Hohe Ansprüche und karrierescheu: Wer hat Angst vor Generation Z?
Wenn demnächst eine neue Generation die Ausbildungsplätze, Trainee- und Juniorpositionen antritt, könnte sich in deutschen Unternehmen so einiges ändern. Die Gen Z kommt – und hat nicht den besten Ruf. Vielleicht braucht es aber genau sie, um New Work nachhaltig zu etablieren.
Personalentscheider·innen stehen in den kommenden Jahren vor zwei großen Herausforderungen. Zum einen werden zahlreiche Stellen zu besetzen sein. Dem gegenüber werden verhältnismäßig weniger qualifizierte Fachkräfte stehen, aus denen Firmen künftige Mitarbeitende rekrutieren können. Der Kampf um die nachrückenden Talente hat bereits begonnen. Und dieser sogenannte „War for Talents“ führt dazu, dass Firmen mittlerweile einiges in Bewegung setzen, um als attraktiver Arbeitgeber dazustehen.
Junge Menschen wollen Sinn und ausreichend Privatleben
Das wiederum führt zu Herausforderung Nummer zwei. Denn diejenigen, die bald auf den Arbeitsmarkt drängen, gelten als weitaus weniger karriereorientiert, arbeitsam und belastbar als ihre Vorgänger·innen, die Generation Y. Gleichzeitig werden der Gen Z viel höhere Ansprüche nachgesagt was die Wahl ihres Arbeitgebers betrifft.
Der obligatorische Obstkorb, Kickertisch und ab und zu mal eine Firmenfeier? Das lockt bei den U-25-Jährigen offenbar niemanden mehr. Stattdessen stehen Sinnhaftigkeit und klar begrenzte Arbeitszeiten ganz oben auf der Wunschliste – das Privatleben gehe schließlich vor. So zeigen es aktuelle Studien. Laut einer IHK-Studie aus dem Jahr 2019 kommt der Faktor „hohes Einkommen“ in dieser Altersgruppe erst an vierter Stelle bei der Wahl des künftigen Jobs.
Gen Z – vergnügungssüchtig und faul?
„Erst das Vergnügen, dann die Arbeit“, titelt Brand Eins provokant in einem Artikel über die rund neun Millionen Deutschen zwischen 15 und 24 Jahren, die zur Gen Z zählen. Auf Welt.de heißt es gar, die neue Generation mit ihrer langen Wunschliste sei „in vielen Unternehmen gefürchtet“. Ihr schlechter Ruf eilt der Gen Z auf dem Arbeitsmarkt quasi voraus.
Klar ist: Die Jüngeren unterscheiden sich in mancher Hinsicht deutlich von ihren Vorgänger·innen. Rund um die Uhr erreichbar sein, abends nochmal schnell in die Emails schauen und sich bis zum Burn-out aufopfern – dieses Work-Life-Blending kommt für sie nicht in Frage. Stattdessen wünschen sich die Berufseinsteiger·innen eine klare Trennung von Privatleben und Beruf.
Die Arbeitszeiten passen sich dem Leben an
Zurück zum klassischen „9 to 5“-Modell geht die Entwicklung aber nicht. Der Wunsch nach klaren zeitlichen Grenzen geht einher mit der Erwartung höchstmöglicher Flexibilität. Denn wann und wo sie arbeiten, das wollen die Digital Natives selbst bestimmen. Die Norm der 40-Stunden-Arbeitswoche wird schon beim Einstieg in das Berufsleben in Frage gestellt.
Vordenker wie Rutger Bregman („Utopien für Realisten“) und Timothy Ferriss („The 4-hour Workweek“) zeigen, dass Vollzeit auch anders gedacht werden kann. Die Gen Z ist für solche Visionen sehr empfänglich. Sie definieren sich ohnehin weniger über ihren Job oder eine Karriere im klassischen Sinn, sondern wollen genügend Zeit für Familie, Freunde, Selfcare und für ihr gesellschaftliches Engagement. Auch das Stichwort Sinnhaftigkeit spielt eine immer größere Rolle. Der Job soll sich ihren Bedürfnissen anpassen und nicht umgekehrt.
Wo Unternehmen profitieren könnten
Nun darf man sich bei all diesen Prophezeiungen durchaus fragen: Ist es für Unternehmen wirklich so schlimm, dass ihre künftigen Mitarbeitenden sich nicht abrackern bis sie krank sind, kein festes Büro brauchen und Karriere nicht der Fokus ihres Lebens ist?
Oder hat es nicht auch Vorteile für Arbeitsgeber, wenn ihre Angestellten die eigenen Grenzen kennen, auf einen ausgeglichenen Lebensstil achten und für ihre Arbeitsleistung nicht mal einen festen Büroplatz verlangen? Und zeigt nicht die Coronakrise derzeit, dass digitale und nachhaltig orientierte Unternehmen deutlich resilienter sind?
Ein Wandel ist dringend nötig
Der Arbeitsrealität in deutschen Firmen wird ein Wandel weg von reiner Leistung hin zu Werteorientierung, flexiblen Arbeitsmodellen und mehr Digitalisierung bestimmt nicht schaden. Die Generation Z ist bereit dafür. So manche Vertreter·innen der Generationen vor ihr womöglich auch.
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Service-Info: „Gen Z“
Der Begriff „Generation Z“ beschreibt im gängigen Sprachgebrauch die Alterskohorte der nach 1996 geborenen Menschen. Nach den „Babyboomern“ und der „Generation Y“ werden in Deutschland etwa neun Millionen Menschen dieser Gruppe zugerechnet – deutlich weniger als vorangegangenen Generationen. Aussagen über so große Bevölkerungsgruppen sind in gewisser Weise verallgemeinernd. Die Sozialwissenschaft geht davon aus, dass Menschen, die in einer Spanne von etwa 15 Jahren geboren wurden, ähnliche kollektive Erfahrungen machen und sie daher ähnlich geprägt werden. Bei der Gen Z werden als einflussreiche Faktoren zum Beispiel die Klimakrise, die Omnipräsenz des Internets und mobiler Devices sowie die Coronakrise genannt.
Quellen: