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Willst du „Du“ zu mir sagen? | © Werkzeug-Weber/Katrin Limes

Siezt du noch, oder duzen Sie schon?

Der Hashtag #GerneperDu lädt dazu ein, im Job das förmliche „Sie“ durch das informellere „Du“ zu ersetzen. Nicht jeder fühlt sich dabei wohl.

Lange Zeit habe ich mich schwer damit getan. Doch vor Kurzem haben wir es dann doch im gesamten Betrieb eingeführt: das „Du“. Dieser Schritt ist nicht nur für mich, sondern auch für die Belegschaft eine enorme Umstellung. Schließlich war ich als Geschäftsführerin mit einigen Mitarbeitenden seit mehr als 15 Jahren per Sie. Die deutsche Sprache zwingt uns zur Entscheidung: Du oder Sie? Es mag gelingen, sich für kurze Zeit drumherumzustammeln, wenn man sich bei einer Begegnung unsicher ist. Mit etwas Glück nimmt einem die andere Person die Entscheidung sogar ab. Aber souverän ist das nicht. Die bisherige Regelung in unserem Betrieb war uneinheitlich: Mit der Hälfte der Mitarbeitenden von Werkzeug Weber war ich per Du, unabhängig von Alter oder Position, mit der anderen Hälfte nicht. Die Belegschaft hat sich dafür ausgesprochen, den Hashtag #GerneperDu nicht nur in unserer Unternehmenskultur, sondern auch in E-Mails zu integrieren. Viele unserer Kunden tun dies bereits, und wir schließen uns diesem Trend an.

Wer also möchte, darf uns bei der Arbeit Duzen – ich bin gespannt, wer es nutzt und ob es genutzt wird.

Was macht das „Du“ mit uns?

Studien zeigen, dass das „Du“ noch nicht überall akzeptiert wird. In Banken und Autohäusern, so erklärt Sprachwissenschaftler Prof. Horst Simon in einem Interview mit dem Magazin „Spektrum“, wird das „Sie“ erwartet und lässt Verkäuferinnen und Verkäufer kompetenter wirken. Das kann ich gut nachvollziehen. So zeigte sich wohl auch, dass der Verkaufserfolg beim Siezen höher ist. Das gilt sogar für Turnschuhverkäufer. Ist das „Du“ also ein Risiko für unseren wirtschaftlichen Erfolg?

Noch Anfang des Jahres habe ich meinem Abschiedsbrief an die Babyboomer erwähnt: Das „Du“ angeboten zu bekommen, war für diese Generation ganz klar top down geregelt. Der Ältere bietet dem Jüngeren das Du an – und nie umgekehrt. Und dieses „Du“ mussten sich die Boomer in ihrem Berufsleben hart erarbeiten.

Doch Zeiten ändern sich. Auch wenn es nicht der wichtigste Punkt bei der Überlegung war, ist mir klar: Ein Betrieb, in dem geduzt wird, wirkt moderner, mehr auf Augenhöhe. Wir wurden als „Arbeitgeber der Zukunft“ vom Deutschen Innovationsinstitut für Digitalisierung und Nachhaltigkeit ausgezeichnet und tragen das kununu-Siegel als Top Company 2023. Da gehört das „Du“ fast schon zum guten Ton, wenn man auch den Nachwuchs erreichen und für eine Ausbildung begeistern will.


Jetzt ist „Du“ dran: Bei Werkzeug-Weber hängt der respektvolle Umgang miteinander nicht vom Sie ab (Foto: Katrin Limes)
Jetzt ist „Du“ dran: Bei Werkzeug-Weber hängt der respektvolle Umgang miteinander nicht vom Sie ab (Foto: Katrin Limes)

Siezen – eine Frage des Respekts?

Obwohl ich mich anfangs schwer damit getan habe, das „Du“ einzuführen, erkenne ich nun die modernisierende Wirkung, die es auf die Unternehmenskultur hat. Als „Arbeitgeber der Zukunft“ ist dieser Schritt ein wichtiger Beitrag zu unserer Auszeichnung.

Nicht nur wir, sondern unsere gesamte Gesellschaft befindet sich einer Phase des Wandels. Das „Du“, so bestätigen Sprachwissenschaftler, wird lockerer als noch vor Jahrzehnten verwendet. Ich denke, es gab schom immer andere Wege, unsere gewünschte Nähe oder Distanz am Arbeitsplatz auszudrücken. Und auch Höflichkeit und Respekt sind nicht von „Du“ oder „Sie“ abhängig, sondern vielmehr von „Bitte“ und „Danke“.

Wir können getrost auf das „Sie“ verzichten, wenn wir …

… uns gegenseitig Aufmerksamkeit schenken und zuhören, anstatt ständig aufs Handy zu schauen.

uns respektvolles Feedback geben, das konkrete Vorschläge zur Verbesserung liefert ohne abwertend zu sein.

… hilfsbereit sind und ungeachtet des Alters sowohl Wissen als auch Ressourcen miteinander teilen.

Doch ich muss gestehen: Ganz abgeschafft haben wir das „Sie“ noch nicht. In Stellenanzeigen und beim Bewerbungsgespräch bleiben wir dabei. Vorerst.

Insofern muss man sich auch bei uns das „Du“ noch verdienen. 😉

Insgesamt zeigt sich, dass die Entscheidung zwischen „Du“ und „Sie“ nicht nur sprachliche, sondern auch kulturelle Dimensionen berührt. Wie steht ihr zu dieser Veränderung?

Gilt bei euch schon der Hashtag #GerneperDu? Oder lieber Sie? Teilt eure Gedanken und persönlichen Erfahrungen in den Kommentaren.

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Vanessa Weber schreibt über Unternehmertum, Marketing, Nachfolge, Führung

Vanessa Weber ist Geschäftsführerin und Unternehmerin aus Leidenschaft. Heute ist sie neben ihrer Tätigkeit für ihre Firma als Vortragsrednerin tätig und vermittelt ihr Fachwissen sowie ihren Erfahrungsschatz an andere Unternehmer. Sie ist eine Frau aus der Praxis für die Praxis.

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