Positive Psychologie im Coaching: Was Personal- und Führungskräfte wissen sollten
Coaching für Führungskräfte (und nicht nur für die): Was ist das, was bringt das, wie geht das? Hierzu einige Impulse.
Was ist überhaupt Coaching?
„Ein kreativer, partnerschaftlicher Prozess, wo die eine Seite sehr, sehr, sehr viel mehr redet als die andere Seite“, sagt die Psychologin, Coachin und Coaching-Forscherin Jule Deges in der aktuellen Folge meines Podcasts „Positiv Führen“ augenzwinkernd. Ich finde das eine schlaue, witzige, hilfreiche Definition.
Ich biete noch mal zwei weitere Begriffsklärungen an, die mir gut gefallen: Coaching als ein menschlicher Entwicklungsprozess, der strukturierte, fokussierte Interaktionen sowie die Nutzung angemessener Strategien, Werkzeuge und Techniken beinhaltet, um wünschenswerten und langfristigen Wandel zum Nutzen der Coachees zu fördern ("A human development process that involves structured, focused interaction and the use of appropriate strategies, tools and techniques to promote desirable and sustainable change for the benefit of the coachee…“, Bachkirova, T. et al (2010). The complete Handbook of Coaching. Sage)
Weil für mich positive Psychologie in der Verbindung zu Coaching sehr wichtig ist, hier noch eine PPC-Definition: „…positive psychological coaching can be defined as a short to medium term professional, collaborative relationship between a client and coach, aimed at the identification, utilization, optimization, and development of personal strengths and resources in order to enhance positive states, traits and behaviors“, also eine kurz- bis mittelfristige berufliche, kollaborative Partnerschaft, die persönliche Stärken und Ressourcen identifizieren, opimal nutzbar machen und entwickeln will, um positiven Zustände, Züge und Verhaltensweisen zu stärken (Van Zyl, L. E., Roll, L. C., Stander, M. W., & Richter, S. (2020). Positive psychological coaching definitions and models: a systematic literature review. Frontiers in psychology, 11, 793).
❓Was heißt und bedeutet Coaching für Dich und Euch?
Wann macht Coaching Sinn?
Typische Anlässe für Coaching sind, laut etwa einer Studie von Wolfhart Pentz
Begleitung beim Antritt einer neuen Rolle
Unterstützung bei Konflikten
persönlichen Fragestellungen
Performance-Coaching im Sinne von Zielerreichung
Leistungssteigerung
(Pentz, W. et al. 2021. Coaching für Führungskräfte – Wirksamkeit und Verbreitung in Unternehmen. 1. Quadriga Coaching Studie. Quadriga Hochschule GmbH). Ich meine, irgendwo von Prof. Dr. Carsten C. Schermuly (Coaching-Forscher, dem es sich sehr zu folgen lohnt) aufgeschnappt zu haben, finde aber die Quelle aktuell nicht, dass wir drei typische Anlass-Cluster für Coaching unterscheiden können:
persönliche Krisen und Herausforderungen
Themen der Organisationsentwicklung, der organisationalen Veränderung – und deren Umsetzung als Führungskraft oder auch als Mitarbeitende
nicht therapeutische oder nicht-klinische Fragen der Lebensführung
❓Was sind nach Deiner Erfahrung Momente und Konstellationen, in denen Coaching Sinn macht, Sinn gemacht hat, Sinn machen könnte?
Gibt es überhaupt so etwas wie „Business Coaching“ in Abgrenzung zu „Life Coaching“?
Jule sagt: „Ein engagierter Arbeitnehmer oder eine engagierte Arbeitnehmerin ist auch ein engagierter Mensch. Und das würde ich nicht trennen. Wir sind Menschen, kommen ganz zur Arbeit. Und die Grenzen verschwimmen, ich glaube eigentlich, die Grenzen waren noch nie da.“
Wir Coachinnen und Coaches coachen doch Menschen – und keine (Business- oder privaten) Probleme. Daher kann ich mit der Unterscheidung zwischen „Business Coaching“ und „Life Coaching“ wenig anfangen. Und sage auch immer den AuftraggeberInnen: Ich fühle mich allein der Klientin, dem Klienten verpflichtet – und wie sehr die Themen des Coachings beruflicher oder privater Natur sind, entscheidet Coachee – und nicht Rechnungsbezahler…
„Ein Kern-Missverständnis und auch tatsächlich eine Diskussion, die ich ganz oft habe, sowohl mit Kunden als auch Klientinnen: Wie ergebnisoffen ist ein Coaching-Prozess? Das ist vor allem so im Unternehmenskontext ein Riesenthema, weil dort eben oft Coaching mandatiert wird als ein nicht ergebnisoffener Prozess…“, ist Jules Position.
❓Wie ist da Deine Haltung und Erfahrung?
Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie lieber nicht Ihren Coach….
„Verdammt noch mal, Thiele“, hat mich vor einiger Zeit ein aufgebrachter Personalleiter am Telefon angebrüllt, „Sie haben mir meine beste Frau aus der Firma gecoacht …“
Und der Personalleiter hatte vielleicht gar nicht so unrecht – einerseits. Denn die Führungskraft war tatsächlich vage unzufrieden zu Beginn des Coachings und am Ende fest davon überzeugt, dass und warum sie kündigen wollte. Andererseits habe ich ihr ja nicht den Floh der Unzufriedenheit ins Ohr gesetzt. Und welche Folgen hätte das für das Unternehmen gehabt, wenn das Dutzend Mitarbeiter in den zwei Teams unter ihr noch ein, zwei Jahre eine halb- oder viertelbegeisterte Bereichsleitung zu erdulden gehabt hätten?
Damit sind wir bei den, nennen wir sie mal: „Nebenwirkungen“ von Coaching. Wie bei allen anderen Veränderungsprozessen im Leben schreien nicht immer alle gleich Hurra zu allen Effekten, die sich durch Coaching ergeben können. Denn typischerweise wissen Coachees mehr, können sie mehr und verhalten sie sich anders, wenn sie einen erfolgreichen Coachingprozess hinter sich haben.
Die Performance/Skills
das Wohlbefinden
die Bewältigungsstrategien („Coping“)
Arbeitseinstellungen
und die Selbstregulation im Hinblick auf Ziele
… verändern sich typischerweise im Coaching, zeigen Metanalysen, die unterschiedliche Studien zusammenfassen (z.B. Theeboom, T., Beersma, B., & van Vianen, A. E. (2014). Does coaching work? A meta-analysis on the effects of coaching on individual level outcomes in an organizational context. The journal of positive psychology, 9(1), 1-18.) Und ob und für wen diese Veränderung positiv oder negativ zu sehen ist, das hängt eben auch sehr stark von der Perspektive ab…
❓Mit welchen unerwünschten Effekten von Coaching hattest Du schon zu tun?
Ob mit oder ohne Coaching: Ich wünsche eine Woche mit viel Gaudi und Gelingen!
PS: Du machst, Ihr macht, Sie machen das gut!
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Du willst mehr lesen/wissen zu Coaching für Führungskräfte?
Zu meiner Coaching-Philosophie (wenn man so will) habe ich hier noch mehr aufgeschrieben: https://positiv-fuehren.com/coaching/ und dazu unterrichte ich an der Deutsche Hochschule für Gesundheit und Sport im Masterstudiengang „Positive Psychologie und Coaching“ – das neue Semester geht bald los: https://www.dhgs-hochschule.de/studienangebot/master/gesundheit/positive-psychologie-coaching/
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