Nachhaltigkeit und Gesellschaft: Schlaf muss eine leistungsfreie Zone bleiben
Auswirkungen des Schlafmangels – und was wir über einen gesunden Schlaf wissen sollten. 12 Tipps für einen besser Schlaf.
In den letzten Jahren ist viel über den Wert des Schlafes diskutiert und geschrieben worden. Aber wirklich geändert hat sich nicht viel: Der leuchtende Bildschirm bleibt das Symbol unserer Schlaflosigkeit. Große Flachbildfernseher, Videospielkonsolen, Laptops, Tablets – all diese Geräte mit Stand-by-Leuchten machen es dem Gehirn schwer, in den Tiefschlaf zu finden. Auch Schlaf-Apps, Schlafphasenwecker und Aktivitätstracker treten unsere innere Uhr mit Füßen. Noch immer verbindet unsere Leistungsgesellschaft Schlaf häufig mit Zeitverlust: Dass wir ein Drittel unseres Lebens verschlafen, halten viele für verwerflich. Bekanntlich schlafen Menschen mit einem ausgeprägten Kontrollbedürfnis schlechter, weil es sie beunruhigt, wenn sie den Schlaf nicht steuern können.
Viele Menschen kümmern sich nachts um volle Akkus bei ihren Smartphones, aber sie können ihre eigenen Batterien nicht mehr aufladenAndreas Storm
Stressbelastung und Schlafmangel beeinflussen massiv die eigene Intelligenz, Selbstachtung, Empathie, Entscheidungsvermögen, Produktivität und Kreativität. Jahrelang haben sich vor allem Manager und Sportler gerühmt, dass es ihnen möglich ist, rund um die Uhr zu arbeiten und mit fünf Stunden Schlaf oder weniger auszukommen. Jeder Vierte bis Fünfte leidet heute an einer Schlafstörung. Dazu gehören Schlafapnoe, Albträume, Restlless Legs sowie Einschlaf- und Durchschlafstörungen. Selbst Säuglinge sind heute immer länger wach.
Die Forderung nach acht Stunden Arbeit, acht Stunden Freizeit und acht Stunden Schlaf ist erst im 19. Jahrhundert durch die Arbeiterbewegung aufgekommen. In den USA wird heute von einer Sleep Crisis gesprochen. Der Schaden für die Volkswirtschaft beträgt etwa 411 Milliarden Dollar jährlich. Der Versicherungskonzern Aetna hat hier inzwischen ein Prämiensystem eingeführt, bei dem Mitarbeiter einen 500-Dollar-Bonus erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie durchschnittlich sieben Stunden pro Nacht schlafen.
„Schlafmangel kann krank machen, dumm und dick“, sagt der Regensburger Schlafforscher Jürgen Zulley. Wenn wir nur fünf statt acht Stunden schlafen, kann es dazu führen, dass wir die falschen Entscheidungen treffen und unsere Gedächtnisleistung geschwächt wird. Charles Czeisler, Professor an der Harvard University in Cambridge/ Massachusetts, bemerkt sogar, dass müde Manager wie Betrunkene handeln. Außerdem behandeln sich müde Führungskräfte, Manager und Angestellte gegenseitig schlechter. Etliche Studien bestätigen, dass Schlafmangel die Lernfähigkeit verringert, den Stuhlgang stört und das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigert. Ein gesunder Schlaf ist wichtig für die Regeneration und unsere mentale Fitness.
Ausgeschlafene Menschen können sich besser konzentrieren, machen weniger Fehler, reagieren schneller, treffen klügere Entscheidungen und haben weniger Krankenstände. Schlafverzicht ist die "Antithese intelligenten Managements", sagt Charles Czeisler, Professor an der Harvard Medical School und weltweit einer der renommiertesten Schlafforscher. Er fordert von Unternehmen sogar Richtlinien, die für ausreichend Schlaf bei ihren Mitarbeitern sorgen. Firmen mit einer nachhaltigen Führungs- und Unternehmenskultur berücksichtigen die Eigen-Zeiten der Kreativen genauso wie Aus-Zeiten für alle Mitarbeiter: So stehen in der Züricher Google-Zentrale bunte Kojen, die auch zum Schlafen genutzt werden können. Der Berliner Spieleerfinder Wooga bietet seinen Mitarbeitern sogenannte „Couchicles“ zum Entspannen. Die memo AG bietet ihren Mitarbeitern zum Wohlbefinden nicht nur einen Naturgarten rund um das Firmengebäude und bei schönem Wetter eine bestuhlte Terrasse zum Entspannen, sondern auch einen Wintergarten mit Sitzgruppen, Sofaecke und einem „ausgefallenen Hängesessel“ (Quelle: memo Nachhaltigkeitsbericht 2019/2020).
Einmal im Jahr finden bei Häcker Küchen in Rödinghausen die Gesundheitstage, zu denen auch das Thema Schlaf gehört. Die Mitarbeiter haben die Gelegenheit, während ihrer Arbeitszeit einen kostenlosen Gesundheitscheck durchführen zu lassen. Neben der Optimierung der gesamten Arbeitsumgebung und Arbeitsplatzqualität werden laufend Möglichkeiten zur Förderung der Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeiter ermittelt. Dabei wird eng mit Krankenkassen, dem Betriebsarzt und Experten zusammengearbeitet. Aus den Ergebnissen dieser Analyse werden jährlich geeignete Förderungsmaßnahmen abgeleitet.
Dazu gehörte im Oktober 2019 auch das Thema „Gesunder Schlaf“. Im Fokus stand die Frage, wie Schlafstörungen der Gesundheit schaden und was Betroffene dagegen tun können, zudem wurde das notwendige Wissen für eine dauerhafte gute Schlafhygiene von einer Vertreterin vom INSA Gesundheitsmanagement vermittelt. Der Full-Service Dienstleister im betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) unterstützt Unternehmen im gesamten BGM-Prozess, der den Beschäftigten zugutekommt. Verringerte gesundheitliche Belastungen, ein gesteigertes psychisches und physisches Wohlbefinden, ein besseres Betriebsklima, mehr Arbeitszufriedenheit und eine positivere Arbeitseinstellung sind die positiven Ergebnisse.
Das wichtigste für guten Schlaf ist die Temperatur, dann das Licht und die Geräusche.
Der Nachtschlaf ist der gesündeste. Sieben Stunden pro Nacht sollten es im Durschnitt bei Erwachsenen sein, acht bei Jugendlichen.
Der Mittagsschlaf kann eine kurze Nacht kompensieren, er baut Stress ab und macht frisch im Kopf.
Es sollte versucht werden, jeden Tag um die gleiche Uhrzeit schlafen zu gehen.
Menschen über 45 Jahren sollten weniger Nachtschichten machen müssen und früher in Pension gehen dürfen. Die innere Uhr braucht zehn bis 14 Tage, bis sie sich auf einen anderen Rhythmus ein.
Die letzte große Mahlzeit sollte drei Stunden vor dem Einschlafen eingenommen werden, damit der Darm nicht weiterarbeitet.
Warmes Kerzenlicht vor der Nachtruhe ist besser als künstliches, damit das Gehirn das Schlafhormon Melatonin bilden kann.
Das Schlafzimmer sollte als Ort des Träumens betrachtet werden. Zur perfekten Schlafwelt gehört, dass sich der Raum komplett abdunkeln lässt.
Auf nervenaufreibende Lektüre und Filme sollte vor dem Schlafengehen verzichtet werden.
Im Schlafzimmer sollten nur so viele Elektrogeräte stehen wie unbedingt nötig – und am besten gar keine.
Zu einer entspannten Atmosphäre trägt neben der passenden Schlafumgebung auch der Schlafkomfort bei: Ergonomische Schlafsysteme sorgen dafür, dass die Wirbelsäule beim Schlafen in der natürlichen S-Form gehalten wird.
Mit einer passenden Matratze lassen sich viele gesundheitliche Probleme vermeiden.
Weitere Informationen:
Alexandra Hildebrandt: Karriere im Schlaf: Warum alle erliegen, die den Kürzeren haben
Aus Tradition verantwortungsvoll. Nachhaltigkeitsbericht 2019/2020. Hg. von Häcker Küchen GmbH & Co. KG. Rödinghausen 2019.
CSR und Sportmanagement. Jenseits von Sieg und Niederlage: Sport als gesellschaftliche Aufgabe verstehen und umsetzen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2019
Arianna Huffington: Die Neuerfindung des Erfolgs. Weisheit, Staunen, Großzügigkeit – Was uns wirklich weiterbringt. Riemann Verlag, München 2014.