Kununu, Karriere und der Realitätsschock: Wie viel Wahrheit steckt in Arbeitgeberbewertungen?
„Ach, so schlimm kann’s doch nicht sein…“, redet man sich nach dem Lesen einer miserablen Kununu-Bewertung – kurz vor dem ersten Arbeitstag in genau diesem Unternehmen – ein. Und dann, ein paar Wochen später, sitzt man in der Mittagspause, starrt auf seinen halb gegessenen Kantinensalat und denkt: Ja, doch. Es ist so schlimm. Vielleicht sogar schlimmer.
Arbeitgeberbewertungsportale wie Kununu sind für viele ein erster Anlaufpunkt bei der Jobsuche. Schließlich will niemand ins sprichwörtliche offene Messer rennen und in einem Unternehmen landen, das nach außen glänzt, intern aber eher einem schlecht organisierten Escape-Room gleicht – nur ohne Ausgang. Aber wie verlässlich sind diese Bewertungen? Und was passiert, wenn ein Betrieb gar keine schlechten Bewertungen hat?
Zwischen Rache und Realität: Wie Bewertungen entstehen
Ein kurzer Blick auf Kununu zeigt: Die meisten Unternehmen haben entweder durchweg schlechte oder verdächtig gute Bewertungen – mit wenig dazwischen. Warum? Weil Menschen selten eine Bewertung hinterlassen, wenn sie einfach einen soliden Job hatten. Wer nach drei Jahren mit netten Kolleg:innen geht, hat meist keine brennende Motivation, noch eine Abhandlung darüber zu schreiben, wie okay alles war.
Diejenigen, die sich hinsetzen und eine ausführliche Rezension tippen, haben oft entweder sehr gute oder sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Die einen wurden gefördert, respektiert und vielleicht sogar mit einer Gehaltserhöhung belohnt – die anderen wurden mit unbezahlten Überstunden, cholerischen Chefs und Kaffeemaschinen voller Enttäuschung konfrontiert.
Unternehmen und der Kampf um das perfekte Image
Natürlich gibt es auch Betriebe, die mit ihrer Bewertung nicht zufrieden sind – und nachhelfen. Manchmal subtil, manchmal weniger. Da tauchen dann plötzlich fünf glühende Fünf-Sterne-Bewertungen an einem Tag auf, alle in gebrochenem Deutsch und mit verdächtig ähnlichem Satzbau. „Tolles Team! Super Chefs! Nur zu empfehlen!“ – als hätte die HR-Abteilung in der Mittagspause kurzerhand ein paar Fake-Accounts erstellt.
Andere Unternehmen gehen noch einen Schritt weiter und löschen negative Bewertungen – oder versuchen es zumindest. Dass das nicht immer klappt, wissen diejenigen, die einmal eine vernichtende Kritik hinterlassen haben und dann per Anwalt freundlich gebeten wurden, das Ganze doch noch einmal zu überdenken. Manche Bewertungen verschwinden tatsächlich spurlos, andere bleiben – und machen klar, dass ein Kununu-Score eben nicht immer die ganze Wahrheit erzählt.
Wann Kununu-Bewertungen tatsächlich hilfreich sind
Trotz all dieser Dynamiken kann Kununu – und ähnliche Plattformen – ein hilfreiches Tool sein. Der Trick ist, nicht nur auf die Sterne zu schauen, sondern die Kommentare zwischen den Zeilen zu lesen.
Muster erkennen: Wenn sich in den Bewertungen ständig das Wort „toxisch“ oder „Mikromanagement“ wiederholt, ist das kein Zufall.
Detailtiefe prüfen: Aussagen wie „Super Arbeitgeber!!!“ sind nicht hilfreich. Wer sich Zeit nimmt, eine ausführliche Bewertung mit konkreten Beispielen zu schreiben, ist meist authentischer.
Zwischen den Extremen denken: Wenn es nur Ein-Sterne- oder Fünf-Sterne-Bewertungen gibt, stimmt was nicht. Ein Unternehmen kann nicht gleichzeitig das beste und das schlimmste der Welt sein – irgendjemand hat hier manipuliert.
Aktualität checken: Ein Unternehmen, das 2016 katastrophal bewertet wurde, könnte sich inzwischen verändert haben. Umgekehrt gilt: Eine Firma mit früher gutem Ruf kann mittlerweile ein Minenfeld sein.
Mein Fazit: Bewertungen sind wichtig – aber nicht alles
Arbeitgeberbewertungen sind ein bisschen wie Restaurantkritiken: Man bekommt eine Tendenz, aber ob es wirklich passt, merkt man erst, wenn man selbst dort war. Klar, Kununu ist nicht die ultimative Wahrheit – aber wenn ein Unternehmen durchgehend unter 2,0 Sterne hat, dann ist das in etwa so, als würde man auf Google Maps nach einem netten Restaurant suchen und die ersten zehn Treffer haben alle Rezensionen mit „Lebensmittelvergiftung“ drin.
Deshalb mein Tipp: Bewertungen anschauen, kritisch hinterfragen – und vor allem auch auf das eigene Bauchgefühl hören. Denn letztendlich gibt es nur eine Sache, die schlimmer ist, als in einem miserablen Job zu landen: Dort zu bleiben.