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Du bist wichtig, Dein Beitrag ist wichtig, Du wirst hier gesehen – Du „matterst“! - Christian Thiele | positiv-fuehren.com

Mattering-Maps: Was sie sind, was sie bringen, wie sie erstellen als Führungskraft

Die meisten von uns arbeiten nicht bloß für die Überweisung am Ende des Monats oder für das Bankkonto. Wer ein Wofür, ein Wozu hat, arbeitet meist motivierter, engagierter. Mit der sogenannten Mattering-Map kannst Du als Führungskraft das Wofür deutlicher und erlebbarer machen. Was die Mattering-Map ist, wie Du sie erstellst – und wozu überhaupt –, darum geht’s in diesem Beitrag.

Wozu ein Wozu brauchen

Hast Du einen Bullshit-Job? Eine Arbeit, deren Wert, Bedeutung, Sinn, Beitrag etc. Dir nicht wirklich klar ist? Der Anthropologe David Graeber stellte in einem vielbeachteten Aufsatz vor einigen Jahren die Theorie der sogenannten Bullshit-Jobs auf: „It's as if someone were out there making up pointless jobs just for the sake of keeping us all working.“

Neun von zehn Befragten geben an, sie würden lieber weniger verdienen und dafür einen sinnvollen Job machen – so das Ergebnis einer Studie mit über 2000 Befragten unterschiedlicher Gehaltsstufen und unterschiedlicher soziodemographischer Herkünfte aus 26 unterschiedlichen Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Im Durchschnitt bewerteten die Befragten die persönlich erlebte Sinnhaftigkeit mit 49 von 100 Punkten – und sie würden im Austausch für sinnvolle Arbeit auf mehr Gehalt verzichten, als die US-AmerikanerInnen durchschnittlich für ihren Immobilienkredit aufbringen.

„All human beings prefer meaningful work to meaningless work … If work is meaningless, then life comes close to being meaningless“, schrieb schon der große humanistische Psychologe Abraham Maslow. Das was Maslow so empfand und theoretisch formulierte, haben später zahlreiche Studien belegen können. So etwa eine große Meta-Analyse, die 146 unterschiedliche Einzeluntersuchungen mit 70.541 Teilnehmenden zusammengefasst hat und derzufolge als sinnvoll erlebte Arbeit in Verbindung steht mit

  • erhöhter Motivation

  • erhöhter Loyalität zur Organisation

  • besseren Verbindungen zu Kollegen

  • höherer Lebenszufriedenheit

  • niedrigerer Burn-out-Belastung

  • geringeren Kündigungsabsichten

  • reduzierten Stresswerten

  • selteneren kontraproduktiven Verhaltensweisen uvm.

Auch scheint es so zu sein, dass, wer seiner Arbeit Bedeutung und Sinn abgewinnen kann,

  • schneller befördert wird,

  • mehr Gehalt bekommt

  • und resilienter ist im Umgang mit Herausforderungen und Belastungen – das geht aus einer Studie hervor, die Martin Seligman vor kurzem veröffentlicht hat.

Apropos: Seligman hat vor einigen Jahren mit dem PERMA-Modell das vielleicht am meisten beforschte oder mindestens zitierte Modell menschlichen Wohlbefindens entwickelt. Es postuliert, dass Positive Emotionen, Engagement (also Stärkenorientierung und Flow-Momente), soziale Verbindungen („relationships“), die subjektiv empfundene Sinnhaftigkeit („meaning“) und erlebte Erfolgsmomente („accomplishment“) wesentlich zu einem erfüllten Dasein beitragen. Dr. Markus Ebner hat daraus das PERMA-Lead-Modell für positives Führen entwickelt.

Die aktuelle Forschung tendiert aber eher dazu, „meaning“ durch „mattering“ zu ersetzen, vor allem in der Arbeitswelt. „Mattering“ kommt ja schließlich auch von „Materie“, ist also fühlbarer, konkreter, messbarer, umsetzbarer und weniger vage als „Meaning“. Mattering zeigt demnach u.a. auf, dass

  • ich gesehen werde

  • ich signifikant, wichtig bin für andere

  • andere auf mich bauen können

  • andere persönlich Anteil haben an meinem Da-Sein

  • meine An- und meine Abwesenheit eine Rolle spielen

  • mein Handeln gewertschätzt werden und bedeutsam sind

❓Es gibt verschiedenste Arten und Gelegenheiten, um Mitarbeitenden deutlich zu machen, dass sie buchstäblich „wertvoll“ sind. Machst Du das bereits? Wann? Was kommt bei wem wie gut an?

Hier noch ein paar weitere Anregungen, Du könntest

  • bewusst nachfragen, was jemand möchte oder denkt

  • Zeit und Energie in das Wohlbefinden von jemandem investieren

  • den Glauben an andere und ihre Fähigkeiten ausdrücken

  • Interesse dafür zeigen, welche Hoffnungen, Ängste, Interessen und Werte jemand hat

  • mit Mitgefühl reagieren, wenn Anteilnahme gerade offensichtlich benötigt wird

  • Bemühungen, Leistungen und Erfolge anerkennen

  • Dankbarkeit als Form der Wertschätzung ausdrücken

Vieles davon machst Du sicher eh schon. Eine weitere mögliche Anregung: die Mattering-Map.

Wie geht die Mattering-Map?

Angelehnt an Gabriela Kellerman und Martin Seligman schlage ich für Deine Arbeit die Mattering-Map als ein konkretes Tool vor, mit dem Du Dir selbst, aber auch Deinen Mitarbeitern den Wert, den Beitrag, den Sinn ihres Tuns besser vor Augen führen kannst. Sie gibt Antwort auf Fragen wie: „Für wen und was bin ich wichtig?“, „Was würde ohne mich hier fehlen?“ und „Wie sehen die anderen hier meinen Beitrag, Wert, meine Bedeutung?“

  • Du könntest Namen und ggf. auch Foto der jeweiligen Person zur Mattering-Map ergänzen

  • Im innersten Kreis kannst Du Organisationswerte oder andere positive Ressourcen, für die die Person besonders steht, einfügen – also Leitwerte, die das Teammitglied in Deinen Augen verkörpert.

  • Was würde (menschlich, persönlich …) fehlen, wenn es die betreffende Person nicht gäbe? Welchen Unterschied macht sie für die Stimmung, das Klima, die Beziehungen?

  • Welche Teams oder anderen Einheiten in der oder außerhalb der Organisation hat die Person in der letzten Zeit positiv beeinflusst? Testimonials mit Zitaten, Feedback-Mails, Beispiele etc.: All das kommt in den dritten Kreis, damit das Teammitglied wirklich versteht, inwiefern sie oder er einen relevanten Unterschied macht für andere.

  • Und drittens, im dritten Feld: Welche organisationalen Ergebnisse hat das Teammitglied geschaffen, produziert, ermöglicht – oder dabei geholfen? Vielleicht findest Du auch hier wieder drei, vier konkrete Beispiele, wie etwa Umsatz um X € gesteigert, Kundenzufriedenheit um Y Punkte verbessert, Reklamationsquote um Z % reduziert.

  • Es ist dabei sinnvoll, wenn die Teammitglieder durch die Mattering-Map wirklich etwas Neues erfahren, das ihnen vielleicht vorher noch nicht klar war, das ihre eigenen „blind spots“ ausleuchtet, das zeigt, dass das vermeintlich Selbstverständliche so selbstverständlich vielleicht gar nicht ist.

  • Am besten gehst Du die Mattering-Map mit den Teammitgliedern im Eins-zu-eins-Gespräch durch, damit sie auch wirklich verstehen, was mit den einzelnen Punkten gemeint ist, vielleicht hast Du ja auch spezifische Situationen, Zitate etc., die die einzelnen Aspekte konkretisieren können – ein schönes Zeichen der Wertschätzung!

Hier findest Du ein Template, das Du für die Mattering-Map nutzen kannst.

Viel Gaudi und Gelingen damit! Ich freue mich zu hören, was Du damit anfangen oder nicht anfangen konntest.

P.S.: Du machst, Ihr macht, Sie machen das gut!

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Du willst als Führungskraft noch mehr Praktiken und Rituale kennenlernen, um Positive Leadership in der Theorie begreifen und in der Praxis anwenden können, für Dich selbst und Deine MitarbeiterInnen, Deine Organisation? Dann freue Dich auf meinen nächsten Positive Leadership-Workshop nahe München am 28. und 29. November, wo wir das PERMA-Lead-Modell positiven Führens durcharbeiten – aktuell noch zum rabattierten Early-Bird-Tarif:

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Kommentare

Christian Thiele schreibt über Positive Leadership, Positive Psychologie, Führung, Wirtschaft & Management

Christian Thiele, 48, ist Vortragsredner, Coach, Teamentwickler und Trainer für Positive Leadership. Sein Podcast „Positiv Führen“ ist auf 🎧 positiv-fuehren.com/podcast zu hören, sein Buch "Positiv Führen" ist bei Wiley erschienen. (Ski-)Bergsteiger, (meist) zuversichtlicher Patchworkvater. 

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