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Warum Diversity-Trainings nicht genug sind (und manchmal sogar schaden)

Um Vielfalt zu fördern und Vorurteile zu reduzieren, ist es naheliegend, Personaler*innen und Manager*innen zu Diversity-Trainings zu schicken. Studien lassen jedoch befürchten, dass diese lange nicht so effektiv sind wie erhofft. Woran das liegt, und was wir für mehr Diversität tun können, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Seit den 1960er-Jahren gibt es Bemühungen um mehr Chancengleichheit in Unternehmen – und seitdem ähnliche Ansätze, um Diversität zu fördern. Klassisch sind hier Diversity-Trainings, Leistungstests und Beschwerdesysteme. Schaut man sich im durchschnittlichen Unternehmen um, ist es mit der Diversity jedoch auch heute oft noch nicht weit her. Auch deswegen hat eine Studie der Harvard Universität genauer hingeschaut, wie wirksam solche Trainings denn nun sind. Das Ergebnis: Diversity-Trainings sind nicht nur wenig wirksam, sie können Diskriminierung sogar noch verstärken.

Warum wirken Diversity-Trainings nicht?

Sie sorgen zwar dafür, dass ein Bewusstsein für Vorurteile und Diskriminierung in der Arbeitswelt geschaffen wird, allerdings wird das dort Gelernte in der Tat bald wieder vergessen. Denn wenn wir mal ehrlich sind, sind die Inhalte aus Diversity-Vorträgen oder Workshops schnell mal wieder ganz hinten auf der Prioritätsliste, sobald uns der Stress im Arbeitsalltag eingeholt hat. Uneffektiv sind Diversity-Trainings besonders dann, wenn sie nicht freiwillig gemacht werden. Denn wir haben die Tendenz, uns erst recht gegen etwas zu sträuben, wenn es uns vorgeschrieben wird. Im schlimmsten Fall werden Biases dadurch verstärkt, und das Diversity-Training wirkt genau in die entgegengesetzte Richtung. Zudem kann ein Overconfidence-Bias entstehen: Habe ich bereits an unzählige Schulungen zum Thema Diversität teilgenommen, glaube ich, dass ich alles darüber weiß. Wenn ich mich nun auch noch als Experte im Thema sehe, wie beispielsweise Recruiter und Manager, tendiere ich dazu, mich nicht mehr zu hinterfragen. Und immer weniger zu hinterfragen, wenn ich doch schon viele Trainings gemacht habe. Das Problem mit Unconscious Bias ist aber: Sie sind „unconscious“ – wir merken sie nicht! Und auch Trainings können unser Gehirn nicht verändern.

Welche Maßnahmen machen ein Unternehmen wirklich diverser?

Wir können uns also auf Diversity-Trainings nicht verlassen. Trotzdem sollten wir damit nicht aufhören – wir sollten uns jedoch bewusst machen, das Trainings auf keinen Fall ausreichen. Anstatt den Mitarbeiter*innen vorzuschreiben, an einem Diversity-Training teilzunehmen und dann zu hoffen, dass das Unternehmen durch einen Tag Workshop – wie durch ein Wunder – diverser wird, sollten wir anstreben, dass sich Mitarbeiter*innen und Führungskräfte intrinsisch für das Thema Diversität interessieren. Dafür müssen die Menschen mit Diversität konfrontiert und an der Problemlösung beteiligt werden. Nur so kann jeder in seiner/ihrer eigenen sozialen Verantwortung zu diesem Thema bestärkt und in dem Veränderungsprozess unterstützt werden. Folgende Maßnahmen haben dabei in den vergangenen Jahren positive Effekte gezeigt:

1. Nachhaltige Diversity-Trainings auf freiwilliger Basis: Mitarbeiter, die ihr Umfeld aktiv diverser gestalten wollen, können sich hier weiterbilden, eigene Biases erkennen und mehr über effektive Maßnahmen für mehr Diversität erfahren. Durch die freiwillige Anmeldung ist die intrinsische Motivation der Mitarbeiter, etwas verändern zu wollen, gegeben, und die Chancen sind um einiges höher, dass die Inhalte aus dem Training aufgenommen und umgesetzt werden. Unterstützend zur Seite stehen kann in diesem Prozess auch ein Diversity-Manager, welcher die Diversity-Trainings organisiert und auch im Nachgang noch bei Veränderungsprozessen weiterhilft. Es sollten zudem Möglichkeiten für kontinuierliche Reflektion und Auffrischung gegeben sein.  

2. Gezieltes Recruiting von Frauen und unterrepräsentierten Gruppen: Gezieltes Recruiting hilft dabei unterrepräsentierte Gruppen verstärkt ins Unternehmen zu holen. So bekommen unterrepräsentierte Gruppen eine stärkere Stimme und sie bringen durch unterschiedliche Meinungen und Herangehensweisen Diversität ins Unternehmen.  

3. Diversity-Mentoring: Mentoring ist eine weitere Möglichkeit, Führungskräfte aktiv in die Problemlösung miteinzubeziehen und Vorurteile abzubauen. Wenn Mentoren ihren Schützlingen bei ihrer persönlichen Weiterentwicklung helfen, bauen sie eine persönliche Bindung zu ihnen auf. Wird die erwünschte Leistung gebracht, freuen sich Mentoren über die Erfolge der Schützlinge, egal welches Geschlecht oder welche Hautfarbe er/sie hat. So werden Vorurteile abgebaut und Unterschiede akzeptiert. 

4. Autonome Teams mit regelmäßigem interdisziplinärem Austausch: Autonome Teams haben in erster Linie nicht den Zweck Diversität zu fördern, aber es hat sich gezeigt, dass sie dabei helfen, den Kontakt zwischen Gruppen zu erhöhen, welche sonst eher unter sich bleiben würden. Dadurch werden Entscheidungen, unter der Berücksichtigung von mehreren, verschiedenen Meinungen, getroffen. 

Welche Maßnahmen werden bei euch im Unternehmen umgesetzt, um Diversität zu fördern? Schreibt eure Erfahrungen gern in die Kommentare.

Kommentare

Sandra Zemke schreibt über Job & Karriere, Personalwesen, Politik & Gesellschaft

Sandra ist Gründerin und CEO von anonyfy. Ihre Vision ist es, Recruiting auf das zu konzentrieren, was wirklich entscheidend ist für den Job, das Unternehmen und die Menschen - ohne Vorurteile.

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