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Bei der Migration in die Cloud gilt es, jede Anwendung und ihre zugehörigen Daten individuell zu untersuchen. - Quelle: boscorelli – 123RF

Mainframe und Cloud – eine zukunftsfähige Symbiose

Mainframes haben nach wie vor ihren festen Platz in IT-Infrastrukturen und Firmen vertrauen gerade bei Kernprozessen auf die sicheren Systeme. Doch Modernisierung muss sein, allein schon, weil klassische COBOL-Experten immer rarer werden. Organisationen, die sich jetzt für die Zukunft aufstellen wollen, brauchen deshalb eine sinnvolle Integration zwischen alten Mainframe- und neuen Cloud-Ökosystemen. Wie dieses Zusammenspiel aussehen kann, beschreibt unser Fachartikel.

In vielen Branchen wie dem Finanz- und Versicherungssektor sowie der öffentlichen Verwaltung spielen monolithische Mainframe-Umgebungen hierzulande noch immer eine wichtige Rolle. Die Eigenschaften der Systeme wie Sicherheit, Zuverlässigkeit und Performance werden dort nach wie vor hoch geschätzt. Doch im Cloud-Zeitalter benötigen auch diese Infrastrukturen eine Modernisierung und müssen sich in hybride Ökosysteme integrieren lassen. Das erkennen immer mehr Unternehmen und leiten entsprechende Projekte in die Wege.

Stand der Mainframe-Nutzung und -Modernisierung

90 Prozent der Unternehmen, die Mainframe im Einsatz haben, geben an, dass ihr Geschäftsbetrieb zu einem gewissen Teil immer noch von diesen abhängig ist. Zu diesem Schluss kam eine Umfrage unter 500 IT-Entscheidern, unter anderem auch aus Deutschland, die der IT-Dienstleister Kyndryl im letzten Jahr durchführte. Gefragt nach den wichtigsten Merkmalen von Mainframes, nennen IT-Entscheider Sicherheit (68 Prozent), Zuverlässigkeit (60 Prozent) und Leistung (55 Prozent).

Doch eine Evolution ist im Gange: Mit der Entwicklung digitaler Technologien transformieren Organisationen die Mainframe-Nutzung, um Verbesserungen in Bezug auf Zugänglichkeit, Effizienz und Rentabilität zu erreichen. Unternehmen, die ihre Mainframe-Strategien aktualisieren möchten, erwarten erhebliche Kosteneinsparungen und einen bedeutenden Anstieg der Rentabilität. Ihre Projekte vollständig umsetzen konnten allerdings bisher lediglich 14 Prozent der befragten Unternehmen. Dies mag unter anderem auch an fehlenden Fachkräften liegen.

Fehlende COBOL-Skills

Die Mainframe-Programmiersprache COBOL ist inzwischen 65 Jahre alt. Anders als viele entsprechende Experten wird die Sprache allerdings noch nicht in Rente gehen. COBOL wird auch zukünftig noch entscheidend sein, um den effizienten Betrieb und die Sicherheit von Mainframe-Umgebungen zu garantieren. Je mehr Mainframe-Experten allerdings in den Ruhestand gehen, desto mehr Expertise und Wissen schwinden im Unternehmen.

Berufseinsteiger verfügen dagegen in der Regel über keine entsprechenden Fähigkeiten, da COBOL in der heutigen Ausbildung und in Studiengängen nicht priorisiert wird. Auch vor diesem Hintergrund ist die Mainframe-Modernisierung ein dringendes Anliegen. Doch dabei droht ein neues Dilemma: Fehlende Skills können den Prozess verzögern und Unternehmen können mit neuen Herausforderungen konfrontiert werden. Aus diesem Grund holen sich fast drei Viertel (74 Prozent) der befragten Unternehmen externe Expertise ins Haus, um fehlende Kompetenzen auszugleichen.

Drei Modernisierungsansätze

Wenn sich Unternehmen Unterstützung durch einen Partner gesucht haben, oder sicher sind, dass sie ein Projekt in Eigenregie stemmen können, bleibt noch die Frage, wie sie genau vorgehen möchten. Dazu stehen grundsätzlich drei verschiedene Ansätze zur Verfügung: Modernisierung der Mainframe-Umgebung, die Integration mit anderen Plattformen sowie die komplette Stilllegung des Mainframe-Betriebs beziehungsweise die vollständige Migration in eine Cloud-Umgebung.

1. Modernisierung

Unternehmen, die wichtige Workloads weiterhin auf dem Mainframe betreiben wollen, müssen kontinuierlich modernisieren, um in einer schnelllebigen Geschäftswelt Vorteile zu erzielen. Der häufigste Ansatz besteht darin, Leistung und Kapazität zu optimieren und Software zu rationalisieren. Unternehmen müssen entscheiden, welche Anwendungen sie beibehalten, ersetzen, abschaffen oder konsolidieren wollen.

Weitere wichtige Maßnahmen sind die Integration von DevSecOps in die Mainframe-Umgebung, die Entwicklung, IT-Betrieb und Sicherheit für effiziente Prozesse zusammenführt. Oft werden zudem Mainframe-Programme zur neuesten Version kompiliert, um ihre Leistung zu verbessern. Beim Optimieren von Anwendungen, die auf dem Mainframe verbleiben sollen, verwenden viele IT-Teams Container und Microservices, die eine größere Flexibilität bieten. Container sind darauf ausgelegt, Anwendungen portabler und skalierbarer zu machen, während Microservices mehr Agilität zur Unterstützung von Innovationen liefern können. Im Zuge einer Mainframe-Modernisierung profitieren Unternehmen unter anderem von:

  • Transformation von Mainframe-Anwendungen mit modernen Programmiersprachen

  • Öffnung durch Programmierschnittstellen (APIs)

  • Datenfreigabe

  • DevOps oder DevSecOps Integration

  • Konsolidierten Linux-Workloads

  • Der Möglichkeit, mehr zu automatisieren und künstliche Intelligenz für IT-Operationen (AIOps) einzuführen

  • Der Erhaltung der Datensicherheitsfunktionen des Mainframes

2. Integration

Dieser Ansatz umfasst die Integration von Mainframe-Anwendungen, Daten und Infrastruktur mit anderen Plattformen, einschließlich der Cloud, um die technologischen Möglichkeiten von Unternehmen zu erweitern. Wesentliche Vorteile der Verwendung dieses integrierten Ansatzes sind, schnelleres Innovationstempo, erhöhte Flexibilität und Nutzung wertvoller Mainframe-Daten in der Cloud. Einige Unternehmen integrieren Mainframe-Anwendungen direkt mit der Cloud, während andere sich dafür entscheiden, zusätzliche as-a-Service-Optionen neben dem Infrastructure-as-a-Service-(IaaS)-Cloud-Computing-Modell einzusetzen. Unternehmen können den Mainframe mit großen öffentlichen Cloudanbietern, privaten Clouds oder verteilten Umgebungen integrieren. Dies umfasst:

  • Anwendungs- und DevOps-Integration

  • Datenintegration

  • Managementintegration

  • Physische Nähe durch Hochgeschwindigkeitsnetzwerkverbindungen, die die Lokalisierung des Mainframes und der Cloud in unmittelbarer Nähe zueinander ermöglichen

3. Vollständige Migration

Der Weg, den Unternehmen am seltensten gehen, ist der vollständige Verzicht auf den Mainframe. Zu groß sind offenbar die Pluspunkte, die die Technologie noch immer auszeichnet. Gerade in der Verarbeitung von Transaktionen bringt eine Umstellung auf andere Infrastrukturen oft keine praktischen Vorteile, kostet aber dennoch Geld. Verständlicherweise überlegen sich Unternehmen solche Investitionen daher sehr gut. Die Situation ist allerdings auch immer individuell zu bewerten.

Am Ende eines Hardware-Lebenszyklus kann es beispielsweise sinnvoll sein, auf die Cloud umzustellen, anstatt in neues Mainframe-Equipment zu investieren. Inzwischen gibt es auch für die Finanzbranche, der traditionellen Domäne des Mainframe, entsprechende spezialisierte Cloudansätze. Neobanken, die von Beginn an cloudnative gestartet sind, setzen ohnehin bereits auf diese Alternative.

Fazit

Ob und wie ein Mainframe modernisiert oder ersetzt wird, ist immer individuell zu entscheiden. In den meisten Fällen dürfte die Integration in eine hybride Umgebung die Alternative der Wahl darstellen – auch vor dem Hintergrund einer Kosten-Nutzen-Abwägung. Cloud um der Cloud Willen muss nicht sein. Nicht alle Anwendungen haben die gleichen Anforderungen an Skalierbarkeit und Leistung oder den gleichen Bedarf nach Anpassung.

Mehr Agilität ist kein Vorteil für statische Anwendungen, die sich nicht ändern. Anwendungen mit geringen Transaktionsvolumina müssen möglicherweise nicht für massenhafte Skalierbarkeit aktualisiert werden. Es gilt, jede Anwendung und ihre zugehörigen Daten individuell im Hinblick auf Kosten sowie geschäftliche und technische Anforderungen zu untersuchen. So zeigt sich, welche Workloads auf dem Mainframe verbleiben können und welche migrierbar sind.

Autor: Benedikt Ernst, Consult Leader bei Kyndryl Deutschland

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