Mitarbeiterbindung: Loyalität ist keine Einbahnstraße!
Angestellte sollen sich ihrem Arbeitgeber gegenüber loyal verhalten, doch wie verbunden fühlen sich Arbeitgeber eigentlich noch ihren Mitarbeitern? Wie Management und Führung in wirkungsvolle Mitarbeiterbindung investieren.
Studien zur Mitarbeiterzufriedenheit zeigen seit Jahren, dass sich die Identifikation mit und die Loyalität gegenüber dem eigenen Arbeitgeber immer weiter im Sinkflug befinden. Für viele Angestellte hat der tägliche Gang zur Arbeit kaum noch etwas mit Verbundenheit oder sogar Treue zu tun. Sie bereichernd zu erfahren, Leidenschaft und Hingabe zu verspüren, gar Freude im Beruf zu empfinden, alles das ist für viele heute mehr Wunsch als erlebte Realität.
Auch wenn Konzerne Start-up spielen und das kollektive Du ausrufen, den Kickertisch aufstellen und in der Kantine Vitamine statt Pommes servieren, reicht dies alles scheinbar nicht mehr aus, um in der Masse der Angestellten ein Gefühl von Loyalität entstehen zu lassen. Arbeitskollegen werden selten noch beste Freunde fürs Leben, Teams arbeiten zwar neuerdings agil, doch weiterhin mehr gegen- als miteinander und das, was am Ende des Tages bleibt, ist das dumpfe Gefühl, dass Arbeit mehr Mittel zum Zweck als wertvoller Teil des Lebens ist.
Und so mutet es fast undankbar an, wenn sich die wechselfreudig Sprunghaften von Job zu Job schwingen auf der unentwegten Suche nach dem, was für sie berufliche Entwicklung wirklich bedeutet.
Wem gegenüber sollten sie noch loyal sein - außer sich selbst?
Loyale Mitarbeiter sind das Ergebnis loyaler Arbeitgeber
Ist es nicht merkwürdig, dass wir mit dem Finger auf die untreuen Angestellten zeigen, wenn es um Loyalität geht? Mitarbeiter haben ihrem Arbeitgeber gegenüber loyal zu sein. So ist das! Es erscheint nahezu abwegig, dass auch Arbeitgeber ihren Mitarbeitern gegenüber loyal sind. Vielmehr herrscht oftmals noch das Verständnis, Angestellte können sich glücklich schätzen, für dieses Unternehmen arbeiten zu dürfen.
Doch Mitarbeiterloyalität ist nicht das Ergebnis hochtrabend klingender Titel und Marken, der Gehaltsspritze oder dem routinierten Lob im jährlichen Mitarbeitergespräch, sondern das individuelle Erleben von echtem Interesse eines Arbeitgebers an den persönlichen Stärken und Werten eines Menschen. Wertschätzung bedeutet Werte schätzen.
Wer als Arbeitgeber nicht erkennt oder sogar bewusst missachtet, was jedem seiner besten Angestellten wirklich wichtig ist, darf sich über ungenügende Loyalität nicht wundern.
Vertrauen ist Investition in Loyalität
Die Zahl der befristeten Neueinstellungen ist mit 45 Prozent (2016) weiterhin auf hohem Niveau. Besonders auffällig ist der Anstieg der Befristungen bei jungen Arbeitnehmern, dabei sind gerade dieser Generation Sicherheit und Zukunft besonders wichtig. Jede Befristung ohne Sachgrund und damit verdeckt verlängerte Probezeit ist das klare Signal an Angestellte, sich unkompliziert wieder trennen zu können. Langfristige Verbundenheit unerwünscht.
Wie können Mitarbeiter Loyalität entwickeln, wenn sie in Zweijahresabständen um ihren Job bangen? Warum sollten sie sich engagiert einbringen und nachhaltige Beziehungen zu Vorgesetzten und Kollegen aufbauen, wenn sie erst gar nicht ankommen können?
Wer Mitarbeiter an sein Unternehmen binden möchte, der sollte in Zutrauen und Vertrauen investieren statt mit Befristungen Misstrauen zu demonstrieren.
Loyalität erfordert gemeinsame Ziele
Partizipative oder sogar demokratische Führung stehen auf den bunten Fahnen vieler Unternehmenslenker, doch die wichtigen, strategischen Themen werden vielerorts immer noch hinter dicken, verschlossenen Türen diskutiert. Entscheidungen werden von oben herab verkündet und viel zu häufig erfahren Mitarbeiter zuerst aus der Presse oder dem Flurfunk von Übernahmen, Standortverlagerungen, neuen Geschäftsfeldern oder Personalabbau.
Partizipation ist mehr als Mitbestimmung bei der Schicht- und Urlaubsplanung oder der Organisation des nächsten Betriebsausfluges. Ich treffe in Coachings häufig auf Angestellte und Führungskräfte, die aktiv mitgestalten sowie Dinge bewegen möchten und denen es wichtig ist, ihre Arbeit als Wirksamkeit in der Gestaltung zu erleben.
Doch vielen von ihnen werden die Handschellen angelegt und zuvor verliehene Entscheidungskompetenzen wieder beschnitten, bevor sie Staub aufwirbeln und mit ihren Macher-Qualitäten Unruhe in das eh schon viel zu hektische Treiben des Tagesgeschäftes bringen können. Macher müssen machen dürfen, dann klappt’s auch mit der Loyalität.
Verbundenheit zwischen Mitarbeitern und ihrem Arbeitgeber kann nur entstehen, wenn Ziele nicht nur mitgeteilt, sondern auch miteinander geteilt werden.
Management und Führung werden in den nächsten Jahren verstärkt in der Verantwortung sein, in Loyalität zu investieren. Führung ist das Management guter Beziehungen. Gelingt es, trotz zunehmender Dynamik und Komplexität der Arbeitswelt auch die gemeinsame Arbeit an guten Beziehungen zwischen Menschen sowie deren Entwicklung auf Basis ihrer individuellen Werte und Ziele als integrale Aufgabe und ökonomisches Ziel zu verstehen, wird sich dies spürbar in Form von steigender Verbundenheit von Talenten und Potenzialträgern mit ihrem Arbeitgeber auszahlen.
Dieser Beirag ist zuerst am 5.2.2018 in meiner Kolumne auf WELT/Bilanz erschienen.