Jobsuche in Corona-Zeiten: Durchstarten oder Abtauchen?
Macht es jetzt überhaupt Sinn, sich zu bewerben? Verlängert sich die Suchzeit durch Corona? Werden viele Manager entlassen und finden dann keine neue Aufgabe? Wie wirkt sich Corona auf den Arbeitsmarkt aus? Diese und viele ähnliche Fragen werden uns aktuell dauernd gestellt. Eine verlässliche Antwort habe ich nicht, die hat niemand! Doch es gibt Beobachtungen, Entwicklungen und logische Schlüsse.
>> Beobachtungen: Was sich geändert hat.
Die meisten unserer Klienten, die sich bereits in Bewerbungsprozessen bei Unternehmen befanden, als die strengen Corona-Maßnahmen erfolgten, berichten, dass weitere Gesprächsrunden aufgeschoben werden. Einige Gespräche werden auf Videokonferenz oder Telefonat umgestellt. Die meisten Firmen scheuen derzeit jedoch endgültige Entscheidungen über die Besetzung von Führungspositionen. Und dennoch haben in den letzten drei Wochen Klienten Verträge unterzeichnen können.
Etwas anders sieht es bei Personalberatern aus. Diese sichten weiterhin interessante Kandidaten, allerdings sind auch hier Videokonferenzen mittlerweile das präferierte Medium für Gespräche. So soll der bestehende Auftrag weitestgehend erfüllt werden, also die vereinbarte Anzahl an zu präsentierenden Kandidaten gefunden werden. Die Kandidaten-Präsentationen beim Kunden – also im Unternehmen – ist jedoch wie schon erwähnt, kaum realisierbar.
Die aktuelle „on-Hold“-Situation wird wohl noch eine Zeit anhalten. Es ist also Geduld erforderlich, was herausfordernd und für all jene sogar besorgniserregend ist, die bereits gekündigt sind und aus finanziellen oder mentalen Gründen eine neue Führungsposition dringend benötigen.
Wer noch fest im Job ist, überlegt sich verständlicherweise dreimal, ob er sich gerade jetzt nach einer neuen Aufgabe umsehen soll. Gibt es aktuell überhaupt Chanen? Und wenn, dann ist jeder Jobwechsel bekanntlich mit Risiken verbunden, die durch die Corona-Krise und deren ungewisse Folgen besonders unberechenbar sind.
>> Die Entwicklungen: Was passieren wird.
Und dennoch werden Unternehmen nicht unendlich lange mit der Besetzung von Führungspositionen warten können. Wem ein CTO, CFO, CHRO oder gar ein CEO fehlt, wird diese Lücke in der aktuellen Krisensituation sehr schmerzhaft spüren. Diese Krisen- und Notsituation verlangt mehr denn je nach bewährten Führungskräften, die das Schiff sicher und ruhig durch den Wirbelsturm navigieren – und dies möglichst nicht zum ersten Mal in ihrem Berufsleben machen.
Umgekehrt zeigt die Corona-Ausnahmesituation auch, wer als Krisenmanager wenig geeignet oder sogar überfordert ist. Hieraus werden auch Entlassungen auf Führungsebene resultieren. Leider ist auch damit zu rechnen, dass einige Entlassungen erfolgen werden, weil die Situation gerade günstig ist, um einen „ungeliebten“ oder „unbequemen“ Manager loszuwerden – ungeachtet seiner Kompetenzen und geleisteten Erfolge.
Ganz unabhängig vom Arbeitsmarkt zeigt sich durch die Corona-Krise, welche Themen in Zukunft drängend sind und zum Teil einfach missachtet oder nur halbherzig vorangetrieben wurden. Dazu gehören beispielsweise die Absicherung von Lieferketten, die Sicherung von Liquidität, die Automatisierung von Prozessen und die Digitalisierung von Geschäftsmodellen inklusive der Umsetzung von New Work und digitalem Arbeiten.
>> Die logischen Schlüsse: Es wird einen großen Bedarf geben.
Wir alle wissen und bekommen es tagtäglich „aufs Brot geschmiert“: Unausweichlich wird die deutsche Wirtschaft eine Rezession erleben. Über das Ausmaß wird noch diskutiert: Schwarzmaler finden ihre Bühne ebenso wie Traumtänzer. Irgendwo dazwischen wird die Realität sein.
Doch jede Krise und jede Rezession hat auch ihre Potenziale. Um die Defizite abzubauen, die gerade durch Corona offensichtlich geworden sind, brauchen Unternehmen erfolgreiche, talentierte Manager. Einerseits werden Manager gebraucht, die bereits krisen- und restrukturierungserprobt sind. Wer also zu dieser Gruppe gehört, wird in Zukunft mehr denn je gefragt sein. Umso mehr, wenn er in den vergangenen Wochen schon bewiesen hat, dass er „Corona gemeistert hat“ – oder schon bei 9/11 oder der Finanzkrise 2008/2009 eine richtig guten Job gemacht hat.
Anderseits werden diejenigen Manager hoch im Kurs stehen, die bereits erfolgreich automatisiert und digitalisiert haben. Denn mit und nach Corona kann kein Unternehmenslenker mehr behaupten, Digitalisierung sei doch nicht nötig oder sogar nur eine Modeerscheinung, die bald vorbei sei. Und auch die Entscheidungen, ob ein Digitalmanager eingestellt wird oder nicht, werden sich beschleunigen. Beobachte ich doch seit Jahren, dass CDOs fast doppelt so lange wie CTOs brauchen, um eine neue Verantwortung zu finden. Diesen „Entscheidungsluxus“ können sich Firmen nicht mehr leisten. Das Angebot an umsetzungsstarken Digitalmanagern ist begrenzter als Unternehmen denken. Wer zu spät agiert, wird leer ausgehen oder sich mit nichterprobten Seitenwechslern begnügen müssen.
Einer unserer ehemaligen Klienten, CDO in einem großen Konzern, schrieb mir vor ein paar Tagen: „Seit Mitte März arbeitet mein Team vollständig von zu Hause aus und sammelt so wertvolle persönliche Digitalisierungserfahrung, um den notwendigen Wandel im Unternehmen noch effektiver vorantreiben zu können. Da ich verantwortlich für Digitalisierung und Innovation in meinem Unternehmen bin, sehe ich COVID-19 aus der Perspektive meiner Rolle als große Chance zur Umsetzung von Veränderungen aller Art. Bislang sahen viele Menschen Digitalisierung durchaus als Gefahr für ihren Arbeitsplatz, jetzt sind plötzlich diejenigen im Vorteil, die ihre Dienstleistungen auch ohne Präsenz vor Ort erbringen können. Ich bin überzeugt, dass sich durch diese Erkenntnis noch viel in Bewegung setzen wird.“
Kommen wir zurück auf die Anfangsfrage: Macht es jetzt überhaupt Sinn, sich zu bewerben? Ich antworte mit einem klaren Ja! Es wird einen großen Bedarf an erfolgreichen Veränderungsmanagern und Potenzialausschöpfern geben – wohl mit ähnlich hoher Nachfrage wie nach bewährten Krisenmanagern. Und wer sich jetzt bereits in Position bringt und auf die zielgerichtete Suche macht, wird die größte Auswahl haben.
Bleiben Sie optimistisch! Und schauen Sie doch mal in unserem Buch „Die CEO-Bewerbung“, wie erfolgreiche Selbstvermarktung funktioniert.