Navigation überspringen
article cover
Impressionistisches Ölgemälde einer jungen Frau, die nach Sinn sucht. Erstellt mit Hilfe der KI DALL·E

Geisteswissenschaften studiert und Knoten im Kopf? Wie du Orientierung für deinen Berufseinstieg bekommst

Du willst lieber einen Job finden, der zu dir passt, anstatt Karriere zu machen? Dann nutze diese vier Impulse.

Ob du nun Kulturwissenschaften, Soziologie oder Sprachen studiert hast – vermutlich hast du dein Studium aus Interesse oder gar Liebe zum Thema gewählt. Bei deiner Studienwahl stand Sinn vor Karriere.

Nun stehst du vor dem Berufseinstieg und Verunsicherung macht sich bei dir breit. Jetzt musst du dich doch mit deiner „Karriere“ bzw. deinem beruflichen Wirken beschäftigen.

Passende Stellenangebote zu deinem Studium, zum Beispiel in der Skandinavistik, gibt es wenige. Also musst du dich anders orientieren, tust du vielleicht ja auch schon etwas länger. Immerhin ist dir schon während des Studiums bewusst geworden, dass du die Fühler in mehrere Richtungen ausstrecken musst.

In der Broschüre „Berufsfelder für Geisteswissenschaftler“ der Uni Würzburg findest du erste Informationen über mögliche Tätigkeitsbereiche: Presse-und Öffentlichkeitsarbeit, Kulturwirtschaft, Tourismus, Öffentliche Verwaltung, Erwachsenenbildung – nur ein Auszug der genannten Berufsfelder.

Die beruflichen Möglichkeiten sind also vielfältiger als du vielleicht gedacht hast. Und statistisch gesehen arbeiten tatsächlich mehr als die Hälfte der Geisteswissenschaftler:innen in fachfremden Branchen. Nun mag dich das Wissen um die Vielfältigkeit deiner beruflichen Möglichkeiten etwas beruhigen, aber wahrscheinlich folgende Fragen aufwerfen:

  • Was will ich eigentlich beruflich tun?

  • Wo will ich das tun?

  • Wie komme ich dahin?

Dir geht es so wie vielen anderen: In einer Online-Befragung des Marktforschungsinstituts Smart Insights gaben 47 Prozent der befragten 20- bis 35-Jährigen an, dass sie: - Angst haben keinen passenden Beruf zu finden, - Unkenntnis über eigene Ziele haben, - aufgrund der Vielzahl beruflicher Möglichkeiten verunsichert sind.

„Quarterlife Crisis“ wird das genannt und betrifft übrigens nicht nur Geisteswissenschaflter:innen.

Doch ich möchte dir Mut machen: Hast du einmal die schwierige Phase des Berufseinstiegs überwunden, stehen dir viele Türen offen. Geisteswissenschaftler:innen sind gefragter als je zuvor. Die Bundesagentur für Arbeit konstatiert im August 2022 in einer Arbeitsmarktpublikation, „dass Geisteswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in den unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen zunehmend geschätzt werden, verfügen sie doch in der Regel über ausgeprägte Kompetenzen im Bereich des Wissensmanagements. Auch ihre interkulturellen Kompetenzen und Fertigkeiten bei der Informationsgewinnung und -aufbereitung gehören zu den nachgefragten Fähigkeiten in einer wissensbasierten und globalen Arbeitswelt.“

Nun brauchst du noch einen Kompass, um den richtigen Berufsweg einzuschlagen. Vielleicht helfen dir ja die folgenden vier Impulse:

1) Entwirre den Knoten in deinem Kopf: Kläre das "Was", "Wo" und "Wie"

Ein Kompass im wahrsten Sinne des Wortes ist der Talentkompass NRW. Er ist ein Tool zur beruflichen Orientierung, das dir bei der Beantwortung des Was, Wo und Wie hilft. Der Fokus liegt nicht auf dem Karrieregedanken, sondern darauf, einen Job zu finden, der zu dir passt. Mit dem Tool arbeitest du zum einen auf strukturierte Weise dein Wissen, dein Tun und deine Fähigkeiten auf und zum anderen identifizierst du, wo es dich hinzieht, indem du dich mit deinen berufsbezogenen Werten, Interessen und dem angestrebten beruflichen Umfeld auseinandersetzt:

Deckblatt des Talentkompass NRW.
Deckblatt des Talentkompass NRW.

Die Kombination der erarbeiteten Felder ermöglicht dir, dir Perspektiven zu erarbeiten. Der Talentkompass wird dir zwar kein konkretes Ergebnis wie "Du wirst Pressereferentin bei einer Stiftung" liefern, aber er gibt dir viele Impulse. Entscheidend ist, darauf nun aufzubauen.

2) Stelle die richtigen Fragen an die richtigen Menschen (und sogar an eine KI)

Sprich mit Menschen in deinem Umfeld über deine Ergebnisse. Stelle Fragen wie:

  • „Welche Berufe fallen dir dazu ein?“

  • „Kennst du jemanden, der das beruflich macht?“

  • „Was fehlt mir noch, um dorthin zu kommen?“

Solltest du momentan nicht genügend Gesprächspartner haben, mit denen du solche Gespräche führen kannst, nutze auch künstliche Intelligenzen. ChatGPT ist eine solche KI, die in diesem Jahr viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat und in Bezug auf ihre technologische Bedeutung mit der Einführung des ersten Smartphones, dem Markteintritt von Amazon und sogar der Erfindung des Buchdrucks verglichen wird. Mein Kollege Lars Hahn hat in einer Kolumne darüber geschrieben, welche Bedeutung der Chatbot, bei aller Vorsicht, für die Jobsuche haben kann. Auch für die Orientierung kann dir der Chatbot schon sinnvolle Hilfestellungen bieten. Hier ein Beispiel:

Dialog mit dem Chatbot ChatGPT
Dialog mit dem Chatbot ChatGPT

ChatGPT kannst du über diesen Link austesten.

3) Suche nicht nach Stellen, finde den passenden Arbeitgeber

Der Knoten in deinem Kopf ist nun ein Stück weit entwirrt, du hast Ideen erarbeitet, was du beruflich tun könntest und beginnst eifrig nach Stellen zu recherchieren. Du schaust dir eine Ausschreibung nach der anderen an und deine Euphorie wird immer mehr gebremst, denn in fast jeder Stelle werden Anforderungen gestellt, die du als Hochschulabsolvent:in noch nicht erfüllen kannst:

Stellenanforderungen für Hochschulabsolventen
Stellenanforderungen für Hochschulabsolventen

Was mit Suchmaschinenoptimierung gemeint ist, kannst du erahnen. Bei „HR“ weißt du zumindest schon mal, dass es die Abkürzung für „Human Resources“ ist. Wo sollst du aber die geforderte Berufserfahrung herholen? Nun befindest du dich im klassischen Berufseinstiegs-Teufelskreis:

„Keine Berufserfahrung > kein Job > keine Berufserfahrung.“
Altbekanntes Dilemma für Berufseinsteiger:innen

Findest du trotzdem den Mut, dich zu bewerben, kann es passieren, dass es Absagen hagelt. Also bewirbst du dich vielleicht auf Stellen, die du eigentlich gar nicht willst. Wenn du dann noch ein Vorstellungsgespräch hast, bei dem du dich wie ein Pinguin in der Sahara fühlst, ist die Verunsicherung komplett. Die negative Gedankenspirale kehrt zurück oder verstärkt sich.

Spätestens hier ist es an der Zeit, deine Suchstrategie zu ändern. Am besten fährst du von Beginn deiner Jobsuche an zweigleisig: Behalte den Stellenmarkt im Auge, aber suche auch früh nach Unternehmen, die dich interessieren und die zu dir passen.

Jobsuche für Geisteswissenschaftler:innen - mehr Generalisten als Spezialisten - funktioniert anders als z.B. für Hochschulabsolvent:innen rechtlicher, wirtschaftlicher oder technischer Studiengänge. @Dr. Bernd Slaghuis hat hierzu einen hilfreichen Beitrag geschrieben und sagt einen prägnanten Satz:

„Spezialisten suchen Stellen, Generalisten finden Arbeitgeber.“
Dr. Bernd Slaghuis

Hast du dich mit dem Talentkompass oder anderen Berufsorientierungstools auseinandergesetzt, nutze entsprechende Begriffskombinationen, um passende Arbeitgeber im Internet zu finden. Besonders nützlich für die Recherche sind XING und LinkedIn aufgrund ihrer vielfältigen Filterfunktionen. XING hat mit dem Kulturkompass ein spannendes Tool entwickelt, das dich beim Finden des passenden Arbeitgebers hinsichtlich unternehmenskultureller Aspekte unterstützt:

Das Finden passender Arbeitgeber mithilfe des Kulturkompasses ist noch in der Beta-Version, steckt also noch in den Kinderschuhen. Nutze daher die Suchfilter von XING, ergänzend auch die von LinkedIn, die noch mal andere Ergebnisse für Dich ausspucken.

4) Lerne die Sprache, Abläufe und Routinen der Arbeitswelt kennen

Abschließend noch zwei Dinge, die du vielleicht nicht als erstes auf der To-Do-Liste hast, die dir jedoch deutlich helfen können, den Teufelskreis Berufseinstieg zu durchbrechen: Mach ein Praktikum oder absolviere Weiterbildungen. Natürlich ist beides nicht gleichzusetzen mit "ersten Erfahrungen in X, Y, Z". Du bekommst aber ein besseres Verständnis von der Sprache, den Abläufen und Routinen in der Arbeitswelt. Zudem erwirbst du anders als im Studium Wissen, das in der Arbeitswelt gefordert wird.

Hier noch ein wichtiger Tipp: Auch wenn du dir vorgenommen hast, keine Hilfe von der Arbeitsagentur in Anspruch zu nehmen - tue es trotzdem. So wirst du nicht nur abgesichert, sondern bekommst Unterstützung bei der Jobsuche und teils auch wertvolle Weiterbildungen finanziert, die du aus eigener Tasche nicht hättest bezahlen können.

Der Weg ist das Ziel

Der Berufseinstieg ist eine der herausforderndsten Phasen deines (Berufs-)Lebens und verlangt dir einiges an Geduld, Nervenstärke und Mut ab. Glaub an dich und lass dich nicht von Enttäuschungen, Rückschlägen und einschränkenden Äußerungen zurückwerfen. Verlasse Deine Komfortzone, werde dir darüber klar, was du kannst und was du willst und beschreite deinen Weg, dann wartet ein spannendes und erfüllendes Arbeitsleben auf dich.

____________________________________

Dies ist mein erster XING-Insider-Artikel. Neue kommen dazu, versprochen. Folge mir gerne, wenn du mehr Input zu den Themen Berufseinstieg, Jobsuche und Karriere haben möchtest. Besuche auch den LVQ-Karriereblog. Dort findest du weitere Beiträge von mir. Wenn du dich für ein Coaching interessiert, dann schaue auch gerne mal auf meine Webseite vorbei.

Kommentare

Martin Salwiczek schreibt über Job & Karriere, Bildungswesen

Karriereexperte mit dem Fokus auf Berufseinsteiger:innen und Hochschulabsolvent:innen. Über 15 Jahre Erfahrung als Berater | Coach | Trainer | Lehrbeauftragter | Personalentwickler.

Artikelsammlung ansehen