Liebe im Job? Expertin verrät: So meisterst Du das Gefühls-Chaos
Liebe lässt sich nicht kontrollieren – aber unser Verhalten schon. Gerade am Arbeitsplatz ist Fingerspitzengefühl gefragt, wenn aus Sympathie mehr wird. Wer klug und professionell agiert, hält die Balance zwischen Nähe und Neutralität.
Ein Gastbeitrag von Bestseller-Autorin, Psychologin und XING Insiderin Stefanie Stahl
Liebe ist nicht planbar. Manchmal passiert es einfach – auch dort, wo wir es nicht erwarten: am Arbeitsplatz. Eigentlich kein Wunder! Die Arbeit ist ein zentraler Bestandteil unseres Lebens. Hier verbringen wir viel Zeit und erleben gemeinsame Herausforderungen. Dadurch entsteht oft eine besondere Verbundenheit mit den Menschen, die uns täglich umgeben.
Zusätzlich spielt ein psychologisches Prinzip eine Rolle: Das Mere-Exposure-Phänomen. Je häufiger wir jemanden sehen, desto vertrauter und sympathischer erscheint er uns. Plötzlich fliegen dann die Funken mit einem Kollegen oder gar mit der Chefin. Doch was bedeutet das für den Berufsalltag?
🪞 1. Klarheit und Reflexion: Was will ich wirklich?
Bevor Sie aus einem kleinen Flirt am Arbeitsplatz eine Affäre oder Beziehung werden lassen, sollten Sie sich ehrlich fragen: Ist es das wirklich wert? Denn nicht jeder Flirt muss weiterverfolgt werden.
Ist es nur eine vorübergehende Schwärmerei oder echte Zuneigung? Gerade in stressigen Phasen oder nach gemeinsamen Erfolgen kann die emotionale Nähe intensiver wirken, als sie tatsächlich ist.
Wie beeinflusst diese Beziehung meinen Arbeitsalltag? Gibt es Herausforderungen, die dadurch entstehen könnten? Ist es möglich, weiterhin professionell zusammenzuarbeiten?
Welche Konsequenzen kann die Beziehung haben? Besonders bei Hierarchieunterschieden oder in kleinen Teams sollten Sie sich fragen, wie sich die Dynamik verändern könnte.
🧑🏻💼 2. Professionelles Verhalten: Liebe ja, aber mit Bedacht
Wenn die Entscheidung für eine Beziehung gefallen ist, kommt es darauf an, die richtige Balance zwischen Gefühlen und professionellem Verhalten zu finden. Dabei spielen Sensibilität und Weitblick eine große Rolle.
Privates bleibt privat: Eine Beziehung sollte nicht zum Mittelpunkt des Bürolebens werden. Öffentliche Zuneigungsbekundungen wie Händchenhalten oder Küsse können Kollegen unangenehm sein und wirken unprofessionell. Besonders in Teams, in denen enge Zusammenarbeit gefragt ist, kann zu viel Nähe nach außen hin irritierend wirken.
Neutralität wahren: Verliebtheit kann unsere Wahrnehmung verändern. Seien Sie sich bewusst, dass Sie Ihren Partner oder Ihre Partnerin am Arbeitsplatz möglicherweise anders wahrnehmen als das Team. Vermeiden Sie es, bevorzugt miteinander zu arbeiten oder sich von anderen abzugrenzen.
Konflikte privat klären: Jeder Mensch streitet mal – aber nicht vor Kolleg•innen. Beziehungskonflikte haben im Arbeitsumfeld nichts zu suchen. Sie können sich negativ auf das Betriebsklima auswirken und das eigene Ansehen schädigen.
Klare Grenzen setzen: Damit die Arbeit nicht leidet, sollte bewusst eine Trennung zwischen Arbeitszeit und Beziehungszeit erfolgen. Vermeiden Sie es, während Meetings verstohlene Nachrichten auszutauschen oder während der Arbeitszeit Privates zu diskutieren.
Objektivität in Entscheidungen: Besonders dann, wenn einer der beiden Partner eine höhere Position innehat, sollte darauf geachtet werden, dass berufliche Entscheidungen nicht von der Beziehung beeinflusst werden – und auch nicht den Anschein erwecken.
Auswirkungen auf das Team im Blick behalten: Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz können Neid oder Unsicherheit bei Kolleg•innen auslösen. Wenn sich andere unfair behandelt fühlen, kann dies das Betriebsklima verschlechtern. Offenheit und Professionalität sind hier der Schlüssel.
💬 3. Kommunikation mit dem Umfeld
Eine Beziehung am Arbeitsplatz betrifft nicht nur das Paar, sondern auch das Umfeld. Kollegen könnten sich unwohl fühlen oder sich fragen, ob die Beziehung berufliche Entscheidungen beeinflusst. Offene Kommunikation hilft, Missverständnisse zu vermeiden.
Diskretion in der Anfangsphase kann sinnvoll sein, um zu vermeiden, dass eine aufkeimende Beziehung unnötig zum Gesprächsthema wird.
Kommunikationsstrategie festlegen: Gemeinsam sollte entschieden werden, wer wann informiert wird. Ob und wann Sie die Beziehung öffentlich machen, hängt von verschiedenen Faktoren ab – insbesondere von der Unternehmenskultur und Ihrer Position.
Transparenz abwägen: In manchen Unternehmen ist es sinnvoll, die Beziehung offen zu kommunizieren, insbesondere wenn Hierarchieunterschiede bestehen. In kleinen Unternehmen kann es hilfreich sein, mit der Führungskraft zu sprechen, um Missverständnisse oder Klatsch zu vermeiden. In größeren Firmen sollte zumindest das direkte Umfeld wissen, dass die Professionalität nicht leidet.
Direktes Umfeld einbinden: Falls Sie in einem Team arbeiten, das eng zusammenarbeitet, kann es hilfreich sein, die Kolleg•innen frühzeitig zu informieren. Dies zeigt Professionalität und kann verhindern, dass Gerüchte entstehen.
Neid und Unsicherheiten ernst nehmen: Falls Kolleg•innen das Gefühl haben, dass jemand bevorzugt oder benachteiligt wird, sollte man offen und sachlich auf diese Wahrnehmung eingehen. Ein neutraler, professioneller Umgang mit der Beziehung trägt zur Akzeptanz bei.
👩❤️👨 4. Beziehung mit dem Chef oder der Chefin – besondere Herausforderungen
Eine Beziehung mit einer vorgesetzten Person bringt besondere Dynamiken mit sich – nicht nur für das Paar, sondern auch für das Team. Machtgefälle, Loyalitätskonflikte und die Wahrnehmung der Kolleg•innen können das Arbeitsklima beeinflussen. Das sollte berücksichtigt werden.
Machtgefälle bewusst reflektieren: Das Team kann Bevorzugung vermuten. Wird eine Beförderung oder ein Lob noch als verdient angesehen? Diese Wahrnehmung beeinflusst das Vertrauen im Team. Deshalb ist Transparenz wichtig: Entscheidungen sollten nachvollziehbar begründet werden, und es sollte keine Sonderregelungen für die beteiligte Person geben.
Klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben: Emotionen lassen sich nicht immer steuern – das eigene Verhalten aber schon. Professionelles Verhalten bedeutet hier: Keine privaten Diskussionen während der Arbeitszeit, keine informellen Absprachen über berufliche Themen zu Hause. Im Job ist die Chefin die Vorgesetzte, privat die Partnerin.
Unternehmensrichtlinien prüfen: Viele Firmen haben Regelungen zu Beziehungen zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden. Gibt es beispielsweise Meldepflichten oder Vorgaben, dass eine Person in eine andere Abteilung wechseln muss? Wer sich frühzeitig informiert, kann Klarheit schaffen und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen.
Loyalitätskonflikte vermeiden: Eine enge private Verbindung kann unbewusste Erwartungen oder Druck erzeugen – auf beide Seiten. Wer Vorgesetztenverantwortung trägt, sollte besonders darauf achten, objektiv zu bleiben: keine bevorzugte Vergabe von Projekten, gleiche Maßstäbe für Kritik und Lob, keine privaten Anspielungen in Meetings.
💔 5. Umgang mit einer Trennung
Eine Trennung ist emotional belastend – erst recht, wenn sich private und berufliche Ebenen überschneiden. Wer täglich mit der Ex-Partnerin oder dem Ex-Partner zusammenarbeitet, kann sich nicht einfach aus dem Weg gehen. Doch genau das macht es so wichtig, bewusst mit so einer Situation umzugehen.
Emotionen verarbeiten, bevor sie ins Büro mitkommen: Der Arbeitsplatz ist kein Raum für persönliche Konflikte. Wer wütend, verletzt oder enttäuscht ist, sollte sich bewusst Zeit nehmen, um diese Gefühle außerhalb der Arbeit zu verarbeiten – sei es durch Gespräche mit Vertrauten, Tagebuchschreiben oder Sport.
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