Mein Chef untergräbt meine Autorität – was tun?
Ihr Chef stellt ihre Entscheidungen öffentlich in Frage, verlängert über ihren Kopf hinweg Abgabefristen, die sie zuvor mit ihren Mitarbeitern ausgehandelt hat: Unsere Leserin möchte gegensteuern. Führungskräftecoach Nico Rose erklärt, wie sie dabei vorgehen sollte.
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Frage: Wie bringe ich meinen Chef dazu, meine Autorität anzuerkennen und diese nicht öffentlich zu untergraben?
Die Antwort vom WiWo Coach Nico Rose, Führungskräftecoach und Psychologe: Kommt dieses Verhalten nur ab und zu vor, rate ich Ihnen, ein Auge zudrücken. „Pick your battles!“, nannte sich das in meinem früheren Job. Geschieht es jedoch regelmäßig, haben Sie ein Problem. In diesem Fall würde ich dazu raten, den Vorgesetzten unter vier Augen mit dem Thema zu konfrontieren. Gerne außer der Reihe – aber wenn es nicht anders geht, kann man so etwas auch im Jahresgespräch thematisieren.
Der springende Punkt: Ein solches Verhalten schwächt Ihre Position in der Rolle gegenüber Ihren eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Letztlich erzeugt es Komplexität und die führt oft zu übervorsichtigem Verhalten und Verzögerungen.
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Fragen Sie in dem Fall möglichst freundlich, wozu (nicht: warum) ihre Führungskraft so agiert. Sprich: Was ist die Intention? Im besten Fall ist es einfach Unachtsamkeit auf Seiten des Vorgesetzten, weil die Person manchmal Themen schnell vom Tisch haben möchte und sich der Nebenwirkungen nicht bewusst ist. Ist dem so, müsste ein vorsichtiger Hinweis auf die negativen Konsequenzen für Ihre Rollenausübung bereits helfen.
Möglicherweise erläutert Ihre Führungskraft Ihnen auch, warum sie bestimmte Entscheidungen gefällt beziehungsweise Ihre Entscheidungen überstimmt hat. Das wäre dann eine Lernchance für Sie, weil es Ihnen helfen kann, die Prioritäten der nächsthöheren Ebene besser zu verstehen.
Liefert Ihre Führungskraft hingegen keine vernünftigen Gründe oder wimmelt Sie ab, geht es im weiteren Sinne um ein Machtspiel. An diesem Punkt würde ich a) nochmals deutlich darauf hinweisen, dass ein solches Verhalten Ihre Autorität untergräbt.
Zudem könnten Sie b) aufzeigen, dass der Vorgesetzte sich dadurch zusätzliche Arbeit aufhalst, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu erzogen werden, bestehende Kommunikationswege außer Kraft zu setzen. Die Person schneidet sich also ein Stück weit ins eigene Fleisch. Zeigt das keine Wirkung, so könnten Sie darüber nachdenken, sich mit dem Thema in einem angemessenen Rahmen an die Führungskraft Ihres Vorgesetzten zu wenden.
Aber Achtung: Das ist ein echter „Power Move“ und kann das Verhältnis zu Ihrer Führungskraft nachhaltig beeinträchtigen. Diesen Weg sollten Sie folglich nur gehen, wenn Sie alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben – und sich zudem sicher sind, dass die Führungskraft des Vorgesetzten das Thema so ähnlich beurteilt wie Sie. Sonst läuft dies auf ein empfindliches Eigentor hinaus.
Nico Rose ist einer der führenden Experten für positive Psychologie in Deutschland. Er coacht Führungskräfte und unterstützt Unternehmen bei der Team- und Organisationsentwicklung
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