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Führung? Nein, danke! | © Shutterstock

Führungskraft, nein danke! Warum immer weniger junge Talente Leitungspositionen wollen

Laut einer Studie der BCG zeigen nur noch 14 Prozent der jungen Berufstätigen Interesse daran, langfristig eine Führungsrolle anzustreben. Warum ist das so, und was können Unternehmen tun, um „Führung“ attraktiver zu machen?

In meinen Seminaren für junge Führungskräfte, die ich bei verschiedenen Unternehmen abhalte, ist die Frage „Will ich überhaupt Führungskraft werden?“ bereits positiv beantwortet worden, sonst säßen sie ja nicht da. Im Rahmen der Auswahl- und Entscheidungsprozesse, die ich bei vielen Kunden mitbegleite, gibt es aber jede Menge Kandidaten mit Potenzial, die sich gegen den nächsten Karriereschritt entscheiden. Warum ist das so?

Viele junge Talente befürchten, den Erwartungen nicht gerecht zu werden oder dass ihre Fähigkeiten für eine Führungsrolle nicht ausreichen. Was von den Zahlen dramatisch klingt, können Unternehmen in der Praxis jedoch mit einfach umzusetzenden Tipps angehen.

1. Realitätscheck

Unternehmen sollten eine ehrliche Bestandsaufnahme machen, wie die Rolle der Führungskraft aktuell im Unternehmen gelebt wird und wie attraktiv das für potenzielle Talente ist. Man kann es jungen Menschen nicht verübeln, dass sie von der Führungsrolle abgeschreckt werden, wenn ihre eigene Führungskraft zum Beispiel schlecht ausgebildet, überfordert, überarbeitet und vielleicht sogar (durch zu hohen Druck) unfair führt.

Eine offene Diskussion über Stärken und Schwächen der aktuellen Führungskultur kann dabei helfen, Verbesserungspotenziale, etwa beim allgemeinen Führungsleitbild, zu erkennen.

2. Klare Rollenprofile schaffen

Eine weitere, weit verbreitete Sorge ist, dass man sich als Führungskraft „irgendwie so durchwurschteln“ muss. In der Praxis sieht das so aus, dass man für das Team, für neue Kunden, für Fachaufgaben und für „Sonstiges“ die Verantwortung übernehmen soll. Natürlich wirkt diese pauschale Verantwortung abschreckend.

Definierte Rollenprofile für Führungspositionen helfen jungen Talenten, besser einschätzen zu können, was konkret von ihnen verlangt wird und ob sie sich das zutrauen (wollen).

3. Unterstützung anbieten

Wo wir schon beim Thema der persönlichen Kompetenzen sind. Haben junge Talente begründete Sorgen, mit einigen Anforderungen aus dem Rollenprofil nicht richtig umgehen zu können, kann die Personalentwicklung Unterstützung anbieten. Kleine bis mittelständischen Unternehmen können beispielsweise Onlineseminare (infrage kämen Leadership Starter oder Leadership Basics) und Coachings einfach und zeitnah anbieten.

Größere Unternehmen oder Unternehmen, in denen auch etablierte Führungskräfte Schulungen bekommen sollen, können Inhouse-Seminare nutzen, in denen es zu 100 Prozent um die Themen und die (Führungs-)Situation im Unternehmen geht.

4. Weg zurück offen lassen

Auch wenn die ersten drei Tipps umgesetzt sind, können junge Talente von Zweifeln geplagt werden und gegebenenfalls lieber wieder im sicheren Hafen der alten Stelle landen wollen. In der Praxis hatte auch einer meiner Kunden mit dieser Herausforderung zu kämpfen. Im Jobinterview brachte es dann jemand auf den Punkt: „Wenn ich innerhalb der Probezeit auf meinen alten Job zurück könnte, mache ich es!“ Damit war die Idee „Führung auf Probe“ geboren. Innerhalb der Probezeit für die neue Führungsrolle wurden zusätzliche Checkpoint-Gespräche eingeführt, um auf beiden Seiten zu prüfen, ob sich Erwartung und Realität decken und welche weitere Unterstützung notwendig ist.

Das Ergebnis: In zwei Jahrgängen mit potenziellen neuen Führungskräften konnte die Zusagequote um über 50 Prozent angehoben werden.

Was brauchen junge Talente sonst noch? Ich freue mich über eure Kommentare und Ergänzungen.

Viele Grüße, Henryk Lüderitz

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Henryk Lüderitz schreibt über Young Professionals, junge Führungskräfte, Leadership, Talente & High Potentials

Die Herausforderungen von Young Professionals kenne ich aus eigenerer Erfahrung: Bereits mit Anfang 20 war ich bei Vodafone in einem Talentprogramm. Es folgten Positionen als Projektleiter und Führungskraft. Nach 12 Jahren im Konzern arbeite ich jetzt als Trainer und Coach für Young Professionals.

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