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Klimaneutralität des Gebäudesektors: Welche Rolle spielt der Einsatz von Smart-Home-Technologien?

Heute entstehende und zu sanierende Gebäude sollen nicht nur bezahlbar, sondern wirtschaftlich, nachhaltig, energieeffizient, komfortabel und langfristig nutzbar sein. Vor diesem Hintergrund etabliert sich ein stetig wachsender Markt für technische Lösungen, die intelligent und sicher zusammenspielen sowie intuitiv bedienbar sein sollen. Der Begriff "Smart Home" ("intelligentes Zuhause") ist nicht eindeutig definiert. Zuweilen wird er auch für intelligente Einzellösungen wie Heizungsteuerungen verwendet. Meistens sind damit jedoch Systeme aus mehreren vernetzten Produkten verschiedener Bereiche gemeint. Auch wird ein vollständig vernetztes und "intelligentes" Haus als Smart Home bezeichnet. Smart-Home-Technologie ist auch ein wichtiger Schritt in Richtung Energiewende, denn etwa 70 Prozent der gesamten Haushaltsenergie entfallen auf die Raumerwärmung . Heizungsanlagen laufen nur selten mit einer hohen Effizienz, häufig kommt es zu einem Überangebot an Wärme, weil die Anlagen in ihrer Leistung und in der Betriebsführung nicht auf den jeweiligen Wärmebedarf angepasst sind. Erhebliches Potenzial zur Energieverschwendung ergibt sich auch durch unbedachtes Heizen und Lüften. Mit der Vernetzung verschiedener Haustechnik-Elemente können die CO2-Emissionen gesenkt, der Energieverbrauch reduziert und Kosten eingespart werden.

Ist das Smart Home sinnvoll mit ähnlichen Gebäuden über eine digitale Infrastruktur in seiner Umgebung vernetzt, wird von „smarten Quartieren“ gesprochen. Intelligente Stromzähler als Teil der Planungen sind im Quartier auch als sichere Schnittstelle für weitere Dienstleistungen rund ums Smart Home unverzichtbar. Zu solchen Dienstleistungen können Geräte der Wohnungswirtschaft wie Brandmelder und Aufzüge oder auch Anwendungen der Telemedizin gehören. Das Zukunftsinstitut schreibt auf seiner Website, „Internet of Things (IoT), Smart Home oder Modern Living - die eigenen vier Wände zu vernetzen, wird in ein paar Jahren in Deutschland keine Besonderheit mehr sein“. Schon heute gibt es nahezu jeden Haushaltsgegenstand in einer „smarten“, vernetzbaren Version. Zwar gehe es in Deutschland langsamer als etwa in den USA oder Großbritannien, weil die Deutschen sich Sorgen um den Datenschutz machten, aber schon 2022 setzte der Smart-Home-Markt laut Statista etwa 6,14 Milliarden Euro um. Da ein jährliches Wachstum von über zehn Prozent erwartet wird, wäre dies für das Jahr 2027 ein Marktvolumen von 11,38 Milliarden Euro. Dass technische Lösungen, die Einsparungen versprechen, verstärkt in den Fokus von Verbraucher:innen rücken, belegt auch eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom (2022).

  • Unter 1.269 Personen ab 16 Jahren verfügen schon 41 Prozent der Verbraucher:innen daheim über vernetzte Geräte. Auf Platz eins der smarten Anwendungen stehen bei den Deutschen intelligente Lampen und Leuchten. 29 Prozent haben solche Lösungen im Einsatz.

  • 79 Prozent der Nutzer:innen von Smart-Home-Technologien haben diese im Wohnzimmer im Einsatz, fast ebenso viele im Esszimmer oder in der Küche, 69 Prozent im Schlafzimmer, 57 Prozent im Bad, 49 Prozent im Arbeitszimmer, 38 Prozent im Flur. 51 Prozent nutzen sie im Garten und 35 Prozent in der Garage, bei 24 Prozent auch im Kinderzimmer.

  • Staubsauger-Roboter nutzen 22 Prozent. In den Gärten von 18 Prozent der Deutschen mähen Rasenmäher-Roboter den Rasen, 14 Prozent haben zur Unterhaltung smarte Multimediasysteme installiert. Andere smarte Haushaltsgeräte wie intelligente Waschmaschinen, Geschirrspüler oder Kühlschränke besitzen lediglich 4 Prozent der Deutschen.

  • 76 Prozent können sich vorstellen, einen Staubsauger-Roboter zu nutzen, der von selbst erkennt, wenn es Zeit für die nächste Reinigung ist und automatisch startet. 54 Prozent gefällt die Idee eines Backofens, der lernt, wie kross die Bewohner ihren Braten mögen – und diesen von allein auf den Punkt brät. Für 55 Prozent ist ein Kühlschrank vorstellbar, der nach den Vorlieben der Besitzer selbst die Essensplanung übernimmt und entsprechende Lebensmittel bestellt.

  • Intelligente Rollläden oder Markisen, die sich bei starker Sonneneinstrahlung automatisch herunterfahren und für Kühlung sorgen, setzen 21 Prozent ein.

  • Für 26 Prozent ist es wichtig, ortsunabhängig auf die Geräte zugreifen zu können, und 21 Prozent erhoffen sich, mit smarten Anwendungen Geld zu sparen.

  • 85 Prozent steuern ihre Smart-Home-Anwendungen und -Geräte per Smartphone-App. 55 Prozent erteilen Sprachbefehle. 20 Prozent steuern Smart-Home-Geräte per Fernbedienung.

  • 25 Prozent der Deutschen nutzt eine smarte Videoüberwachung, um sich bzw. das eigene Zuhause zum Beispiel vor Einbrechern zu schützen. 24 Prozent haben eine intelligente Alarmanlage im Einsatz. Weniger verbreitet sind smarte Hausnotruf-Systeme (6 Prozent) bzw. intelligente Rauchmelder (5 Prozent).

  • 21 Prozent nutzt smarte oder WLAN-Steckdosen, um Stand-by standardmäßig zu vermeiden.

  • 13 Prozent verfolgen ihren Verbrauch über intelligente Zähler.

  • 22 Prozent haben aktuell smarte Thermostate im Einsatz, 35 Prozent nutzen sie seit zwei bis vier Jahren und 17 Prozent seit fünf Jahren oder länger.

  • 53 Prozent berichtet, dass ihr Energieverbrauch seither gesunken ist – bei 22 Prozent deutlich, bei 31 Prozent eher gesunken. Bei 12 Prozent ist der Energieverbrauch nach eigenem Dafürhalten gleichgeblieben. 33 Prozent kann noch keine Aussage dazu treffen, weil die Geräte noch zu kurz im Einsatz sind.

  • 90 Prozent der Nutzer:innen würden den Einsatz eines intelligenten Heizkörperthermostats Freunden und Familie empfehlen.

  • Die eigenen vier Wände sicherer zu machen, ist für 74 Prozent der Smart-Home-Nutzer:innen entscheidend für den Einsatz entsprechender Technologien, mehr Komfort und Lebensqualität und Energiesparen liegen nahezu gleich auf.

  • 22 Prozent haben selten, 15 Prozent gelegentlich und 4 Prozent regelmäßig mit Ausfällen ihrer Anwendungen zu kämpfen. Der Grund liegt meistens an einer Störung der Internetverbindung (83 Prozent). Bei 21 Prozent gab es Probleme bei der zugehörigen App oder eine andere Störung am Gerät (20 Prozent). Eigene Bedienfehler haben bei 8 Prozent schon zu Ausfällen geführt. Bei 55 Prozent hat es noch nie einen Ausfall bei den Anwendungen gegeben.

  • Lediglich 18 Prozent der über 65-Jährigen nutzen Smart Home-Technologien.

  • 88 Prozent aller Deutschen fordern, dass die Potenziale von Smart-Home-Anwendungen für das Klima besser bekannt gemacht werden müssen.

  • 75 Prozent sind der Ansicht, dass keine neuen Gebäude mehr errichtet werden sollen, die nicht über ein intelligentes Energiemanagement verfügen.

  • 47 Prozent der Nicht-Nutzerinnen fürchtet sich vor Hacker-Angriffen. 37 Prozent haben Angst vor dem Missbrauch ihrer persönlichen Daten, und 29 Prozent sorgen sich um ihre Privatsphäre. 29 Prozent sind die Geräte zu teuer oder die Bedienung erscheint ihnen zu kompliziert. 88 Prozent der Smart-Home-Nutzerinnen und -Nutzer wünschen sich eine klare Kennzeichnung, ob ein Smart-Home-Produkt sicher ist.

  • 80 Prozent können sich vorstellen, in einem Haus zu wohnen, das erkennt, wenn ein Wasserschaden droht und das Wasser automatisch abstellt. Oder das Elementarschäden z.B. durch Hagel oder Blitz erkennt und die Bewohner darüber automatisch z.B. per App informiert (72 Prozent).

  • 62 Prozent würden ein Zuhause nutzen, dass Ohnmacht oder Bewusstlosigkeit einer Bewohnerin oder eines Bewohners erkennt und automatisch Hilfe ruft.

  • 89 Prozent sind überzeugt, dass schon mit kleinen Energieeinsparungen ein Beitrag gegen den Klimawandel geleistet werden kann.

  • 90 Prozent der Nutzer:innen von Smart-Home-Anwendungen wünschen sich eine klare Kennzeichnung auf den Geräten, ob diese einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Um Smart Home nachhaltig nutzen zu können, müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein (z.B. massiver Ausbau erneuerbarer Energien, bezahlbare Wärmewende, Offenheit für technologische Lösungen). Auch sollte bereits bei der Planung neuer Häuser und Wohnungen der Einsatz smarter Technologien mitberücksichtigt werden. Eine Mehrwertsteuersenkung für besonders energiesparende Technologien könnte die Verbreitung in Privathaushalten fördern. Dies wäre zugleich eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Fördermaßnahmen, die Verbraucher:innen entlastet. Zudem muss die IT-Infrastruktur erweitert werden, damit jeder Energieabnehmer auch in „intelligente“ Netze eingebunden werden kann. Es werden „smarte“ Stromzähler und ein stark vernetzter „Datenraum“ benötigt, um die für die Energiewende erforderlichen Innovationen bei Verbrauch und Erzeugung richtig umzusetzen. Die Akzeptanz dafür zu schaffen und den Nutzen zu kommunizieren, ist noch immer eine große Herausforderung.

  • Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.

  • Bernd Spatzenegger: Die Energielüge. Warum das Klimaziel eine Illusion ist und wie wir die Wende trotzdem meistern. ecoWing Verlag bei Benevento Publishing Salzburg – München 2023.

  • Anne Weiss: Der beste Platz zum Leben. Wie ich loszog, ein Zuhause zu finden, das zukunftstauglich ist und glücklich macht. Sieben nachhaltige Wohn-Experimente. Knaur Verlag, München 2023.

Kommentare

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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