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Gesundheitsangebote im Job sind bestenfalls individuell und maßgeschneidert - © Getty Images

Gesundheitskarte und Vitalcheck für alle? Warum Unternehmen ihre Gesundheitsfürsorge revolutionieren müssen

Gesunde MitarbeiterInnen kosten Geld – kranke ein Vermögen. Deshalb lohnt es sich für Unternehmen, gezielt in Prävention zu investieren. Warum Hochtische und Yogakurse nicht individuell genug und welche Maßnahmen wirklich sinnvoll sind.

Neustart im Gesundheitsmanagement nach der Pandemie

Die Pandemiejahre haben die Herausforderungen für Unternehmen im Bereich der Gesundheitsprävention und -förderung auf ein neues Level gehoben. Innerhalb kürzester Zeit haben strenge Hygienevorschriften wie Oberflächenreinigung, adäquate Belüftung, Schnelltestungen und Abstandsregeln Einzug gehalten. Die Verlagerung der Arbeit ins Homeoffice hat gezeigt, an welchen Stellschrauben gedreht werden kann und muss, damit Arbeitnehmende gesund und leistungsfähig bleiben – mental und körperlich. Deutlich zugenommen haben psychische Belastungen durch Isolation, Ängste und Überlastung sowie physische Beschwerden durch Haltungsschäden wegen schlechter Arbeitsplatzbedingungen daheim.

Das Thema Gesundheit wird einen deutlich höheren Stellenwert in unserer Gesellschaft und damit auch für Jobsuchende einnehmen. Die können sich künftig nämlich aussuchen, wo sie gern arbeiten wollen – der Fachkräftemangel lässt grüßen.

Alles wird anders und hoffentlich besser

Künftig wird es nicht reichen, jedem Mitarbeitenden pauschal einen verstellbaren Schreibtisch zur Verfügung zu stellen, den Abstand zum Monitor zu messen und in der Kantine ein vegetarisches Gericht anzubieten. Im Oktober 2021 gaben 43 Prozent, also fast die Hälfte der Unternehmen in Deutschland, in einer ifo-Umfrage an, dass ihre Geschäftstätigkeit vom Fehlen gut ausgebildeter Fachleute behindert wird. Tendenz steigend. Arbeitgeber müssen sich also gut überlegen, mit welchen Angeboten und Benefits sie die begehrten MitarbeiterInnen in Zukunft gewinnen und halten können. Ein qualitativ hochwertiges Gesundheitsangebot wird aus meiner Sicht für HR-Abteilungen zum entscheidenden Akquise-Argument werden.

Wenn ich mit Verantwortlichen zusammensitze, werde ich oft gefragt, wie das in der Praxis funktionieren kann. Wie man die richtigen Maßnahmen implementiert, was diese Maßnahmen sind – und auch wie viel sie kosten.

Der Zugang zur Gesundheit muss vereinfacht werden

Aus meiner Zeit als Fußballprofi weiß ich, wie man sich optimal fit hält: Ich hatte Trainer, um meine Leistung zu verbessern, Köche, die mir maßgeschneiderte Ernährungskonzepte erstellt haben, und Ärzte, die jedes Zipperlein schnell und fachgerecht behandeln konnten. Es gab eine individuelle Behandlung und einen direkten Zugang zu Experten – und genau die braucht es auch für alle anderen ArbeitnehmerInnen.

Ich bin der Überzeugung, dass künftig der direkte Draht zu Fachärzten, Therapeuten und generell guter medizinischer Versorgung der Schlüssel für mehr Zufriedenheit, Leistung und Wohlbefinden im Job sind. Unternehmen, die das bieten können, sind klar im Vorteil als attraktiver Arbeitgeber für potenzielle Bewerber – und auf Dauer können sie sogar Geld sparen.

So haben nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Arbeitgeber für ihre erkrankten Mitarbeiter im Jahr 2020 insgesamt 74,3 Milliarden Euro an Bruttogehältern und darauf fällige Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. Bis 2025 wird die Summe voraussichtlich auf über 84 Milliarden Euro steigen. Mit individueller Gesundheitsprävention ließen sich hier große Summen einsparen. Womit ich beim Stichwort bin: individuelle Prävention. In den meisten Firmen werden die gleichen Lösungen für alle angeboten. Das kann nicht funktionieren. Nicht jeder Rücken kann mit einem ergonomischen Schreibtisch geheilt und nicht jede mentale Disbalance durch Yoga ausgeglichen werden.

Hinzu kommt, dass die unterschiedlichen Branchen unterschiedliche Lösungsansätze benötigen und nicht schablonenartig standardisierte BGM-Maßnahmen ausgerollt werden können. Auf dem Bau, in der Gastronomie oder auch in Friseurbetrieben werden täglich Strecken zurückgelegt wie bei einem Bundesligaspieler. Natürlich nicht in 90 Minuten, aber über den Tag verteilt ist die Belastung vergleichbar. Zehn, elf, zwölf Kilometer kommen da schon zusammen. Hier braucht es Experten, die sich gezielt um Knie- und Muskelschmerzen kümmern können, die Kompressionsstrümpfe, Massagen und Physiotherapie statt Schmerzmittel verschreiben.

Gezielte Therapie statt Schmerzmittel. - Getty Images
Gezielte Therapie statt Schmerzmittel. - Getty Images

Viele Unternehmen stecken Geld in Maßnahmen, die nicht effektiv sind

Ein Großteil der ArbeitnehmerInnen sind KassenpatientInnen. Versuchen Sie mal, als KassenpatientIn schnell einen Termin beim Orthopäden wegen akuter Rückenschmerzen zu bekommen. Oder gar für ein Kernspin. Wochen bis Monate können vergehen. Die Situation verschlimmert sich, der Arbeitsausfall ist programmiert. Und das kostet die Unternehmen am Ende häufig mehr als eine gezielte Prävention. Durch meine Einblicke in unterschiedliche Unternehmen diverser Branchen weiß ich, dass vieles, was bisher gemacht wird, teuer ist und nicht den maximalen Effekt bringt. Warum holt man sich nicht kompetente Gesundheitspartner an die Seite, die dafür sorgen, dass die Leute dort, wo sie am meisten leisten, bestmöglich geschützt werden?

Mit folgenden Ansätzen ließe sich eine Menge erreichen:

  • Freies Budget für Gesundheit: Angestellte erhalten einen bestimmten Betrag pro Jahr, den sie gezielt für ihre gesundheitlichen Anforderungen nutzen können. Das kann eine Sehhilfe sein, ein Vitalcheck, oder die Behandlung beim Osteopathen oder Heilpraktiker.

  • Zusätzliche betriebliche Krankenversicherung für Angestellte: Über eine Extra-Krankenkarte können exklusive Services in Anspruch genommen werden. Über eine zentrale Nummer werden Arztbesuche schnell terminiert, langes Warten entfällt, und es sind Experten unterschiedlicher Fachrichtungen greifbar.

  • Regelmäßige Diagnostikwochen: Bestandteil können beispielsweise Vitalchecks, Wirbelsäulen-Screenings, Hautkrebsvorsorge, Sehtests, Allergietests, Darmspiegelungen und Ernährungsberatung sein.

  • Kooperation mit Fachinstituten: Externe Einrichtungen, wie beispielsweise die Scheelen AG oder das Fürstenberg Institut, bieten Programme für Stressprävention an und helfen mit Coaches und Therapeuten bei psychischen Belastungen. Was gerade in dieser Zeit, in der Therapieplätze Mangelwahre sind, Gold wert ist.

Koordiniert werden könnten diese Maßnahmen von GesundheitsmanagerInnen im Unternehmen, die entweder in der Geschäftsführung oder in der HR angesiedelt sind. Wer seinen Teams ein Portfolio an guten Lösungen anbietet und seinen Leuten das Gefühl gibt, sich problemspezifisch um ihre Gesundheit zu sorgen und zu kümmern, wird mit motivierten, leistungsfähigen und zufriedenen Mitarbeitenden belohnt.

Wie funktioniert die Gesundheitsvorsorge in deinem Unternehmen? Schreib gern in die Kommentare.

Euer Marcell Jansen

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Marcell Jansen schreibt über Sport, Lifestyle, Health Management

Marcell Jansen war zwölf Jahre Bundesliga- und Nationalspieler, bis er seine Karriere mit 29 Jahren beendete. Parallel zu seiner Laufbahn als Profi-Fußballer gründete er mit 21 Jahren seine erste Firma. Inzwischen hält er Beteiligungen an mindestens fünf Unternehmen im Sport- und Lifestyle-Bereich.

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