Wärmepumpen-Markt stagniert: 2024 nur 193.000 verkaufte Einheiten statt 500.000 geplanter Installationen
Im Wahlkampf ist das Heizungsgesetz wieder ein Thema. Die Union möchte es abschaffen, sollte sie regieren dürfen. Die Branche kritisiert den Vorstoß.
Seit dem Ampelbruch im November lodert ein Diskussionsthema von 2023 wieder auf: Es geht um das sogenannte Heizungsgesetz. Schon damals wurde monatelang darüber diskutiert. Schließlich trat die Novelle am 1. Januar 2024 in Kraft. Seitdem muss jede neu eingebaute Heizung in Neubaugebieten zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden (können) – für bestehende Gebäude gibt es Übergangsfristen.
Damit schien das Thema um die Energiewende eigentlich beendet. Nun steht die Bundestagswahl 2025 – und im Wahlkampf kocht das Thema wieder auf. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kündigte an, dass Gesetz kippen zu wollen. Mit dem Beschluss des sogenannten „Sofortprogramm“ auf dem Parteitag, wiederholt die CDU das Vorhaben. Auch das BSW und die AfD sehen Ähnliches vor.
Aus der Branche gibt es Kritik: „Wir haben im vergangenen Jahr einen Absatzeinbruch von 50 Prozent bei allen Wärmeerzeugern gesehen. Wenn man nun die Situation weiter verschlimmern will, dann schafft man das Heizungsgesetz ab“, sagt Björn Schreinermacher, Leiter Politik beim Bundesverband Wärmepumpen.
Grundsätzlich kann das Gebäudeenergiegesetz nicht einfach abgeschafft werden, denn es basiert zu großen Teilen auf europäischen Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie EPBD. „Die Union bezieht sich nach unserer Einschätzung bei der Forderung im Wesentlichen auf den Paragrafen 71 im GEG. Dieser Paragraf regelt unter anderem, dass neue Heizungen mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen müssen“, erklärt Frederic Leers, Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH).
Sollte es nach der Wahl tatsächlich zu einer Anpassung dieses Paragrafen kommen, so fordert der BDH dazu auf, diese im Dialog mit der Branche, und „ohne eine langwierige politische und mediale Debatte wie 2023 vorzunehmen“. Denn: „Sowohl in der Industrie als auch beim Endverbraucher ist Verlässlichkeit bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen eine wichtige Voraussetzung, damit sie investieren“, sagt Leers.
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Doch bereitet die Debatte bereits Verunsicherung? Im vergangenen Jahr brach der Absatz für die gesamte Branche stark ein. Während die Hersteller im Rekordjahr 2023 noch 1,3 Millionen Wärmeerzeuger absetzten, waren es im vergangenen Jahr nur noch 712.500 Wärmeerzeuger – ein Rückgang um 46 Prozent. Zwar zog sich der Negativtrend durch sämtliche Arten der Heizungstechnologien, doch vor allem bei den Wärmepumpen rückte das Ziel der Bundesregierung, ab 2024 jährlich eine halbe Million Wärmepumpen zu installieren, in weite Ferne.
Warten auf die kommunale Wärmeplanung verzögert Energiewende
Gerade einmal 193.000 Wärmepumpen wurden im vergangenen Jahr verkauft. Im Vorjahr waren es mit 356.000 Stück fast doppelt so viele. Den Grund für den starken Einbruch sieht der Bundesverband Wärmepumpe vor allem in den Unsicherheiten rund um kommunale Wärmeplanung und in den unbekannten Heizungsförderungen.
Nun könnte ein weiterer Faktor die Verunsicherung bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern erhöhen. Zwar kommuniziere die CDU, dass es Alternativen zum Heizungsgesetz gäbe, doch wie die aussehen sollen, sei laut Schreinermacher, „völlig unklar“. Stattdessen sagt er: „Im Gebäudeenergiegesetz gibt es das Gebot, dass bei der Installation einer neuen Heizung diese zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Diesen Grundsatz braucht es auch weiterhin.“ Derzeit sei der Markt auf den wachsenden Einsatz von erneuerbaren Energien ausgerichtet.
„Das Potenzial sollte nun genutzt werden“
Ende Januar blickte der Verband zuversichtlich in die Zukunft. Denn zuletzt waren die Förderungen wieder gestiegen. Laut Bundeswirtschaftsministerium wurden im vergangenen Jahr 151.100 Anträge von der nationalen Förderbank KfW für Wärmepumpen genehmigt. „Die Förderprogramme entfalten nun ihre Wirkung. Das Potenzial sollte nun genutzt werden, um den Wärmemarkt und die Industrie dahinter wieder in Gang zu bekommen“, fordert Schreinermacher vom Bundesverband Wärmepumpe. Stattdessen könnte die Verunsicherung zu einem erneuten Absatzrückgang in der Jahresmitte herbeiführen.
Der schwedische Wärmepumpenhersteller Nibe produziert im niedersächsischen Celle. Im vergangenen Jahr kündigte das Unternehmen aufgrund der anhaltenden schwachen Nachfrage einen Stellenabbau an. „Variable Kosten wie Materialbestand und Mitarbeiteranzahl wurden angepasst. Die Anpassung erfolgte jedoch mit dem Ziel jederzeit auch auf einen erneuten Hochlauf der Produktion reagieren zu können“, versichert Geschäftsführer Klaus Ackermann.
Aktuell erlebt das Unternehmen wieder ein gestiegenes Verbraucherinteresse. Ackermann führt das auf die bestehenden Randbedingungen zurück und warnt deshalb: „Anpassungen sollten umsichtig, gut überlegt und im Einklang mit den Maßnahmen zur Strompreisreduzierung erfolgen und rechtzeitig angekündigt werden.“ Kurzfristige Änderungen ohne erkennbaren langfristigen Plan würde Unsicherheiten erzeugen und Verbraucher in den kommenden Jahren schädigen. Deshalb sei es wichtiger die Förderungen zunächst aufrechtzuerhalten. In den kommenden Jahren kann dann die Förderung nach und nach mit den angekündigten Strompreissenkungen abgebaut werden, sagt er.
Auch bei den Handwerksbetrieben würde eine Abschaffung des Heizungsgesetzes erneut Unsicherheit schaffen. „Viele Betriebe und Unternehmen haben bereits in Schulungen, Technik und Personal investiert, um sich auf die gesetzlichen Vorgaben einzustellen. Ein plötzlicher Kurswechsel könnte dazu führen, dass diese Investitionen an Wert verlieren und Planungen hinfällig werden“, teilt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) auf Nachfrage der WirtschaftsWoche mit.
Handwerksbetriebe
Um auf die erhöhte Nachfrage 2023 decken zu können, haben viele Handwerksbetriebe in die Fortbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investiert, damit diese moderne Heiztechnologien wie die Wärmepumpe installieren zu können. Doch mit dem Absatzeinbruch in der Wärmeindustrie sank auch die Nachfrage bei den Installateuren. „Um nicht in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten, sind einige gezwungen, ihr Angebot zu diversifizieren oder andere Geschäftsfelder auszubauen“, teilt der Verband mit. Um die Wärmewende erfolgreich umsetzen zu können, brauche es daher stabile Rahmenbedingungen.
Dennoch blickt die Branche positiv auf das laufende Jahr. Der Bundesverband der Heizungsindustrie erwartet eine Seitwärtsbewegung des Marktes, bis hin zu einem leichten Wachstum. „Trotz des allgemein schwierigen wirtschaftlichen Umfelds und der aktuellen politischen Situation sind die Menschen bereit, in moderne Heizungstechnik zu investieren. Wir gehen davon aus, dass auch eine neue Bundesregierung die Klimaschutzziele im Wärme- und Gebäudesektor im Blick behält und die dafür erforderlichen Anreize beibehalten wird“, teilt der Sprecher auf Nachfrage mit. Denn das Potenzial sei erheblich.
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