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Lothar Hartmann - memo AG

Ökologischer Versandhandel: Was macht eigentlich ein Nachhaltigkeitsmanager?

Machbare Lösungen für eine bessere Welt

„Wenn man sich intensiv mit der Vielfalt an Themen rund um Nachhaltigkeit beschäftigt, lässt einen das nicht mehr los. Man wird fast süchtig danach, machbare Lösungen für eine bessere Welt zu finden – auch wenn es immer wieder Rückschritte gibt“, schreibt der Nachhaltigkeitsmanager Lothar Hartmann im Buchbeitrag „Die Energie, die uns antreibt“.

Seine Vita liest sich wie der Weg eines Berufenen. Er wurde am 18. März 1967 in Nürnberg geboren. Nach dem Abitur absolvierte er erfolgreich ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Erlangen-Nürnberg. Seit 1996 ist er für den Bereich Qualitäts- und Nachhaltigkeitsmanagement der memo AG, einem Versandhandel für ökologisch und sozial verträgliche Alltagsprodukte im Büro und zu Hause, verantwortlich. „Als Versandhandelsunternehmen können wir an der Schnittstelle zwischen Lieferanten und Herstellern auf der einen Seite und Kunden auf der anderen Seite einen enormen Beitrag zu mehr Umwelt- und Sozialverträglichkeit in der Produktion und beim Konsum, aber auch insgesamt zu mehr Umwelt- und gesellschaftlichem Bewusstsein auf allen Seiten leisten“, sagt Hartmann.

Der Grundstein für das heutige Unternehmen wurde vor fast 30 Jahren gelegt

Ulrike Wolf, Helmut Kraiß, Jürgen Schmidt und Thomas Wolf gründeten 1990 einen Versandhandel, der umweltverträgliche Büro- und Werbeartikel zu marktgerechten Preisen für gewerbliche Endverbraucher anbot. „Umwelt- und Klimaschutz waren zum damaligen Zeitpunkt noch Nischenthemen, und die Käufer von entsprechenden Produkten wurden als ‚Ökolatschenträger‘ belächelt“, sagt Claudia Silber, die hier die Unternehmenskommunikation leitet, rückblickend. Das Thema rückte nur ab und zu in den öffentlichen Fokus – meist durch Katastrophenmeldungen wie die Explosion des Kernreaktors in Tschernobyl im April 1986 oder die Meldungen zum Waldsterben durch sauren Regen. Dennoch wollten die Gründer nicht nur die Welt verbessern, sondern ehrgeizige betriebswirtschaftliche Ziele und gesellschaftliches Engagement verbinden. Das ist bis heute so geblieben.

Nachhaltigkeit ist das Kerngeschäft

„Dabei fokussieren wir uns nicht auf einzelne Aspekte, sondern setzen das Thema im Unternehmen ganzheitlich um. Gerade deshalb sind eine sorgfältige Planung und Abwägung von Investitionen und Maßnahmen essentiell. Nachhaltige Zieldefinitionen erfordern meist einen höheren Einsatz personeller und finanzieller Ressourcen. So stehen wir immer wieder vor der großen Herausforderung, geeignete und machbare Lösungen für die praktische Umsetzung unserer Unternehmensstrategie zu finden, auch wenn diese sich nicht immer ökonomisch lohnen“, so Hartmann.

Er bewarb sich damals ganz bewusst bei dem Versandhändler, weil er dort die Chance erhielt, sich intensiv mit Nachhaltigkeitsaspekten zu beschäftigen und ein entsprechendes, für das Unternehmen maßgeschneidertes Managementsystem aufzubauen. Der Schlüssel für eine ganzheitlich funktionierende Umsetzung nachhaltiger Entwicklung im Unternehmen ist das integrierte Managementsystem. memo ist nach ISO 14001 zertifiziert und hat eine Entsprechenserklärung zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) abgegeben.

Im Unternehmen sieht sich Hartmann als eine Art „interner Unternehmensberater“ für alle Fragen rund um das Thema Nachhaltigkeit".

Seine Aufgabe ist neben der Beratung auch die Koordination und Unterstützung aller Abteilungen im Unternehmen zu nachhaltigkeitsrelevanten Themen. Zudem ist er für die Erstellung des bereits mehrfach ausgezeichneten Nachhaltigkeitsberichtes der memo AG verantwortlich. Er initiiert und fördert Projekte, gibt sein Wissen an seine Kolleginnen und Kollegen weiter und versucht auch jederzeit, „selbst als Vorbild voran zu gehen."

Besonders am Herzen liegt ihm die Bildung für nachhaltige Entwicklung, denn jeder Mensch kann durch sein tägliches Verhalten dazu beitragen. Dafür müssen gewohnte Routinen geändert, Entscheidungen sorgfältig getroffen sowie ökologische und soziale Folgen des eigenen Handels für nachfolgende Generationen bewusst gemacht werden.

Bei memo fördert Hartmann deshalb Bildungsprojekte – auch für Auszubildende: Jeder Jahrgang hat hier die Möglichkeit, ein eigenes Nachhaltigkeitsprojekt zu entwickeln und umzusetzen. Zudem engagiert er sich in zahlreichen Organisationen: Lothar Hartmann ist beim Forest Stewardship Council® (FSC®) aktives Mitglied der Wirtschaftskammer. In der IHK Würzburg-Schweinfurt gehört er als Beirat dem Fachausschuss Energie und Umwelt an. In vielen weiteren Organisationen beteiligt er sich aktiv an Projekten zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, denn gegenseitiger Austausch und Wissenstransfer in übergreifenden Netzwerken ist für ihn elementar, um ganzheitliche, praxisgerechte Maßnahmen zu definieren und umzusetzen.

Ein aktuelles Projekt im Unternehmen ist die Installation einer Elektroladestation am Standort in Greußenheim, die er zusammen mit Naturstrom als Partner entwickelt und vorangetrieben hat. Dort können nicht nur Firmenfahrzeuge 100-prozentigen Ökostrom laden, sondern die Mitarbeitenden haben die Möglichkeit, die eingerichtete Infrastruktur auch für ihre Privatfahrzeuge zu nutzen. memo ist bereits seit 2007 klimaneutral. Vermeidung und Reduzierung von Treibhausgasemissionen stehen an erster Stelle. Kompensiert werden nur die Emissionen, die nicht vermieden werden können.

Im Zentrum der Geschäftstätigkeit steht das Produktsortiment, das so nachhaltig wie möglich gestaltet wird: vom Rohstoff über das Herstellungsverfahren bis hin zur Recyclingfähigkeit.

Eingekauft werden nicht nur nicht nur Produkte am Markt, vielmehr werden auch eigene Produkte entwickelt, die mit anerkannten Labels (z. B. GOTS, FairTrade, Blauer Engel, FSC®) zertifiziert sind. Dadurch wird nachhaltiger Konsum in Unternehmen und Gesellschaft gefördert. Das Unternehmen wurde bereits mehrfach für seine nachhaltigen Leistungen ausgezeichnet, u.a. mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2009 oder mit dem Nachhaltigkeitspreis Logistik 2017.

Das Hauptthema in den nächsten zwölf Monaten wird für Lothar Hartmann die Optimierung von Produktverpackungen sein, in Kooperation mit Herstellern und Lieferanten. Begleitend dazu nimmt das Unternehmen am Forschungsprojekt "InnoRedux" unter Leitung von IÖW und ifeu-Insitut teil. Erste konkrete Maßnahmen wurden bereits umgesetzt. So wird die Verpackung des memo-Vollwaschmittels "Eco Saponine" inzwischen aus Recyclingkunststoff hergestellt. Weitere Optimierungen für verschiedene Produkte sind in Arbeit. Hundertprozentig nachhaltige Produkte gibt es in der Praxis allerdings nicht, denn sie benötigen Rohstoffe und verursachen Umweltauswirkungen durch Herstellung, Gebrauch und Recycling.

Bei jeder Entscheidung für oder gegen ein Produkt werden hier dessen Vor- und Nachteile genau abgewogen.

Es wird dafür enorm viel Energie und Zeit eingesetzt. „Manchmal stoßen wir dabei auch an die Grenzen der Machbarkeit - wenn es beispielsweise um Produkte mit einer komplexen Wertschöpfungskette geht. So ist es bei technischen Geräten schon für Großunternehmen eine immense Herausforderung, die komplette Kette zu überwachen. Für uns als Mittelständler ist das unmöglich. Dennoch bewerten wir auch hier was möglich ist: Energieeffizienz, Strahlungsarmut, verwendete Basismaterialien, recyclinggerechte Konstruktion“, so Hartmann.

Auch wenn es eventuell für das Unternehmen ökonomisch (noch) nicht rentabel ist, werden auch Leuchtturmprodukte gelistet, die Vorreiter für mehr ökologische und soziale Aspekte in der Lieferkette sind. „Sie sind für uns der erste Schritt zu einer nachhaltigen Entwicklung in noch sehr konventionell orientierten Produktbereichen.“

Für sein Engagement erhält Lothar Hartmann den B.A.U.M. Umwelt- und Nachhaltigkeitspreis 2020 in der Kategorie "Kleine und mittelständische Unternehmen".

Er wird am 25. September in Hamburg in der Kategorie “Kleine und mittelständische Unternehmen” ausgezeichnet. Mit dieser Auszeichnung werden jährlich engagierte Einzelpersonen geehrt, deren Arbeit die Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft vorantreibt. „Lothar Hartmann hat seit fast 25 Jahren den Charakter der memo AG auch als ganzheitlich nachhaltiger Lieferant von Bürobedarf entscheidend geprägt und so zur Förderung einer nachhaltigen Beschaffung in Unternehmen beigetragen”, so die Begründung der Jury.

Weiterführende Informationen:

Lothar Hartmann: Die Energie, die uns antreibt. Nachhaltigkeit als Kerngeschäft der memo AG. In: CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag. 2. Aufl. Berlin Heidelberg 2019.

Kommentare

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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