Lügen im CV? Darum brauchst du’s nicht
Hast du schon einmal darüber nachgedacht, eine kleine „Schönheitskorrektur“ in deinem Lebenslauf vorzunehmen? Vielleicht, weil du dich für eine Lücke schämst, eine abgebrochene Ausbildung verschweigen möchtest oder das Gefühl hast, sonst keine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben?
Du bist damit nicht allein. Viele Menschen haben diese Gedanken, und es ist nur allzu menschlich, unangenehme Wahrheiten verschleiern zu wollen. Doch es gibt einen besseren Weg – einen, der dich nicht in unangenehme Situationen bringt und langfristig ehrlicher und erfolgreicher ist.
Warum lügen wir überhaupt im Lebenslauf?
Es gibt viele Gründe, warum Menschen die Wahrheit in ihrem Lebenslauf schönreden. Oft liegt es an Scham oder Angst: Was wird die/der Personaler:in denken, wenn sie/er meine Lücken sieht? Was, wenn ich erklären muss, warum ich die Probezeit nicht geschafft habe? Vielleicht kennst du diese innere Stimme auch, die dir einredet, dass ein bisschen Lügen schon nicht auffallen wird.
Ramona, eine Coaching-Klientin, dachte genau das.
Ihr wurde die letzte Stelle bereits nach zwei Wochen (während der Probezeit) gekündigt. Sie ließ die Position aber dennoch in ihrem Lebenslauf stehen – als wäre sie noch dort beschäftigt. Als die Personalerin sie im Vorstellungsgespräch fragte, welche Aufgaben sie aktuell habe, begann sie herumzudrucksen. Und als die Frage nach der Kündigungsfrist kam, war klar, dass etwas nicht stimmte. Ramona fühlte sich ertappt, ihr wurde heiß und kalt, und am Ende war das Gespräch natürlich gelaufen.
Ich verstehe, warum sie so gehandelt hat. Der Verlust eines Jobs, gerade in der Probezeit, ist für viele unangenehm, man fühlt sich als Versager:in und möchte das Geschehene am liebsten unter den Teppich kehren. Wer spricht schon gern über Misserfolge? Als ich damals die Kündigung in der Probezeit erhielt, war bereits beim herausgehen aus dem Firmengebäude, mein nächster Gedanke, wie ich diesen Misserfolg bestmöglich kaschiere. Doch die Wahrheit ist: Zu Lügen ist nicht nur riskant – sie nehmen dir auch die Chance, deine Geschichte authentisch und selbstbewusst zu erzählen.
Die Konsequenzen des Lügens
Lügen im Lebenslauf sind nicht nur moralisch fragwürdig, sie können auch ernsthafte Konsequenzen haben.
Verlust des Vertrauens: Sobald eine Lüge auffliegt, zweifelt dein potenzieller Arbeitgeber an deiner Integrität. Warum sollten sie dich einstellen, wenn sie dir schon zu Beginn nicht vertrauen können? Wenn du dabei schon gelogen hast, wo lügst du dann noch, was bisher nicht aufgefallen ist?
Rechtliche Probleme: In extremen Fällen, wie bei gefälschten Abschlüssen oder Zertifikaten, kann es sogar zu rechtlichen Konsequenzen kommen.
Selbstzweifel: Lügen belastet dich selbst. Was passiert, wenn du im Job nach etwas gefragt wirst, das du vorgegeben hast zu können? Die ständige Angst, entdeckt zu werden, kann dich lähmen.
Wie du es besser machen kannst
Statt zu lügen, gibt es Wege, ehrlich und gleichzeitig professionell mit schwierigen Themen, die deinen bisherigen Werdegang betreffen, umzugehen.
1. Stehe zu Lücken und Brüchen
Ein Lebenslauf muss nicht perfekt sein. Arbeitgeber wissen, dass niemand einen völlig geradlinigen Werdegang hat. Wichtig ist, dass du die Gründe für Lücken oder Wechsel erklären kannst. Ramona zum Beispiel hat nach unserem Coaching ihre kurze Anstellung aus dem Lebenslauf gestrichen und sich mit einem Lebenslauf beworben, aus dem klar hervorging, dass sie aktuell keinen Job hat. Außerdem hat sie auf die Frage, was sie zuletzt gemacht hat, die entstandene Lücke ehrlich angesprochen. Statt zu lügen, erklärte sie, warum die Stelle nicht gepasst hat und was sie für ihren zukünftigen Job aus dieser Erfahrung gelernt hat.
Bei Ramona war es allerdings so, dass sie vor dieser Erfahrung mehrere Jahre in einem anderen Unternehmen gearbeitet hatte. So konnte sie dem Arbeitgeber auch zeigen, dass sie (und das ist durchaus auch eine Angst von vielen) keine Jobhopperin war. Sie hat auch aktiv angesprochen, dass man anhand ihres Lebenslaufes erkennen kann, dass sie diese Erfahrung mit der Kündigung in der Probezeit zum ersten Mal gemacht hat, und ihr Lebenslauf unterstrich diese Aussage.
Sofern es in deiner Karriere aber durchaus zu mehreren Jobwechseln beispielsweise in einem Jahr gekommen ist, lohnt es sich, dir Tipp Nummer zwei anzuschauen.
2. Fasse kurze Jobs oder Übergangszeiten zusammen
Wenn du in kurzer Zeit mehrere Stationen hattest, kannst du diese zusammenfassen, zum Beispiel so: Du nennst die Rolle oder Funktion, die du überwiegend innehattest, zum Beispiel "„Projektmanager“. Dann nennst du anstelle der Unternehmen die Branchen, in denen du tätig warst, und dann machst du ganz normal weiter mit einer Auflistung deiner Aufgaben und nennst, wenn du möchtest,uch entsprechende Ergebnisse oder Projekte, für die du verantwortlich gewesen bist.
3. Bereite dich auf kritische Fragen vor
Die Frage „Was haben Sie in dieser Zeit gemacht?“ ist für viele ein Albtraum. Doch mit der richtigen Vorbereitung kannst du selbstbewusst antworten. Überlege dir, welche positiven Erfahrungen oder Learnings du aus schwierigen Phasen mitgenommen hast, und formuliere sie klar. Hier kann es helfen, sich mit einer guten Freundin oder einem guten Freund zusammenzusetzen und zu überlegen, was deine Antwort auf diese Fragen sein könnte.
Wichtig: Es geht nicht um Perfektion, sondern um Plausibilität und Authentizität.
Das ist der Grund, warum Personaler:innen überhaupt solche Fragen stellen. Ähnlich verhält sich das mit der Frage, warum man wechseln möchte.
Wenn du seit einem Jahr auf Jobsuche bist, dann brauchst du hier nichts zu beschönigen. Es ist eine harte Wahrheit, aber in manchen Berufen oder auch bei manchen Firmen dauert der Bewerbungsprozess länger als in anderen Firmen. Eine berufliche Neuorientierung kann mal mindestens sechs Monate dauern. Wenn du da jetzt noch die Zeit für Bewerbung, Vorstellungsgespräche und Entscheidung hinzuzählst, wird klar, wie schnell so ein Jahr vorbei sein kann.
Fakt ist doch, dass du selten „nichts“ gemacht hast. Einer meiner Klienten hat zum Beispiel erzählt, dass er Vater geworden war zu dem Zeitpunkt, als er in seinem letzten Job war. Seine Argumentation für die „lange“ Jobsuche war, dass er sich auch Zeit für seine Familie nehmen wollte und deswegen erst vor ein paar Monaten seine Bewerbungsbemühungen intensiviert hat.
Du bist mehr als deine Lücken!
4. Hebe deine Stärken hervor
Konzentriere dich in deinem Lebenslauf auf das, was du geleistet hast, und auf deine Stärken. Es geht später bei einem Vorstellungsgespräch selten um Schwächen, Rückschläge oder gar Lücken – es geht darum, was du für das Unternehmen an Mehrwert zu bieten hast und wie deine Vorgesetzten und dein Team von dir und deiner Arbeit profitieren können. Anstatt Schwächen zu verschleiern, lenke den Fokus auf deine Erfolge und Fähigkeiten.
Warum Ehrlichkeit der bessere Weg ist
In meiner Arbeit als Karrierecoach habe ich immer wieder erlebt, wie Ehrlichkeit langfristig der bessere Weg ist. Viele Personaler:innen schätzen es, wenn Bewerber:innen authentisch und reflektiert über ihre Vergangenheit sprechen. Ein Lebenslauf mit Ecken und Kanten zeigt nicht Schwäche, sondern Persönlichkeit.
Eine Klientin wurde in ihrer frühen Karriere sogar aufgrund ihrer Ehrlichkeit eingestellt. Bei einem Interview für ein Praktikum wurde sie gefragt, ob sie mit Formeln in Excel arbeiten könne. Ihre direkte Antwort: „Nein. Aber ich kann es lernen.“ Das hat den verantwortlichen Produktmanager überzeugt, und sie bekam die Stelle. Mit ihrer Ehrlichkeit kam Klarheit, Selbstbewusstsein und gleichzeitig eine Bereitschaft rüber, die mehr über ihren Charakter verriet als die ganzen Erzählungen von vergangenen Erfolgen. Sie unterschied sich darin von allen anderen Bewerber:innen und bekam die Stelle.
Ich selbst habe auch keinen geradlinigen Lebenslauf. Nach meiner Ausbildung habe ich mehrere Stationen durchlaufen, manche erfolgreich, andere weniger. Ist es nicht auch so, dass uns diese Erfahrungen helfen, klarer zu sehen, was wir wirklich wollen?
Deine Geschichte ist wertvoll
Lügen mag kurzfristig wie eine einfache Lösung erscheinen, doch es nimmt dir die Möglichkeit, deine Geschichte auf deine Weise zu erzählen. Dein Lebenslauf ist nicht nur eine Liste von Jobs – er ist ein Spiegel deiner Erfahrungen, deiner Stärken und deines Weges.
Sei mutig und stehe zu deiner Vergangenheit. Jede Herausforderung, die du gemeistert hast, macht dich stärker und zeigt, was du zu bieten hast. Und denke daran: Auch Personaler:innen haben keine perfekten Lebensläufe. 😉
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Falls du Unterstützung brauchst, um den nächsten Schritt zu gehen – sei es durch ein Coaching oder eine Bewerbungshilfe –, dann lass uns sprechen.
Übrigens: In meinem Podcast „Berufsoptimierer“ spreche ich regelmäßig über diese Themen und welche Lösungen es geben könnte.
Das war es wieder von mir.
Bis zum nächsten Mal!
Viele Grüße
Dein Bastian
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