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© Magnet.me@unsplash.com

Lücken und häufige Wechsel im CV? Wir sollten uns kennenlernen

Der Lebenslauf eines Menschen ist oft eine Erzählung voller Höhen und Tiefen, voller Entscheidungen, Umwege und Neuanfänge. Doch statt die Geschichte dahinter zu würdigen, wird allzu oft eine Lücke im Lebenslauf als Makel interpretiert, als Zeichen von Unbeständigkeit oder gar als Risiko für Unternehmen.

Aber ist das wirklich so? Und welche Chancen verpassen wir, wenn wir die Lebenswege von Kandidaten nicht genauer betrachten?

Das Leben verläuft selten in geraden Bahnen. Jeder Mensch durchläuft Phasen, die von Unsicherheiten, falschen Entscheidungen oder nicht eingelösten Versprechen geprägt sind – und das ist in Ordnung. Lücken im Lebenslauf können viele Gründe haben. Es kann eine Zeit des Umdenkens gewesen sein, eine Phase, in der man sich neu orientieren musste, oder schlichtweg eine notwendige Auszeit.

Unternehmen, die Kandidaten mit Lücken im Lebenslauf pauschal ablehnen, verpassen oft die Chance, exzellente Fachkräfte kennenzulernen, die mit einer anderen, vielleicht wertvolleren Perspektive an Aufgaben herangehen.

Unternehmen glänzen, Kandidaten kämpfen

In der heutigen Arbeitswelt zeigen sich Unternehmen gern von ihrer Schokoladenseite. Hochglanzbroschüren und verlockende Versprechen machen Lust auf eine Bewerbung – doch was steckt wirklich dahinter? Nicht selten gehen Bewerber davon aus, das Unternehmen sei der perfekte Arbeitgeber, nur um später festzustellen, dass der Arbeitsalltag ganz anders aussieht.

Bewerber wiederum müssen oft darum kämpfen, überhaupt Gehör zu finden. Der Druck, Geld zu verdienen, die Familie zu ernähren, das Haus oder die Wohnung abzubezahlen, lastet schwer auf ihren Schultern. Wer auf das Gehalt angewiesen ist, kann es sich schlichtweg nicht leisten, ein Jahr auszusetzen oder sich nur auf perfekte Gelegenheiten zu konzentrieren. Für viele ist der Jobwechsel ein notwendiger Schritt, um zu überleben – emotional und finanziell.

Freiheit nur für die Privilegierten?

Es ist leicht, über Lücken im Lebenslauf zu urteilen, wenn man selbst in einer privilegierten Position ist. Wer finanziell unabhängig ist oder aus einem vermögenden Familienhintergrund kommt, kann sich erlauben, Fehler zu machen. Ein gescheitertes Projekt? Kein Problem, die Familie federt den Fall ab.

Doch wie sieht es bei den Menschen aus, die auf jeden Cent angewiesen sind? Was ist mit dem Familienvater, der die Verantwortung für seine Kinder trägt, oder der alleinerziehenden Mutter, die versucht, Beruf und Familie zu vereinen? Was ist mit den Menschen, die keine reichen Eltern oder hohe Abfindungen haben, sondern auf ihren monatlichen Lohn angewiesen sind? Sie können sich keine „schönen“ Lücken im Lebenslauf leisten – aber gerade diese Phasen sind oft die, die sie besonders prägen.

Karriereplanung und Lebensrealität

„Psychologie heute“ schreibt: Menschen, die häufiger den Job wechseln, übernehmen schneller die Verantwortung für ihre Karriere und sind bereit, Neues zu wagen. Sie treffen Entscheidungen, stehen zu diesen und zeigen Mut, indem sie sich auf unbekanntes Terrain begeben. Und genau das sind die Tugenden, die Unternehmen doch so oft von ihren Mitarbeitern fordern: Verantwortung, Entscheidungsfreude, Neugier und die Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln.

Statt die „Bunten“ unter den Lebensläufen abzulehnen, sollten wir genauer hinsehen und diese Menschen als das anerkennen, was sie sind: Mutig, entschlossen und bereit, sich Herausforderungen zu stellen.

Ein Wechsel ist nicht immer freiwillig

Jobhopping ist schnell als negativer Begriff gefunden. Doch was steckt dahinter? Oftmals ist es eine lange Zeit des Leidens, der Unzufriedenheit und manchmal sogar des Mobbings, die dazu führt, dass jemand den Arbeitsplatz wechselt.

Wer nicht das bekommt, was ihm versprochen wurde, wer würde sich da nicht beschweren? Ein Mensch, der immer wieder den Job wechselt, zeigt damit nicht nur Unzufriedenheit, sondern auch den Mut, etwas ändern zu wollen, das nicht funktioniert. Und genau das sollte ein Ansporn für Unternehmen sein.

Mein Appell an Unternehmen

Geben Sie Menschen mit einem bunten Lebenslauf eine Chance. Verurteilen Sie sie nicht aufgrund von mehreren Wechseln, sondern nehmen Sie diese Veränderungen als Zeichen dafür, dass sie Verantwortung für ihre berufliche Laufbahn übernehmen. Ein häufiger Jobwechsel kann auch ein Spiegel dessen sein, was in der Unternehmenswelt nicht immer richtig läuft.

Nutzen Sie die Gelegenheit, diese Kandidaten langfristig zu binden, und zeigen Sie, dass Ihr Unternehmen anders ist – dass Sie Offenheit, Ehrlichkeit und Nachhaltigkeit schätzen. Wer weiß, vielleicht entwickelt sich genau dieser Kandidat zu einem wertvollen, fast unersetzbaren Mitarbeiter, der bleibt, weil er endlich in einem Umfeld arbeitet, das ihm das bietet, was er wirklich braucht.

In diesem Sinne: gute Gespräche, alles Gute, bleiben Sie gesund.

Herzlichst Michael H. Hahl

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Ich bin Michael H. Hahl, Director Executive Search und Deutschlands bester Marktstrategieberater. Mehrfach ausgezeichnet. Seit über 20 Jahren ist das Matching von Unternehmen und Bewerbern mein Schwerpunkt. Ich bringe Menschen zusammen, passend und nachhaltig.

Seit vielen Jahre berate ich DAX- Unternehmen und den Mittelstand. Ich besetzte TOP-Positionen und begleite Fach- und Führungskräfte bei der beruflichen Neu- und Umorientierung. Gerade auch meine Generation ab 50+, denen ich eine Stimme gebe.

Ich habe in meiner Laufbahn tausende Lebensläufe gelesen und noch mehr Gespräche geführt. Mein verstorbener Vater hat mir vieles beigebracht, was mich heute zu einem Berater macht, dem man vertraut. Ein Satz hat er mir stets mit auf den Weg gegeben: "Urteile nicht vorschnell über einen Menschen, mit dem Du nicht mindestens einmal gesprochen hast."

Kommentare

MICHAEL HANS HAHL schreibt über Generation 50+, Veränderungsprozesse, Perspektiven im Unternehmen, Markt-/Kommunikationsstrategie

Herzlich Willkommen, ich bin Michael Hans Hahl, Sparringspartner für Prozesse, Matching, Wege und generationsübergreifendes Arbeiten. Seit fast 20 Jahren berate, coache, trainiere und spreche ich über die Themen Karriere, Personal, Jobchancen. Die Generation 50+ liegt mir dabei besonders am Herzen.

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