Navigation überspringen
article cover

Sieben Tipps zum Umgang mit Absagen

Wir investieren viel Zeit in eine Bewerbung und fiebern einer Antwort entgegen. Doch dann kommt sie – die Absage. Enttäuschung und Frustration sind groß. Wie gehen wir am besten mit Absagen um?

Jonathan R. ist gefrustet. Fast wöchentlich verschickt der Maschinenbau-Ingenieur, der 2023 seinen Master gemacht hatte, Bewerbungen. Dann hört er meist gar nichts mehr oder bekommt Wochen oder gar Monate später eine Absage. Das Procedere zehrt am Selbstwert des 26-Jährigen, der mangels Einkommen zudem wieder bei seinen Eltern wohnt. Die Folge: Zunehmend findet er in Ausschreibungen Kriterien, die er vermeintlich nicht erfüllt. Das erhöht seinen Widerstand, sich überhaupt noch zu bewerben. Gestalttherapeut Lenhard Fromm gibt Tipps, wie man in solchen Situationen psychisch stabil bleibt.

Du machst nur ein Angebot

Wichtig ist, zwischen der eigenen Bewerbung und der eigenen Persönlichkeit zu unterscheiden. Nicht Du bist das Angebot, sondern Du machst ein Angebot. Entsprechend geht es nie um Dich als Person, sondern stets nur um Deine Arbeitskraft. Und da können schon kleine, teils zufällige Details über den Erfolg – oder Mißerfolg – entscheiden. Das beginnt mit dem richtigen Zeitpunkt, zu dem Deine Bewerbung vorliegt, oder einer Parallelität wie Geburtsort, Studium oder Hobby, die beim Entscheider Sympathie oder Neugierde auslöst.

Gutes Training in Geduld

Suchen und Finden sind aufwändig und brauchen deshalb Zeit. Daher ist günstig, sich eher auf einen Marathon einzustellen statt auf einen Sprint. Und wer mit dem Dauerlaufen Erfahrung hat, der weiß, dass bei Kilometer 22 oder 35 Einbrüche erfolgen können, die nur Momentaufnahmen sind und längst nichts über den Ausgang des Rennens sagen. Sämtliche Mitläufer durchleben dieselben Krisen, Zweifel und Geduldsproben. Deshalb sind Bewerbungssituationen nicht nur Stressphasen, sondern auch Stationen der Reifung.

Nichts ist, wie es aussieht

Dass in Bewerbungen oft die eierlegende Wollmichsau gesucht wird, sollte Jobsuchende nicht irritieren. Denn entweder ist man „erfahren“ oder „jung“, beides zugleich schließt sich meist aus. Deshalb sollten Interessierte eher ihrer Intuition folgen und wenn sie für einen Job „brennen“, dies auch kommunizieren und begründen. Denn auch Leidenschaft ist ein wertvolles Merkmal, das für einen Job qualifiziert. Entscheidend ist deshalb nicht, wie etwas aussieht, sondern wie es gesehen wird.

Zeige Dich und sei sichtbar

Wenn Du keine „Rampensau“ bist, dann gib es in Deiner Bewerbung zumindest vor. In der Gestalttherapie spricht man dann von „vorauseilender Kompetenz“, d.h. für diese Bewerbung tue ich so, als ob ich extrovertiert wäre und große Lust hätte, mich zu zeigen. In Wahrheit ist das ein Dienst an dem Personaler, der ihm das Finden einfacher macht. Denn wie soll er Dich und Deine Qualitäten entdecken, wenn Du Dich nicht zeigst, in dem, was Du kannst und wer Du bist?

Flunkern ist erlaubt

Der gesamte Bewerbungsprozess ist wie ein Jahrmarkt, in dem Angebot und Nachfrage um Aufmerksamkeit buhlen. Deshalb sind „Lautstärke“ und „optische Effekte“ günstig, um gehört und gesehen zu werden. Da muss nicht jedes Detail stimmen, sondern es muss sich ein Gesamtbild ergeben, das dem Gegenüber ein gutes Gefühl vermittelt. Wenn mein Gegenüber beispielsweise einen zielstrebigen Menschen sucht, dann vermittle ich ihm diesen Eindruck von mir und verwirre ihn nicht mit Schilderungen, wie Umwege meine Orientierung im Leben verbessert haben.

Jeder Topf findet seinen Deckel

Wenn sich die Absagen häufen, dann solltest Du nur den „Haufen“ wahrnehmen, nicht aber davon Generalisierungen ableiten wie „Ich finde ja ohnehin nichts!“; „mich will eben niemand!“ oder „ich bin zu schlecht!“ Denn jede Generalisierung ist falsch. Günstig ist, aus Niederlagen Schlüsse zu ziehen, wie z.B. „Wenn es im Großhandel nichts wird, bewerbe ich mich eben im Einzelhandel!“ Oder: „Wenn ich in der Industrie nur Absagen bekomme, bewerbe ich mich jetzt mal im Handwerk.“ Ein altes Sprichwort sagt schon, dass jeder Topf seinen Deckel findet. Das ist die Wahrheit.

Wenn alle Stricke reißen

Okay, vielleicht war das jetzt eine Absage oder Niederlage zu viel. Dann bleibst Du jetzt eben mal – symbolisch gesprochen - am Boden liegen und ruhst Dich aus. Niemand kann immer performen und gute Mine zum bösen Spiel machen. Dann besuche Freunde, geh‘ joggen oder besaufe Dich zur Not auch mal und suhle Dich in Deinem Selbstmitleid. Das entspannt und löst die Verkrampfung. Morgen ist auch noch ein Tag und wenn Du schon bis 67 arbeiten sollst, dann kommt es auf diesen Moment jetzt nicht an. Denn immerhin: Du findest aktuell nur keinen Job. Mehr ist da nicht.

DER AUTOR

Leonhard Fromm (60) ist Gestalttherapeut und Männer-Coach, der als Teamentwickler, Führungskräftecoach und Supervisor in Firmen arbeitet. Der Schorndorfer Theologe war im Erstberuf Wirtschaftsredakteur und begleitet Menschen online wie in Präsenz bei deren Veränderungsprozess. www.der-lebensberater.net

Kommentare

Leonhard Fromm schreibt über Coaching, Therapie, Klarheit im Alltag, Gesundheit & Soziales

geboren 1963, 2 facher Vater, gelernter Wirtschaftsredakteur, 2002 Gründung der eigenen Kommunikationsagentur. Nach mehreren Krisen befasse ich mich seit 2009 mit meiner Biografie, habe eine gestalttherapeutische Ausbildung absolviert und bin beratend tätig - biete Seminare und Coachings an.

Artikelsammlung ansehen