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Vertrauenswürdig und kompetent rüberkommen – mit einem einfachen Trick klappt es - © Getty Images

Top oder Flop für den Job? Die ersten 7 Sekunden sind entscheidend!

Hast du Chancen? Erfahre, wie du einen guten (und bleibenden) Eindruck hinterlässt – ob im Vorstellungsgespräch oder beim ersten Date.

Über Millionen von Jahren haben unsere biologischen Vorfahren die Fähigkeit entwickelt, sich in Sekundenbruchteilen einen ersten Eindruck über andere zu entwickeln. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Menschen in nur 39 Millisekunden entscheiden, ob jemand eine lebensgefährliche Bedrohung darstellt oder nicht. Zu wissen, ob ein Gegenüber Ihnen ans Eingemachte möchte oder harmlos ist, hat die natürliche Selektion beeinflusst. Auch die Einschätzung über die Vertrauenswürdigkeit – ob Ihr Gegenüber Sie zwar nicht umbringen, aber übers Ohr hauen will – geschieht in weniger als 100 Millisekunden.

Einmal getroffene Urteile sind schwer zu ändern

Für Merkmale wie Kompetenz, Sympathie, Aggressionspotenzial, aber auch Attraktivität brauchen wir hingegen etwas länger (etwa 500 Millisekunden). Diese Einschätzung ist für uns nicht mehr so wichtig, weil es nicht mehr ums nackte Überleben geht. Vielmehr ist es eine Verfeinerung unserer ersten Urteile, und das benötigt schlicht mehr Zeit – schließlich wollen wir unserer Sache sicher sein. Das ist auch gut, denn nicht selten stehen unsere sehr schnell getroffenen ersten Einschätzungen zu sehr in Widerspruch zu dem, was wir später über eine Person denken. Und einmal getroffene Urteile sind schwer zu ändern.

Wenn Sie also jemandem zum ersten Mal begegnen, beantwortet Ihr Hirn in Blitzgeschwindigkeit drei Fragen: Ist er oder sie eine Bedrohung für mein Leben? Kann ich ihm oder ihr vertrauen? Wie hoch ist die Kompetenz dieser Person? Anders gesagt: Innerhalb von Sekunden schließen wir Menschen als potenzielle Liebhaber oder neue Mitarbeiter aus – und werden ausgeschlossen.

Nun ist aber die Fehleranfälligkeit für diese Urteile, wie Studien zeigen, sehr hoch (die Evolution hat Geschwindigkeit der Genauigkeit vorgezogen. Lieber ein zu schnelles, negatives Urteil, als tot zu sein, weil man sich geirrt hat). Menschen können aus vielen verschiedenen Gründen zu falschen Urteilen gelangen: Wenn Sie zum Beispiel bei der ersten Begegnung nervös sind, spiegeln Ihr Gesichtsausdruck und Ihr Verhalten möglicherweise nicht Ihr normales Verhalten oder Ihre tatsächliche Kompetenz wider. Vielleicht sind Sie angespannt und runzeln unbewusst Ihre Stirn. Oder Sie beginnen bei einem Thema zu stottern, das Sie in- und auswendig kennen (dieser Denkfehler, bei dem Ihr Gesprächspartner Ihnen ein Verhalten zuspricht, das eigentlich von den Umständen und nicht von Ihrer Persönlichkeit bedingt ist, nennt sich im Übrigen Attributionsfehler).

Die ersten 7 Sekunden sind entscheidend

Es dauert rund sieben Sekunden, um einen ersten Gesamteindruck zu hinterlassen, der dann wiederum schwer zu revidieren ist. Neben Aussehen, Haltung und Stimme werden dabei ganz subtile Gesichts- und Stimmsignale herangezogen, die komplexere Verarbeitung bedürfen. Dazu ziehen wir noch implizite Einstellungen zu Rate, derer wir uns aber nicht bewusst sind. Diese Merkmale unterscheiden sich sogar in verschiedenen Kulturen leicht voneinander: So bilden in China die Menschen ihren ersten Eindruck eher auf Grundlage von Kompetenz, als auf der Grundlage von körperlicher Stärke. All diese Beurteilungen werden zu einem ständigen Tanz zwischen objektiven Informationen und selektiver Signalauswertung.

Der Trick, um einen guten Eindruck zu hinterlassen

Wir alle neigen dazu, nach einem ersten Gespräch selbstkritisch zu sein und fälschlicherweise anzunehmen, dass wir einen schlechten ersten Eindruck gemacht haben (schuld daran ist der sogenannte „Spotlight-Effekt“, der uns glauben lässt, dass andere sich übermäßig auf uns konzentrieren und uns für jede Unvollkommenheit, jede unangenehme Frage oder jeden schlechten Witz verurteilen). Es gibt aber zum Glück einen einfachen Trick, um vertrauenswürdig und kompetent zu wirken: Sie müssen dazu einfach nur lächeln. Anders als Angst oder Wut, die Alarm und Misstrauen wecken, schätzen andere Sie als sicher ein, wenn Sie lächeln.

Aber Vorsicht: Ich spreche nicht von dem Psycho-Grinsen eines Jack Nicholsons in „The Shining“. Dieses Grinsen führt nur zu Panikattacken und Fluchttendenzen Ihres Gegenübers. Sie müssen ein Lächeln schaffen, das mit echtem Glück in Verbindung gebracht wird.

Generell gilt: Wenn Sie jemanden zum ersten Mal treffen, hinterfragen Sie die Signale, die Ihr Gehirn über Ihr Gegenüber sendet. Ich sage nicht, dass Sie Ihr Bauchgefühl ignorieren sollen: Sie sollten es nur nicht unbedingt wortwörtlich nehmen, sondern hinterfragen. Die Person könnte einfach nur nervös oder schüchtern sein. Wenn Sie das nicht tun, lassen Sie sich ansonsten vielleicht die Chance entgehen, einen großartigen Menschen näher kennenzulernen.

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Ingrid Gerstbach schreibt über Innovation und Lernen, Psychologie und Persönlichkeit, Empathie, Design Thinking und Moderation

Ingrid Gerstbach ist Innovationsexpertin und gilt als deutschsprachige Koryphäe der aus den USA stammenden Innovationsmethode Design Thinking. Die Betriebswirtin, Wirtschaftspsychologin und Erwachsenenbildnerin berät internationale Unternehmen und Universitäten und schreibt Kolumnen und Bücher.

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