Streit um Preise: Bei diesen Marken gibt es Lücken in Supermarktregalen
Lebensmittelfirmen wollen die Preise erhöhen, doch Händler blockieren das aus Angst, Kunden zu verlieren. Viele Hersteller liefern deshalb nicht mehr. Eine Übersicht.
Düsseldorf. Bei Rewe fehlen Jacobs Kaffee, Kellogg’s Cornflakes, Frolic und Whiskas in den Regalen. Snickers, Coca-Cola und Milka suchen Kunden bei Edeka vergebens. Schokolade von Ritter Sport ist bei Kaufland nicht mehr zu finden. Pepsi gibt es nicht mehr bei Aldi Nord. Derzeit fehlen so viele Marken wie nie in den Regalen der Supermarktketten.
In der Lebensmittelbranche tobt ein Machtkampf, wie ihn Deutschland noch nicht erlebt hat. Der Preisstreit wird sogar öffentlich ausgetragen – auch vor Gericht. Lücken in Supermarktregalen hat es zwar schon immer gegeben. Doch seit die Kosten für Rohstoffe, Energie und Logistik extrem gestiegen sind, sehen sich Lebensmittelhersteller zu Preiserhöhungen gezwungen – oft zum zweiten Mal im Jahr 2022.
Christoph Minhoff vom Bundesverband der Ernährungswirtschaft sagt: „Die Lage der Branche ist kritisch bis katastrophal.“ Händler wie Edeka sprechen von „Wucher“ und „Preistreiberei“. Die Industriekonzerne, die „Aggressoren“, würden ihre Marktmacht ausspielen. Das Handelsblatt gibt einen Überblick, welche Marken in Supermärkten derzeit fehlen:
Ritter Sport
Bei Kaufland gibt es seit Monaten nur noch Restbestände von Ritter-Sport-Tafeln. Das Wort „Lieferstopp“ vermeidet der Schokoladenhersteller. „Wir sind uns über einen neuen Vertrag nicht einig geworden“, formuliert es Thomas Seeger, Leiter Recht und Öffentlichkeitsarbeit von Ritter Sport. Kaufland bestätigte auf Nachfrage, dass sie derzeit nicht mit Ritter Sport zusammenarbeiteten.
Die Preisverhandlungen mit Kaufland laufen bereits seit Herbst 2021. Mit anderen Händlern hätte sich das Familienunternehmen schon lange über neue Preise verständigt, sagt Ritter Sport. Auch mit der Kaufland-Schwester Lidl, die seit Mai nicht mehr beliefert wurde, habe es nach langen Verhandlungen kürzlich eine Einigung gegeben.
Mars
Miracoli, Riegel von Snickers, Bounty oder Twix, Kaugummi von Wrigley’s, Tierfutter von Frolic und Sheba: Mehr als 300 Artikel verkauft US-Hersteller Mars in Deutschland. Bei Rewe und der Discount-Tochter Penny sowie bei Edeka und Tochter Netto sind die Marken inzwischen meist vergriffen.
Der US-Hersteller hat einen Lieferstopp verhängt. „Wir versuchen, steigende Kosten so gut wie möglich intern aufzufangen, ein gewisses Maß an Preisanpassung ist jedoch nötig“, argumentiert der Konzern. Er beruft sich auf einen „umfassenden Inflationsdruck“.
Netto holte nach dem Lieferstopp zum medialen Gegenschlag aus: „Keine Lust auf Mondpreise von Mars? Dann geh doch zu Netto!“, lautet ein Instagram-Post. Der Hersteller fordere eine „unangemessene Preiserhöhung“. Gleichzeitig bewirbt Netto Schokoerdnüsse seiner Eigenmarke als Alternative zu M&M’s von Mars. Edeka schloss sich der Kampagne gegen den US-Konzern im August an.
Ein Edeka-Sprecher sagt: „Nicht nur Mars, auch viele weitere internationale Markenkonzerne wie Coca-Cola oder Procter&Gamble versuchen aktuell mit überzogenen Preisforderungen auf der Inflationswelle mitzureiten, um ihre Renditen zu steigern. Sie nutzen einseitige Lieferstopps als Druckmittel gegen den Handel.“
Dabei verweist Deutschlands größter Lebensmitteleinzelhändler auf deren Profite. „Viele Konzerne konnten ihre Gewinne im vergangenen Jahr erneut deutlich steigern, zum Teil um mehrere Hundert Millionen Euro. Die Gewinnmarge von Coca-Cola lag zur Jahresmitte bei rund 30 Prozent.“
Auch gegen Rewe hat Mars inzwischen einen Lieferstopp ausgesprochen. „Trotz intensiver Verhandlungen sehen wir derzeit keine Basis, die seitens Mars geforderten Preiserhöhungen zu akzeptieren“, sagte ein Rewe-Sprecher dem Handelsblatt. „Wir sehen in den vergangenen Wochen, dass unsere Eigenmarken zum Teil im zweistelligen Prozentbereich zulegen.“
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Mondelez
Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr streitet Edeka mit Mondelez, dem Hersteller von Milka-Schokolade, Miracel-Whip-Mayonnaise und Philadelphia-Käse. Der US-Konzern stellte die Belieferung mit Milka ein, nachdem Edeka eine Preiserhöhung abgelehnt hatte.
Mondelez rechtfertigt seine erneuten Preisforderungen: „Wie viele andere Hersteller auch sind wir mit Kostensteigerungen bei Rohstoffen wie Milch, Weizen oder Öl ebenso wie bei Verpackungsmaterialien konfrontiert. Einen Teil dieser Kosten können wir absorbieren. Aber ein bestimmter Teil muss leider auch weitergegeben werden.“ Die operative Gewinnmarge von Mondelez lag im ersten Halbjahr bei 13,4 Prozent, ein Minus von 2,1 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr.
Coca-Cola und Pepsi
Der Preisstreit zwischen Edeka und Coca-Cola beschäftigt sogar die Gerichte. Der Getränkeabfüller wollte zum September zum zweiten Mal in diesem Jahr die Preise erhöhen – „im höheren einstelligen Prozentbereich“. Weil Edeka das ablehnte, stoppte der US-Konzern die Belieferung mit Marken wie Coke, Fanta und Sprite. Daraufhin zog der Händler „wegen einseitigen Vertragsbruchs“ vor Gericht.
Zuletzt bekam der US-Konzern mit seinem Lieferstopp vor dem Landgericht Hamburg recht. Lieferstopps seien genauso wie Auslistungen ein Mittel, um Preisverhandlungen Nachdruck zu verleihen. Edeka will nun in die nächste Instanz gehen.
Die Marke Coca-Cola ist für Edeka ein wichtiger Frequenzbringer. Kunden, die zu Coke greifen, kaufen auch gerne andere Marken wie Maggi, Haribo oder Funny-Frisch, ermittelte die Preistransparenz-App Smhaggle.
Auch Wettbewerber PepsiCo will die Preise zum zweiten Mal in diesem Jahr erhöhen. Die lange Auslistung durch Edeka von Dezember bis Mai scheint den US-Konzern nicht zu schrecken. Bei Aldi Nord ist Pepsi derzeit kaum mehr erhältlich. Der Händler äußerte sich auf Anfrage nicht.
Jacobs Kaffee
Die Kaffeemarken Jacobs, Senseo, Maxwell House, Tassimo und Café Hag suchen Kunden in Rewe-Filialen derzeit vergebens. „Wir haben unsere Lieferungen an Rewe vorübergehend ausgesetzt, befinden uns aber in konstruktiven Gesprächen“, teilt der Hersteller auf Anfrage mit.
Jacobs Douwe Egberts (JDE) ist nach Nestlé der zweitgrößte Kaffeekonzern der Welt. Nestlé-Chef Mark Schneider hatte jüngst auf dem Markenkongress sein Unverständnis gegenüber „verzerrten Schuldzuweisungen einer kleinen Zahl großer Einzelhändler an uns Markenhersteller“ geäußert.
Kellogg’s
Im Clinch mit Rewe ist auch Kellogg’s. Doch in diesem Fall hat nicht der Markenhersteller die Belieferung eingestellt, sondern der Händler die Produkte vorübergehend ausgelistet, wie ein Rewe-Sprecher bestätigte. Kellogg’s wollte auf Anfrage grundsätzlich zu laufenden Verhandlungen keine Auskünfte geben.
Cerealien wie Cornflakes oder Frosties hat Rewe durch die Eigenmarke Ja! ersetzt. Der Grund: Kellogg‘s soll eine Preiserhöhung von fast 30 Prozent verlangen. In benachbarten Ländern würden dagegen nur fünf Prozent mehr gefordert.
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