Nachhaltige Berufsbekleidung: Worauf es ankommt
Bei der Arbeitskleidung steigt das Umweltbewusstsein immer mehr
Im Kontext der Nachhaltigkeit spielt das Thema Berufsbekleidung oft nur beiläufig eine Rolle. Dabei ist die Sicherheit geprüfter Inhaltsstoffe bei Arbeitskleidung, die täglich viele Stunden mit der Haut in Berührung kommt, besonders wichtig. So finden sich bei Baumwolle, die nicht aus Bio-Anbau stammt, oftmals Pestizidrückstände. Wichtig ist deshalb, dass Einkäufer von Berufskleidung darauf achten, dass sie möglichst zertifizierte Bio-Baumwolle beziehen. Im April 2017 führte die Hakro GmbH, einer der größten Anbieter von Corporate Fashion in Deutschland, seine erste Organic-Kollektion mit zertifizierter Bio-Baumwolle ein, die nach den Maßstäben des „Global Organic Textile Standard“ (GOTS) angebaut und verarbeitet wird.
Seit 2007 werden nicht nur Lebensmittel, sondern auch Textilien mit dem Informationszeichen Fairtrade ausgezeichnet. Fairtrade Cotton umfasst die Fairtrade-Standards für Baumwolle, die nur für Kleinbauernorganisationen und Vertragsbauern gelten. Sie sollen das Leben der Baumwoll-Bauernfamilien nachhaltig verbessern. Das Textilsiegel GOTS, das vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN / Deutschland) zusammen mit der Soil Association (England), der Organic Trade Association (USA) und der Japan Organic Cotton Association (Japan) entwickelt wurde, gilt für die Verarbeitung von Textilien aus biologisch erzeugten Naturfasern und definiert umwelttechnische Anforderungen entlang der gesamten textilen Produktionskette. Nur Textilprodukte, die aus mindestens 70 Prozent biologisch erzeugten Naturfasern bestehen, können gemäß GOTS zertifiziert werden.
Mit der Selbstverpflichtung „Cotton Made in Africa“ zu beziehen, folgte bei HAKRO die zweite Maßnahme zur Erhöhung des Anteils nachhaltig erzeugter Naturfasern. Das Unternehmen strebt einen Anteil nachhaltig erzeugter Baumwolle bis 2022 von bis zu 50 Prozent an, testet Alternativen zu Polyester, Polyamid & Co., verbannt noch vorhandene gefährliche Stoffe aus der Produktion. Generell ist zu beobachten, dass aufgrund der steigenden Nachfrage nach nachhaltiger Berufskleidung immer mehr Anbieter auf Materialien wie Bio-Leinen, Bio-Baumwolle oder recycelten Polyester (Quelle: memo) setzen. 15 PET-Flaschen und 30 % Neumaterial ergeben beispielsweise eine Jacke, die selbst ist wieder voll recyclingfähig ist.
HAKRO nimmt auch teil am „Bangladesh Accord“ für den Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Textilproduktion Bangladeschs. Eingeflossen in die Unternehmensstrategie sind darüber hinaus die Ziele des Bündnisses für nachhaltige Textilien. 2014 wurde - als Reaktion auf den Gebäudeeinsturz von Rana Plaza in Bangladesch – dieses Bündnis gegründet, das Synergien vieler Stakeholder entlang der Textillieferkette bündelt und das Ziel verfolgt, Produktion, Verarbeitung und Handel mit Textilien sozial und ökologisch nachhaltiger zu gestalten. Das betrifft unter anderem die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitssicherheit, den Einsatz von Chemikalien und die Zertifizierung von Textilien. Mit dem Beitritt verpflichten sich die Mitglieder zu einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, der von unabhängigen Dritten überprüft wird.
Seit fast drei Jahrzehnten produziert auch Workline moderne Berufsbekleidung. Zu den Partnern an der Seite des Unternehmens gehören neben den Firmen ID-Identity, Greiff und Nimbus DK auch HAKRO. Engelbert strauss hat sich ebenfalls auf die Herstellung und den Vertrieb von nachhaltiger Arbeitskleidung, Ausrüstung und Ähnliches spezialisiert. Das familienunternehmen engagiert sich zudem in Umweltinitiativen wie „Cotton made in Africa“ und unterstützt damit den nachhaltigen Anbau von Baumwolle. Seit 2016 ist das Unternehmen zudem Mitglied der Fair Wear Foundation (FWF) und setzt sich damit stark für gute Arbeitsbedingungen ein. Die Mitglieder dieser europäischen Multi-Stakeholder-Initiative zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie akzeptieren den „FWF-Code of Labor Practise“. FWF kontrolliert, zertifiziert und unterstützt seine Mitglieder in diesem Bereich. Die Initiative bietet ein Beschwerdesystem für Mitarbeiter in FWF-zertifizierten Produktionsstätten.
Auch CWS-boco mit Sitz in Duisburg ist einer der größten deutschen Textilserviceanbieter. Das Unternehmen bietet Arbeitsbekleidung im Mietservice an. Seit 2016 werden Teile dieses Sortiments aus Fairtrade-Baumwolle hergestellt. Das bedeutet konkret: Das Unternehmen zahlt für die Arbeitskleidung aus Fairtrade-Baumwolle den produzierenden Bauernkooperativen einen festen Mindestpreis, der über dem üblichen Abnahmepreis der Region liegt. Dies gibt den Bauern finanzielle Sicherheit, hinzu kommt eine Prämie für bestimmte Abnahmemengen. Vor Ort wird das Geld für gemeinschaftliche Projekte in der Infrastruktur, im Sozialbereich oder der Bildung eingesetzt. Die umweltschonendere Produktionsweise soll vor allem durch das Verbot des Einsatzes von genmanipuliertem Saatgut und gefährlichen Chemikalien sichergestellt werden, denn seit Jahrzehnten zielen die Akteure des industriellen Agrarmodells darauf ab, bäuerliche Saatgutsysteme durch industrielle Saatgutsysteme zu ersetzen, was mit einer Vereinheitlichung der Landwirtschaft verbunden ist und mit dem weltweiten Verlust der Kulturpflanzenvielfalt einhergeht (deshalb engagieren sich viele Menschen, Unternehmen und Organisationen weltweit gegen den Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen und streben solidarische Netzwerke an, in denen Kooperationen mit Züchterinnen, Erhaltungsinitiativen und Vermehrungsbetrieben eine vielfaltsbetonte Saatgutstruktur bilden).
Da Fairtrade-Baumwolle per Hand gepflückt wird, fällt auch der Einsatz von Entlaubungsmitteln weg. Die Bauern werden außerdem in ressourcenschonender Bewässerung geschult. Die Einhaltung dieser Standards wird von der unabhängigen Zertifizierungsorganisation FLO-CERT überprüft.
Nachhaltigkeitsstrategien
Da das Thema Berufsbekleidung nicht immer in Nachhaltigkeitsberichten erwähnt wird, sollte bei Interesse direkt bei den Unternehmen nachgefragt werden: Woher wird die Bekleidung bezogen? Woran erkennt man, dass sie wirklich umweltfreundlich und nachhaltig ist? Das Familienunternehmen Häcker Küchen in Rödinghausen antwortete, dass seine Berufsbekleidung von namhaften Unternehmen aus der Region bezogen wird, dazu gehört Pionier in Herford, Polo- und Sweatshirts werden von HAKRO und Hemden von Seidensticker bezogen. Pionier Workwear ist nach DIN ISO 9001 zertifiziert. Gefertigt wird hauptsächlich in Europa. In der Herstellung setzt das Unternehmen ausschließlich hochwertige Materialien ein, die zuvor strenge Qualitätskontrollen bestehen müssen. Darüber hinaus ist Pionier Workwear überwiegend Oeko-Tex-100 zertifiziert. Seidensticker fertigt zwar in Asien - allerdings in eigenen Betrieben. Es gibt einen eigenen Code of Conduct, SA 8000-Standard, Oeko-Tex-100-Zertifikat, BSCI, sozial-fair, ILO. Das Unternehmen ist außerdem Mitglied im Bündnis für nachhaltige Textilien.
Am 25. September 2015 wurden durch die Staatengemeinschaft auf ihrer 70. Generalversammlung in New York die 17 „Sustainable Development Goals“ (SDGs) beschlossen, die bis zum Jahr 2030 erreicht werden sollen. Dazu gehören Armutsbekämpfung, Gesundheitsförderung, nachhaltiges Wirtschaften, nachhaltige Produktion und Klimaschutz. Mit ihrer Verabschiedung erklärten die Mitgliedsstaaten (darunter auch Deutschland), ihre Absicht, die Transformation im Hinblick auf eine ökologisch, ökonomisch und sozial tragfähige Zukunft voranzubringen. Mit ihren Nachhaltigkeitsstrategien wollen Unternehmen wie Häcker und HAKRO einen nennenswerten Beitrag leisten (Quellen: Nachhaltigkeitsbericht).
Weiterführende Informationen:
Aus Tradition verantwortungsvoll. Nachhaltigkeitsbericht 2019/2020. Hg. von Häcker Küchen GmbH & Co. KG. Rödinghausen 2019.
Anja Banzhaf: Saatgut. Wer die Saat hat, hat das Sagen. Oekom Verlag, München 2016.
Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Gut zu wissen... wie es grüner geht: Die wichtigsten Tipps für ein bewusstes Leben. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2016.
Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Gut in Mode: Wissenswertes über nachhaltige Bekleidung und Textilien. Amazon Media EU S.à r.l. 2017.