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© SOPsports / @JamesGasperotti

So behauptest Du Dich bei Männern im Job: 7 Tipps von Rennfahrerin Sophia Flörsch

Als Rennfahrerin in einer Sportart, in der Frauen direkt und unmittelbar gegen Männer antreten, gibt es für mich viele Herausforderungen zu meistern und Vorteile zu entkräften. Seit ich mit vier Jahren zum ersten mal in einem Kart saß, stelle ich mich dem ewigen Vergleich mit dem anderen Geschlecht – mittlerweile als Erwachsene und hauptberuflich. Ich wurde oft belächelt, beleidigt und bemitleidet – wie viele Frauen, die konsequent ihren Weg gehen und dabei Männern auf die Füße treten.

Dennoch: Ich halte nichts von einer reinen Frauenrennserie, weil ich glaube, dass der Weg nach oben nur über den Wettbewerb mit den besten Männern (und Frauen) führt. Das gilt aus meiner Sicht nicht nur für den Rennsport, sondern generell für die Berufswelt. Ohne Frage sind Männer und Frauen nicht gleich. Und das ist gut so. Wir brauchen Unterschiede in unserer Gesellschaft und im Arbeitsleben. Diversität macht stark und sorgt für gegenseitiges Dazulernen. Was wir nicht brauchen, sind Vorurteile und Klischees. Diese hemmen Entwicklung und Fortschritt.

Lasst euch nicht von eurem Weg abbringen, Mädels!

Nur wenige haben mir zugetraut, als Frau so weit in einem vermeindlichen Männersport zu kommen. Mittlerweile bin ich die einzige Frau, die in der Formel 3 Punkte eingefahren hat, und mein Ziel ist nach wie vor die Formel 1.

Als Frau im Motorsport muss man sich sowohl körperlich als auch mental beweisen. Das gilt auch für andere Berufe, die immer noch eher Männern zugeschrieben werden. Dazu gehören, seien wir ehrlich, nach wie vor Informatik und Softwareentwicklung, wissenschaftliche Forschung, Führungspositionen in Unternehmen, politische Ämter und hohe Regierungspositionen. Doch es gibt Wege und Strategien, um sich in einer männerdominierten Branche durchzusetzen und fair bezahlt zu werden.

Hier sind einige Tipps und Ratschläge aus meiner persönlichen Erfahrung, die helfen können, sich zu behaupten:

⭐️ Offenheit und Lautstärke: Es ist wichtig, problematische Themen offen und laut anzusprechen. Oftmals geschieht eine interne Politik gegen Frauen im Stillen und unterschwellig. Nicht immer aus Böswilligkeit, sondern weil es häufug einfach ist. Männer umgeben sich mit Männern, weil es ihnen leichter fällt. Frauen sollten klar ansprechen, wenn sie sich übergangen fühlen. Vorurteile und Diskriminierung dürfen nicht ignoriert werden.

⭐️ Zusammenhalt unter Frauen: Der Zusammenhalt zwischen Frauen ist entscheidend. Wir können von Männerseilschaften lernen und uns gegenseitig unterstützen und fördern. Solange wir es aber unseren Chefs recht machen wollen und immer wieder in alte Muster fallen, wird sich nichts ändern. Lobt andere Frauen für gute Ideen und Erfolge in Meetings. Tretet gemeinsam auf und signalisiert, dass man gegen euch nicht so einfach ankommt.

**⭐️ Positioniere dich und zeige dich:**Als Frau wirst du immer mehr unter die Lupe genommen als ein Mann. Wenn ich auf Instagram ein Foto aus dem Fitnessstudio poste und habe da eine enge Hose und einen Sport-BH an, dann heißt es: „Die hat viel zu wenig an!“ Wenn Lewis Hamilton ein Foto von seinem Sixpack postet, dann ist das „geil“. Es wird mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen, die uns Frauen aber nicht verunsichern sollten. Wir sollten uns so präsentieren, wie wir gesehen werden wollen und wie es unserer Persönlichkeit entspricht. Sich aus Angst vor männlichen Reaktionen zu verbiegen oder zu verstecken, hilft uns nicht weiter.

**⭐️ Suche dir geeignete Vorbilder – Frauen oder Männer, Hauptsache, es motiviert dich:**Mein Vorbild war mein Vater. Weil er selbst hobbymäßig Kart gefahren ist, wollte ich das als Kind auch unbedingt ausprobieren – und bin dann hängen geblieben. Später habe ich mir weitere Vorbilder wie Lindsay Vonn gesucht, die mich motiviert haben, besser zu werden. Sich an starken Rolemodels zu orientieren hilft besonders in schwierigen Phasen. Es gibt großartige Biografien – wie beispielsweise die der ehemaligen französischen Rallyefahrerinvon Michèle Mouton – in denen gezeigt wird, wie Menschen mit Krisen umgehen und stärker daraus hervorgehen.

**⭐️ Lass dir nicht einreden, Frauen seien schwächer und emotionaler als Männer:**Ich muss mir oft anhören, dass ich körperlich nicht mit Männern mithalten kann. Was Unsinn ist, denn weder psychisch noch physisch spricht etwas dagegen, dass Frauen im Cockpit die gleichen Leistungen bringen können wie Männer. Sie müssen sich nur die entsprechenden Muskeln rund um Hals und Nacken antrainieren, um den Fliehkräften in den Kurven zu trotzen. Mental sind Frauen sogar in der Regel stärker als Männer. Ein Grund dafür, warum sie die Kinder austragen. Als ich knapp 100 Tage nach meinem schweren Renn-Unfall in Macau wieder im Wagen saß, hat das viele Jungs sehr schweigsam gemacht. Lasst euch also niemals einreden, dass es so etwas wie ein schwaches Geschlecht gibt. Meine Rückkehr hat Skeptikern, die meinen, Frauen seien zu weich und emotional nicht stark genug, um mit den Gefahren im Rennsport umzugehen, bewiesen, dass sich auch Frauen von brutalen Rückschlägen nicht von ihrem Ziel abbringen lassen.

⭐️ Gleichberechtigung in Bezahlung: Fordere gleiches Geld für gleiche Leistung. Studien haben ergeben, dass Frauen unschlagbar sind, wenn sie für andere verhandeln und nicht für sich selbst. Stell dir also im nächsten Gehaltsgespräch vor, dass du für deine beste Freundin verhandelst statt für dich selbst. Und: Bereite dich inhaltlich gut vor. Gerade männliche Vorgesetzte sind sehr empfänglich für glasklare Gründe und belegbare Erfolge, die eine bessere Bezahlung rechtfertigen. Argumentiere deine Chefs an die Wand.

⭐️ Ziel und Durchhaltevermögen: Bleibe fokussiert und lasse dir nicht einreden, dass du aufgrund deines Geschlechts nicht erfolgreich sein kannst. Die Rennsportwelt ist herausfordernd, aber mit Zielstrebigkeit und Durchhaltevermögen ist dort und überall alles möglich.

Als Rennfahrerin im Motorsport erlebe ich täglich die Herausforderungen, denen Frauen in diesem Bereich gegenüberstehen, und weiß, dass es in anderen Berufen ähnlich ist. Doch ich sehe auch die Fortschritte und die Veränderungen, die im Gange sind. Ich glaube fest daran, dass Gleichberechtigung und Chancengleichheit möglich sind. Meine persönliche Zielsetzung ist es, in Zukunft in der Formel 1 zu starten und als Vorbild für junge Mädchen zu dienen.

Vielleicht interessiert dich die Dokumentation über mich, in der meine Rückkehr nach dem schweren Rennunfall in Macau 2018 beleuchtet wird. Mein Ziel war, zu zeigen, dass es im Motorsport nicht aufs Geschlecht ankommt, sondern Männer und Frauen das Gleiche leisten und den gleichen Erfolg haben können. Und das lässt sich auf so vieles übertragen.

Mich interessiert, wie du dich im Job behauptest und gegen Vorurteile durchsetzt.

Deine Sophia

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Sophia Flörsch schreibt über Automobil, Marketing & Werbung, Medien, Wirtschaft & Management

Ein normales Mädchen, das seit dem vierten Lebensjahr liebend gerne Rennen gegen die Uhr und gegen Jungs fährt. Mit 12y gab ich im Formelrennwagen Gas, mit 14y gewann ich mein erstes Tourenwagenrennen in UK. Das Abitur machte mit 17y. Jetzt lebe ich Motorsport. Klares Ziel: die Formel 1 .

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