Stress mit all seinen gesundheitlichen und psychischen Folgen
Was also ist zu tun? Natürlich gibt es nicht die Eine angemessene Reaktion auf muffelige oder gar fiese Kollegen. Aber es gibt durchaus Möglichkeiten, um souveräner und sich selbst schützend zu reagieren. Und diese Optionen reichen von „Kill them with friendliness!“ – mit betonter Freundlichkeit den Stinkstiefel ins Leere laufen lassen – bis zum Gespräch unter sechs Augen, nämlich mit der Führungskraft. Denn: Wenn alle Klärungsversuche erfolglos bleiben, sollte die Führungskraft in die Pflicht genommen werden. Sie hat nämlich auch dafür zu sorgen, dass der Umgangston im Team friedlich und freundlich ist. Bevor es aber so weit kommt, kannst du selbst einige Strategien anwenden.
9 Tipps – so kannst du auf unfreundliche Kollegen reagieren
Versuche professionell, ruhig und freundlich zu bleiben, um dich nicht von dem falschen Verhalten anstecken zu lassen und dich nicht auch ins Unrecht zu setzen; deine Freundlichkeit kann dem anderen zeigen, wie sehr er sich im Ton vergreift.
Wenn eine Auseinandersetzung keinen konstruktiven Verlauf nimmt, schlage eine Unterbrechung vor; du kannst sagen: „Ich habe den Eindruck, wir kommen gerade nicht weiter, wollen wir in 20 Minuten noch mal sprechen?“ Mit etwas zeitlichem und räumlichem Abstand kühlen die Emotionen ab, und man kann anschließend sachlicher miteinander sprechen.
Grenzen deutlich ausdrücken, damit das Verhalten sich nicht fortsetzt; du kannst zum Beispiel sagen: „Ich toleriere deinen aggressiven Ton nicht und erwarte, dass du ruhig mit mir sprichst.“ Benenne klar, was dich stört und was du dir stattdessen wünschst.
Sage konkret, welche Auswirkungen das Verhalten des anderen hat und wie du dich dabei fühlst: „Wenn du die Augen verdrehst, fühle ich mich nicht ernst genommen, das verärgert mich.“
Wenn es sich um einen einmaligen Vorfall handelt: Versuche es nicht gleich persönlich zu nehmen; vielleicht haben die Gründe für das Verhalten des Kollegen wenig mit dir zu tun; möglicherweise hast du auch schon mal so empfunden und kannst dich einfühlen, obwohl du verärgert bist.
Schlage ein Vier-Augen-Gespräch vor, um zu klären, was zwischen euch steht; bereite dich auf das Gespräch vor; kläre für dich, mit welchen Worten du dich ausdrücken könntest; sorge dafür, dass du ruhig in das Gespräch gehst.
Wenn sich die Situation nicht lösen lässt, ziehe den/die Vorgesetzte(n) hinzu.
Und schließlich: Welchen Anteil hast du an der Situation? An welcher Stelle hast du deine empathische Haltung verloren und weshalb?
Ist die Unfreundlichkeit und Respektlosigkeit Teil der Kultur des Unternehmens? Dann kann es nötig sein, einen Jobwechsel als Option zu sehen.
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Quellen:
Christine Porath, Professorin für Management, Georgetown University, USA, im TED- Talk „Why Being Respectful to Your Coworers Is Good for Business.”
Kate Dupré, “Think Twice About No Time for Nice: Understanding and Dealing with Workplace Incivility”, Department of Psychology, Carlton University, “Lunch and Learn”-PDF
Porath und Pearson, 2009: “The Cost of Bad Behavior: How Incivility Is Damaging Your Business and What to Do about It”
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