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Manchmal fühlt es sich so an, als wäre man umgeben von Idiot*innen | © Adobe Stock/yaron

Umgeben von Idiot·innen: Musst du auch ständig für andere mitdenken?

Tim Bendzko hat es in seinem Song sehr schön beschrieben: „Ich muss nur noch kurz die Welt retten …“. In solchen Situationen ist der Burn-out so gut wie programmiert. Daher soll es um die Frage gehen: Sind es wirklich die anderen oder gibt es etwas, das ich vielleicht selber anders machen kann?

Und ja, hast du nicht auch manchmal das Gefühl, dass alle anderen inkompetent sind und du ständig für deine Kolleg·innen mitarbeiten musst? Dadurch fühlen wir uns gestresst und sind frustriert, denn alles bleibt an uns hängen. Wir müssen mehr arbeiten und leisten und fühlen uns dabei noch für alles verantwortlich – und wer dankt es uns? Niemand. :-(

Rettest du gern die Welt?

Dann geht es dir möglicherweise wie Stefanie. Sie ist Führungskraft in einem Krankenhaus. Wer die Branche kennt, weiß, dass es dort häufig noch chaotischer und stressiger zugeht als in vielen anderen Unternehmen. Sie ist für unterschiedliche Bereiche zuständig und gehört genau dieser Gruppe von Menschen an, die nur von „Idiot·innen“ umgeben ist. Und das frustriert.

Vieles „muss“ sie allein machen, obwohl sie gar nicht dafür zuständig ist. Ihre Marketingagentur liefert nur schlechte Arbeit. Deswegen hat sie den Vertrag bereits gekündigt. Mit der Einkaufsabteilung hat sie sich auch schon angelegt, weil die Mitarbeiter·innen auch hier ihren Job „nicht gemacht haben“.

Stefanie ist genervt, frustriert, ständig gestresst, und ihre Batterien sind nach einem Arbeitstag komplett leer. Gleichzeitig fällt es ihr schwer, sie bis zum nächsten Tag wieder aufzufüllen. Sie möchte eigentlich nur noch den Job wechseln.

Sind es wirklich die anderen?

Stefanie fragt sich, ob es wirklich die anderen sind. Denn an „guten“ Tagen kommt sie mit allen sehr gut aus, ja, sie feiert ihre Mitarbeiter·innen und Kolleg·innen regelrecht. Kann es also sein, dass sie nur dann in dieses Muster fällt, wenn sie gestresst ist? Aber was ist, wenn die „guten“ Tage immer seltener werden? Stefanie sorgt sich, in eine latente Unzufriedenheit abzudriften.

Stefanies Thema – und vielleicht auch deins?

In unserem Coaching erzählt mir Stefanie von einem konkreten Beispiel, das sehr gut darstellt, was sie mit „Inkompetenz ihrer Kolleg·innen“ meint.

Nach einem langen und stressigen Tag ist sie mit ihrer Energie am Ende und möchte nur noch nach Hause. Kurz vor Feierabend bekommt sie eine E-Mail von einem der Chefärzte an die Personalabteilung mit ihr in CC. Thema ist eine Stellenanzeige. In dieser Mail fragt der Chefarzt sie nach einem neuen Bild für die Anzeige, da letztens neue Fotos professionell aufgenommen wurden und er das aktuelle gern austauschen möchte.

Stefanie öffnet die Anzeige, und sofort ist ihr Blut in Wallung. Die Anzeige ist ein altes Design, vollkommen unbrauchbar, um attraktiv für neue Bewerber·innen zu sein. Dabei hatte sie gerade erst ein neues erstellen lassen, das ab sofort verwendet werden soll.

Und schon läuft eine Reaktion ab, die Stefanie selbst kaum noch kontrollieren kann.

Wie können die so was rausschicken? Wie kann es überhaupt sein, dass ich nichts davon weiß? Warum ist das mit mir nicht abgesprochen? Sieht denn keiner, wie schlecht das Design ist? Denkt hier denn keiner mit?
Stefanie im Coaching

Stefanies Stresspegel steigt weiter, sie fühlt sich verantwortlich, hat noch ein To-do, um das sie sich kümmern muss, verurteilt ihre sämtlichen Kolleg·innen, und dieser ganze innerliche Prozess kostet sie eine Menge an Energie, die sie eigentlich nicht mehr hat. Jetzt ist sie mit den Nerven tatsächlich am Ende.

Kommt dir das bekannt vor?

Vielleicht kennst du solche Situationen auch? Oder ähnliche? Seit mehr als sieben Jahren bin ich als Karrierecoach tätig und ich treffe immer wieder Klient·innen, die Ähnliches erleben. Doch sind in solchen Momenten die anderen das Problem, oder bist es doch eher du selbst?

Stefanie und ich arbeiten schon seit geraumer Zeit zusammen. Zu Beginn ging es darum, den passenden Job zu finden, dann ging es um das Onboarding und ihre Rolle als Führungskraft und seitdem arbeiten wir immer wieder bei akuten Themen zusammen. Für Stefanie war klar, dass sie etwas ändern muss.

Stefanies Erkenntnisse – Tipps für dich

1. Ist das wirklich meine Aufgabe?

Stefanie hat direkt die gesamte Verantwortung an sich gerissen. In diesem Augenblick wurde sie nur nach einem Foto gefragt. Nicht mehr. Es war gar nicht ihre Aufgabe, die gesamte Anzeige austauschen zu lassen. Sie hätte also einfach nur ein neues Foto schicken können, und das ganze Thema wäre erledigt gewesen. Sie hat entschieden, sich die gesamte Aufgabe zu greifen. Niemand anderes.

2. Eine Nacht drüber schlafen und ein anderes Ergebnis?

Langer Tag und energetisch schon an einem Tiefpunkt. Hätte sie die E-Mail am nächsten Morgen gelesen, ausgeschlafen und voller Energie, hätte sie möglicherweise anders reagiert. Entspannt und ausgeglichen vielleicht. Hätte ein neues Bild geschickt und den Hinweis, doch bitte die neue Vorlage für die Stellenanzeigen zu nutzen und das auch bitte zukünftig zu tun. Thema ebenfalls erledigt. Ohne Stress und Aufregung.

3. Sprechen wir wirklich von Inkompetenz?

Ihre Kolleg·innen waren nicht inkompetent. Der Chefarzt beschäftigt sich nicht mit solchen Dingen. Er ist Arzt, kein Designer und auch nicht für die Stellenanzeigen verantwortlich. Die Personalabteilung wusste von einem neuen Design nichts und hat das genommen, was auch das Jahr davor genutzt wurde und immerhin von einer Marketingagentur angefertigt wurde. Warum sollte man die Arbeit von Expert·innen infrage stellen? Auch wenn man hier diskutieren kann, dass es engagiertere Mitarbeiter·innen gibt, haben alle in diesem Fall einfach nur ihre Aufgaben erledigt nach bestem Wissen und Gewissen.

4. Will ich dafür verantwortlich sein?

Stefanie kann die Verantwortung nur schwer abgeben. Sie muss immer die Kontrolle haben. Als Führungskraft ist die fehlende Delegation von Aufgaben ein großes Problem. Sie gibt so auch ihren Mitarbeitenden gar nicht die Chance, Eigenständigkeit und Verantwortung zu lernen. Außerdem schafft sie sich so mehr Arbeit, da sie alles selbst macht und immer noch kontrolliert. Das schafft zusätzlichen Stress, der auch nicht notwendig ist. Wer kennt solche Vorgesetzte? ;-)

Hand aufs Herz: Wie sehr treffen Stefanies Erkenntnisse auch ein kleines bisschen auf dich zu – oder zumindest auf jemanden, den du kennst?

Das wird Stefanie (und vielleicht auch du) in Zukunft anders machen

Stefanies wichtigste Erkenntnis war es, dass der Stress für sie nicht durch zu viel Arbeit entsteht sondern durch die Bewertung von Situationen und ihren Kolleg·innen.

Wir haben zum Ende des Coachings ein kleines Experiment vereinbart. Stefanie versucht in Zukunft in solchen Situationen die Vogelperspektive einzunehmen. Im Coaching nennen wir das auch Dinge und Situationen aus der Metaebene zu betrachten. Folgende Schritte wird sie ausprobieren:

Schritt 1: Tieeeeef durchatmen!

Schritt 2: Stelle dir folgende Fragen:

  • Was passiert hier wirklich?

  • In welcher Gefühlslage befindest du dich gerade? Bist du erschöpft und müde oder hellwach und ausgeglichen?

  • Reagierst du deshalb eventuell emotional?

  • Was ist hier wirklich deine Aufgabe?

Schritt 3: Wahrnehmen

Kommen wieder Gedanken wie:

  • „War ja klar, die kriegen auch wieder nichts hin.“

  • „Sehen die nicht, dass das Mist ist?“

  • „Wie kann man sowas nur machen?“

  • „Denkt hier niemand nach?“

  • „Können die nicht einmal ihren Verstand benutzen?“

Dann nutzt du gerade sehr viel Energie für Verurteilungen und Bewertungen und Schlussfolgerungen, die in ihrer Absolutheit wahrscheinlich gar nicht stimmen. Gleichzeitig steigerst du dich weiter in die Sache rein und versetzt dich selbst in noch mehr Stress.

Schritt 4: Was würdest du tun, wenn du komplett in deiner Balance wärst?

Würdest du wie oben beschrieben, einfach nur die Aufgabe erledigen und vielleicht einen Termin vereinbaren, um die neuen Designs zu kommunizieren? Hättest du vielleicht Ideen, wie man gewährleistet, dass alle die richtigen Unterlagen und Infos haben?

In die Balance kommen geht zum Beispiel in dem du dir etwas gutes tust. Zieh dich aus der Situation heraus, mache einen Spaziergang, ordne Unterlagen auf deinem Schreibtisch, sprich mit deinem/r Lieblingskolleg·in oder iss etwas.

Sich bewusst in die Metaebene zu begeben führt dazu, dass Situationen objektiver betrachtet werden können. Der Dalai Lama sagte einmal: „Die höchste Kunst des Menschen ist es, nicht zu bewerten.“ Wenn du es schaffst, dich auf die Metaebene zu begeben, dann wirst du relativ schnell feststellen, wie der Puls sinkt, der Kopf klarer wird und du dich entspannst. Diese Technik hilft natürlich auch bei aufkommenden Konfliktsituationen und du wirst dich wundern, wie schnell man zu einer Lösung kommen kann, wenn man sich frei von Bewertungen macht.

Was hast du für dich aus dem Coaching mit Stefanie noch mitgenommen? Erkennst du Parallelen? Ich freue mich auf deinen Kommentar.

Und wenn dir solche oder ähnliche Situationen bekannt vorkommen und du gerne etwas daran ändern möchtest, dann buche dir hier gern ein kostenfreies Analysegespräch und wir schauen gemeinsam wie eine Lösung für dich aussehen könnte.

Übrigens: In meinem Podcast „Berufsoptimierer“ spreche ich regelmäßig über diese Themen und welche Lösungen es geben könnte. Schau doch mal gerne hier vorbei.

Das war es wieder von mir.

Bis zum nächsten Mal!

Viele Grüße,

Dein Bastian

Kommentare

Bastian Hughes schreibt über Job & Karriere, Personalwesen

Authentisch. Erfolgreich. Sein. - Genau dabei möchte ich dich unterstützen. Als Ex-Personaler, Podcaster, Karriere Coach und Trainer für Unternehmen & Hochschulen begleite ich seit 2017 Menschen im Bewerbungsprozess und auf den Weg hin zu einer Karriere nach ihren Wünschen und Vorstellungen.

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