Karriere: Wie Dein erfolgreicher Vater „wirkt“
Werden wir erfolgreicher, bleibt so manch anderes, wie Zeit mit den Kindern, auf der Strecke. Die männliche Vaterenergie und Zuneigung nimmt ab. Dadurch können Muster und Ballaste entstehen, die den Sohn oder die Tochter in ihrer eigenen Karriere hemmen.
Holgers Vater war ein erfolgreicher Architekt, der auch im öffentlichen Leben wichtige Rollen und Ämter einnahm. Als Kind hätte Holger den Vater gebraucht. Doch der war meist nicht da und vermittelte dem Sohn, er habe Wichtigeres zu tun. Die Mutter konnte die Sehnsucht nach dem Männlichen bei ihrem Sohn nicht stillen, zumal ihr selbst der Partner fehlte. Mit Mühe schafft Holger die Mittlere Reife und absolviert eine Schreinerlehre.
Sieben Tipps, damit Menschen wie Holger, der heute als Messebauer arbeitet, beruflich in ihre Kraft kommen.
Meide den Vergleich
Jeder Vergleich hinkt, weil jede Biografie unter anderen Vorzeichen steht. Deshalb sollten sich Söhne (und Töchter) weder mit dem Vater (oder der Mutter) noch den Geschwistern vergleichen. Auch gibt es keinen zwingenden Grund, dass der Sohn studieren muss, weil bereits der Vater Akademiker war. Oder dass er eine Führungsrolle im Beruf bekleidet, nur weil der Vater Chef war. Diese Kausalitäten sind Quatsch und erzeugen nur Druck. Entscheidend ist, dass man in seinem Leben gern zu Hause ist. Der Job ist nur eine Facette.
Du arbeitest für Dich
Eng mit dem Vergleich zusammen hängt die Motivation: Will ich Abteilungsleiter werden, weil mir die Führungsaufgabe liegt und ich gern Entscheidungen treffe und Verantwortung übernehme, oder will ich damit meinem Chef einen Gefallen tun oder meine Freunde oder Eltern beeindrucken (oder „überflügeln“)? Solche extrinsischen Motive stiften nur für kurze Zeit Energie. Wer nicht aus sich selbst heraus eine Aufgabe ausfüllt, wird schnell ausbrennen und mindere Ergebnisse liefern.
Innerer Widerstand
Holger hat sich nie bewusst gemacht, welchen inneren Widerstand er gegen Erfolg und Leistung hat. Erst mit einem Coach wurde ihm bewusst, dass er damit in Wahrheit gegen das Fehlen seines Vaters in Kindheit und Jugend revoltierte, weil der „Erfolg“ und „Leistung“ über seine Familie und seinen Sohn stellte. Erst als Holger diese ungünstige Verquickung erkennt, kann er die Selbstsabotage beenden und frei entscheiden, ob und für welche Herausforderung er sich anstrengt und reinhängt.
Versöhnung mit Vergangenheit
Eng mit dem inneren Widerstand gegen Erfolg und Leistung hängt die Aussöhnung mit dem Vater zusammen. Denn vermutlich hat der sich nicht bewusst gegen seinen Sohn entschieden, sondern privat den Preis dafür bezahlt, dass er sich, seinem Vater oder sonst wem beweisen musste, dass er kein Versager ist, sondern ein Leistungsträger. Oft werden beispielsweise auch Menschen aus „armen Verhältnissen“ besonders reich, weil sie möglichst weit weg möchten von der früheren Ohnmacht der Mittellosigkeit.
Selbstbewusstsein entwickeln
Holger hat es auch vermieden, sich für Führungsaufgaben in seiner Firma zu interessieren oder anderenorts zu bewerben, weil er Selbstzweifel hatte, die ihn dominierten. Viele Menschen haben leider die Selbstwahrnehmung, nicht gut genug zu sein, doch zum Glück sind nicht alle von diesen falschen Glaubenssätzen gelähmt. Um sich auszuprobieren und eventuell das „Nein“ einer Absage auszuhalten, hätte Holger mehr Selbstbewusstsein gebraucht, in dem er sich etwa täglich sagt, was er gut kann.
Umgang mit Niederlagen
Wenn sich mehrere Interessenten auf eine Stelle bewerben, kann nur einer die Zusage bekommen. Deshalb muss man eine Absage weder persönlich nehmen, noch sagt sie etwas aus über eine Person. Denn die Absage betrifft nur den Teil meiner Arbeitskraft oder sogar nur meine Präsentation. Nicht mehr. Deshalb ist günstig, sich innerlich zu stärken etwa mit dem Satz: „Okay, die Firma hat ihre Chance gehabt, mich zu bekommen.“ Oder: „Auch gut, so bleibt mir mehr Zeit für Hobbys und Familie.“ Und die nächste Chance kommt.
Bewusstsein für den Vater
Tatsächlich sollte jeder Berufstätige sich kritisch mit dem eigenen Vater auseinandersetzen. Eine Kausalität gibt es dabei nicht. Der erfolgreiche Vater kann mit seinem Vorbild und Netzwerk förderlich sein. Er kann aber auch den Ehrgeiz des Sohnes, den Vater eines Tages zu überwinden, lähmen, weil er allzu groß und mächtig erscheint. Ambivalent ist auch der Vater, der Hilfsarbeiter war: Der Sohn gibt sich mit (sehr) wenig zufrieden oder er überflügelt alle, um die alte Beschämung zu heilen.
DER AUTOR
Leonhard Fromm (60) ist Gestalttherapeut und Männer-Coach, der als Teamentwickler, Führungskräftecoach und Supervisor in Firmen arbeitet. Der Schorndorfer Theologe war im Erstberuf Wirtschaftsredakteur und begleitet Menschen online wie in Präsenz bei ihrem Veränderungsprozess. www.der-lebensberater.net