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Zeekr: Die Premiummarke des chinesischen Geely-Konzerns setzt immer wieder mit eigenen Innovationen Standards. - Foto: REUTERS
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Geely, Saic, BYD – Chinas Autohersteller werden immer innovativer

Ein neues Ranking zeigt: Autokonzerne aus Fernost schließen rasant zur Konkurrenz auf. Ein deutscher Hersteller hält mit, ein anderer hat jedoch an Innovationskraft verloren.

Düsseldorf. Inmitten der Diskussion um Zölle auf Elektroautos aus China zeigt eine neue Studie, dass die Innovationskraft von chinesischen Autoherstellern immer weiter zunimmt. Konkret geht es um das Innovationsranking des Center of Automotive Management (CAM) von Branchenexperte Stefan Bratzel, das dem Handelsblatt vorab vorliegt. Dort tauchen mit Geely, Saic, Xpeng, BYD und GAC erstmals gleich fünf chinesische Autokonzerne unter den zehn innovativsten Autoherstellern der Welt auf.

Platz eins geht erstmals an BMW. Der Volkswagen-Konzern, bislang Anführer des Rankings, fällt auf den sechsten Rang zurück, liegt allerdings bei jüngeren Innovationen in der Elektromobilität vorn.

Die CAM-Auswertung hat in der Branche durchaus Gewicht und dürfte die Debatte um unfaire Wettbewerbspraktiken weiter anheizen. Mitte Juni hatte die Europäische Kommission Sonderzölle von bis zu 38 Prozent gegen chinesische Elektroautohersteller verhängt. Brüssel ist der Ansicht, dass Chinas Kommunistische Partei den Markt für die Stromer mithilfe von Milliardensubventionen und Überkapazitäten unfair verzerrt. Peking verlangte seinerseits, die Zusatzzölle bis zum 4. Juli fallen zu lassen, nachdem beide Seiten übereingekommen sind, weiter über einen Kompromiss zu verhandeln.

Autos aus China: Innovationsstärke ist breit gefächert

Für den jüngsten Report hat das CAM rund 700 Serieninnovationen und 300 Vorserienideen der vergangenen zwölf Monate untersucht und anhand eines festen Kriterienkatalogs bewertet.

Die Stärke der chinesischen Hersteller ist demnach breit gefächert. „Für die chinesischen Hersteller zeigten sich sehr starke Innovationsleistungen in den Technologiefeldern der Elektromobilität, beim Thema automatisiertes Fahren und der Bedienbarkeit der On-Board-Elektronik“, kommentiert Studienleiter Bratzel die Ergebnisse.

Insgesamt fallen laut dem Ranking 46 Prozent der globalen Innovationsstärke auf chinesische Autohersteller – ein Rekord. 2019 lag der Wert bei 21 Prozent. Umgekehrt ist die Innovationskraft deutscher Autohersteller im gleichen Zeitraum gefallen, von 45 Prozent im Jahr 2019 auf aktuell nur noch 23 Prozent.

Auffällig dabei ist, dass die Anzahl der Innovationen aus Deutschland relativ konstant geblieben ist, während die Zahl chinesischer Autoinnovationen über die Jahre stetig gestiegen ist. „China-Speed schlägt Deutschland-Tempo“, fasst Bratzel zusammen.

Ganz ohne staatliche Hilfe dürfte das nicht gegangen sein. Laut einer neuen Studie der Denkfabrik Center for Strategic and International Studies hat China seit 2009 mindestens 230 Milliarden US-Dollar (umgerechnet etwa 215 Milliarden Euro) für die staatliche Unterstützung von E-Auto-Herstellern ausgegeben. Darunter fallen allerdings auch Kaufanreize und Steuererleichterungen, wie es sie auch in anderen Ländern gibt.

Bratzel verweist außerdem auf die große Fertigungstiefe der Chinesen. So beherrscht der chinesische Marktführer BYD als Auto- und Akkuhersteller das teuerste Bauteil eines Elektroautos, die Batterie. „Das gibt Geschwindigkeit“, sagt der Experte.

Zudem würden auch deutsche Zulieferer wie ZF, Continental oder Bosch zunehmend Geschäft in China machen. „Ein Teil des chinesischen Innovationsvorsprungs kommt damit auch aus Deutschland“, erklärt er.

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Reichweite, automatisiertes Fahren: Wo Chinas Autokonzerne im Einzelnen punkten

Ein tieferer Blick zeigt, wo sich die Chinesen genau von der Konkurrenz absetzen. So punkten unter anderem Volvos Mutterkonzern Geely sowie Volkswagens neuer Chinapartner Xpeng mit hohen Reichweiten bei ihren elektrischen Luxusvans Zeekr 009 und X9. Mit BYD, GAC, Nio, Saic und Xpeng bieten außerdem fünf Hersteller automatisiertes Fahren auf Level 2+ auch abseits der Autobahn an. Auf dieser Stufe dürfen Fahrer die Hände vom Lenkrad nehmen, müssen aber die Augen weiter wachsam auf die Straße richten.

Handelsblatt- 1) abgeleitet aus Vorserienideen/ Quelle: CAM
Handelsblatt- 1) abgeleitet aus Vorserienideen/ Quelle: CAM

Aus Sicht der deutschen Hersteller fallen zwei Dinge auf: das gute Abschneiden von BMW und der starke Rückgang bei VW. BMW verdankt seinen Spitzenplatz vor allem der Marke Mini. „Einer der Erfolgsfaktoren von Mini ist es, erfolgreiche Innovationen aus höheren Segmenten auch in den kleineren Autos anzubieten“, sagt Bratzel. Vor allem in den Bereichen Infotainment und Connectivity schneidet die BMW-Marke im CAM-Report stark ab.

Dass Volkswagen so weit abgestiegen ist, begründet Bratzel mit der aktuellen Innovationsschwäche der Premiummarke Audi, die ihr neuestes Elektroflaggschiff Q6 e-tron aufgrund von Softwareproblemen nun erst mit zwei Jahren Verzögerung auf den Markt bringen konnte.

„Den eigenen Anspruch, Vorsprung durch Technik zu bieten, konnte Audi zuletzt nicht mehr erfüllen“, sagt Bratzel. So zählte das CAM in den vergangenen beiden Jahren nur 21 Innovationen bei der VW-Premiummarke. Zum Vergleich: Die deutschen Konkurrenten Mercedes und BMW kommen im gleichen Zeitraum auf vier bis fünf Mal so viele Innovationen.

Noch könnten die deutschen Premiummarken aus einer Position der Stärke agieren, sagt Bratzel. „Die Bedrohung ist aber da, dass chinesische Hersteller Premiumfahrzeuge zu günstigeren Preisen anbieten.“ Auf der Automesse in Peking hatte der chinesische Smartphone-Hersteller Xiaomi seine Porsche-ähnliche SU7-Limousine präsentiert. Sie soll in China umgerechnet zwischen 30.000 und 40.000 Euro kosten.

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