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Fünf (unbequeme) Wahrheiten für Personalentwickler

Nachdem ich vor kurzem einige Gedanken zum Thema Personalauswahl mit Ihnen geteilt habe (den Artikel finden Sie hier), möchte ich Ihnen in diesem Beitrag einige Erkenntnisse aus meiner beruflichen Praxis zum Thema Personalentwicklung vorstellen. Ich hoffe, dass einige interessante Gedankenanstöße für Sie dabei sind.

1. Nutzen Sie das fundierte Wissen der Psychologie

Gegenstandsbereich der Personalentwicklung ist die Persönlichkeit der Mitarbeiter*innen. Zu diesem Gegenstandsbereich gibt es gesicherte Erkenntnisse aus dem Bereich der Persönlichkeitspsychologie, auf die Sie in Ihrer Arbeit nicht verzichten sollten. Wenn Sie in diesem Bereich Ihr Wissen ausweiten, erhalten Sie fundierte Informationen zu so grundlegenden Fragen wie:

  • Was genau ist Persönlichkeit, wie entsteht sie und wie verändert sie sich im Laufe des Lebens?

  • Welche Bereiche der Persönlichkeit lassen sich durch Trainings oder Coachings entwickeln und welche eher nicht?

  • Welche Modelle, Theorien und Instrumente sind anerkannt und welche sind erwiesenermaßen unbrauchbar für die Entwicklung von Persönlichkeit?

Sie müssen nicht Psychologie studiert haben, um den Wissensschatz der Persönlichkeitspsychologie für diese und weitere Fragen nutzen zu können. Empfohlen sei an dieser Stelle z.B. der wunderbare Videoblog von Prof. Uwe Kanning mit dem Titel „15 Minuten Psychologie“.

2. Setzen Sie mit der PE beim Verhalten an, nicht der Persönlichkeit

Es ist äußerst sinnvoll, als Personalentwickler eine klare Vorstellung davon zu haben, was Persönlichkeit eigentlich genau ist, denn dieses Wissen führt direkt zur Erkenntnis, das Persönlichkeit per se relativ stabil ist und daher nicht der beste Ansatzpunkt für die PE. Konkrete Verhaltensmuster sind hier ein sinnvollerer Ansatzpunkt. Diese entstehen in der Persönlichkeit. Daher kann es Ziel der PE sein, bei den MA zunächst ein Verständnis dafür zu schaffen, wie individuelle Verhaltenstendenzen mit der eigenen Persönlichkeitsstruktur zusammenhängen, um auf Basis dieser Erkenntnis neue Verhaltensweisen zu definieren, die für den eigenen beruflichen Erfolg förderlich sind.

3. Individuelle Interventionen wirken häufig nachhaltiger als Gruppentrainings

Die Zeit klassischer Trainings, in denen einer ganzen Gruppen von Mitarbeiter*innen ein Thema vermittelt wurde, läuft in vielen Bereichen langsam ab. Für so wichtige Themen wie Führung, Stress, Kommunikation, Karriereorientierung oder Konfliktlösung gibt es heute wesentlich effektivere Interventionsformen, z.B. toolgestützte (Online-)Einzelcoachings. Natürlich stellen diese immer einen größeren Kostenfaktor dar, sie wirken aber auch nachhaltiger. So ist es z.B. für das Thema Führung heute nur noch schwer zu vermitteln, dass sämtliche Führungskräfte eine 'Führungsweisheit' in einem Training lernen sollen, die für alle gleichermaßen anwendbar ist, statt in einem Coaching individuell an ihrem Führungsstil arbeiten zu können. Interessant für die Zukunft erscheinen Hybridformen aus Coachings und Trainings, in denen die Teilnehmer*innen unter Anleitung und auf Basis individueller Testergebnisse in der Gruppe individuelle Strategien für sich herausarbeiten können. Solche Trainings haben dann eher Workshopformat. Ergebnis eines Workshops zum Thema Führung könnte z.B. sein, dass jede*r Teilnehmer*in auf Basis Ihres Persönlichkeitsprofils den für sich individuell passenden Führungsstil definiert und auf die eigene Führungssituation anwendet.

4. Motive einbeziehen

Häufig konzentrieren sich PE-Maßnahmen vor allem auf die Kompetenzen oder Charaktereigenschaften der Mitarbeiter*innen. Dabei spielen auch die Motive und die ihnen zugeordneten Werte einer Person eine zentrale Rolle für deren erfolgreiche berufliche Tätigkeit. Motive geben unserem Handeln eine Richtung und klären wichtige Fragen wie:

  • Wo möchte ich mich beruflich hin entwickeln?

  • Welche Aufgaben und Rahmenbedingungen im Unternehmen motivieren oder demotivieren mich?

  • Was brauche ich um mich an meinem Arbeitsplatz wohl zu fühlen?

Um beim Beispiel Führung zu bleiben, wird erst durch den Einbezug der Motive in die PE deutlich, ob eine Person überhaupt führen will. Dies ist unabhängig davon zu sehen, ob dieselbe Person kompetent führen kann und wie genau ihr Führungsstil ausgestaltet ist.

5. Das Entwicklungsproblem ist eigentlich ein Auswahlproblem

Die unbequemste Wahrheit in der PE ist wahrscheinlich, dass auch bei optimaler Personalentwicklung die Grenzen des Erreichbaren stets präsent sind. Die Unterschiede in den Ergebnissen zwischen durchschnittlichen, guten und sehr guten Mitarbeiter*innen sind gewaltig und in den meisten Fällen ist das Ziel, durchschnittliche Mitarbeiter*innen zu sehr guten zu entwickeln leider illusorisch. Daher sollte auf das Thema Auswahl ein wesentlich größerer Fokus gelegt werden als dies – vor allem in mittelständischen Unternehmen – derzeit der Fall ist. Eine gute Auswahl spart extrem viel Geld in der PE und ermöglicht der PE, punktuelle und passgenaue Entwicklungsschritte bei grundsätzlich sehr guten MA vorzunehmen, statt bei den Basics ansetzen zu müssen.

Ihr

Dr. Ronald Franke

Sollten wir hier noch nicht vernetzt sein, freue ich mich, wenn Sie mir hier auf XING folgen oder eine Kontaktanfrage senden.

Unter der Rubrik PERSONALITY PROFILER auf der Website von LINC erfahren Sie mehr zu einer auf den BIG FIVE basierten Persönlichkeitsanalyse, dem LINC PERSONALITY PROFILER, welche Charaktereigenschaften, Kompetenzen und Motive abbildet und optimal für die Personalentwicklung genutzt werden kann.

Kommentare

Dr. Ronald Franke schreibt über Personalwesen, Persönlichkeitsentwicklung, Führung, Psychologie

Ich bin Psychologe, systemischer Coach, Dozent und Geschäftsführer der LINC GmbH im schönen Lüneburg. Meine Leidenschaft gilt der modernen Psychologie und der Frage, mit welchen Erkenntnissen und Lösungen sie dabei helfen kann, einige der wichtigsten Themen unserer Zeit anzugehen.

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