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Ein Rechenzentrum (RZ) ist heute mehr als nur Datenverarbeitungsstätte und Gebäude für EDV-Technik. - Pixabay

Warum Rechenzentren nachhaltig geplant und gebaut werden sollten

In Deutschland gibt es etwa 53.000 Rechenzentren, 25 Prozent befinden sich in Frankfurt am Main. Verfügbarkeit, Sicherheit und Investitionskosten waren vor einigen Jahren die einzigen Faktoren, nach denen sie konzipiert und betrieben wurden. Mittlerweile sind Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Betriebskosten bei der Planung und dem Betrieb von Serverräumen und Rechenzentren nicht mehr wegzudenken. Ein neu gebautes Rechenzentrum schafft es durch energieeffiziente Komponenten, dass etwa nur ein Viertel bis die Hälfte des Stroms benötigt wird, um die IT zu kühlen. Kleine IT- oder mittelständische Unternehmen und global agierende Konzerne können allerdings die gleichen Fehler machen, weil Fehlinvestitionen in ein nicht zukunftsfähiges RZ, Überdimensionierung und eine unflexible RZ-Infrastruktur immer und überall vorkommen können und sich negativ auf das jeweilige Unternehmen auswirken.

In Deutschland stehen die meisten Rechenzentren in Frankfurt am Main, „denn die deutsche Finanz-Hauptstadt ist zugleich der größte Internetknoten der Welt“ (Michael Schlegel). Im Bereich der RZ-Infrastruktur wurde in den vergangenen Jahren bereits eine nennenswerte Effizienzsteigerung erreicht. Ein großer Hebel zur Effizienzsteigerung im RZ liegt nach Ansicht von Martin Weber, Geschäftsführer der konseq GmbH, darin, „auch die IT-Komponenten und -Services mit in die Betrachtung einzubeziehen und hier bestenfalls Synergien zu erreichen. So könnte die Effizienz der Klimatisierung von Rechenzentren und deren Abwärmenutzung zum Beispiel durch den Einsatz heißwassergekühlter IT-Systeme auf ein nie dagewesenes Level gehoben werden.“ Zudem stellt sich die Frage, warum IT-Systeme, die Services zur Verfügung stellen, die nicht 24/7 verfügbar sein müssen, nicht außerhalb dieser und natürlich der Backup-Zeiten z. B. am Wochenende oder nachts abgeschaltet oder in einen Standby-Zustand versetzt werden. Durch den Einsatz von Virtualisierungstechnologien wäre dies mittlerweile seines Erachtens nach einfacher umzusetzen denn je. Dies erfordert allerdings neben einer entsprechenden IT-Strategie und -Planung auch eine sehr flexible RZ-Infrastruktur.

Weber ist seit über zehn Jahren als Berater und Planer im Bereich Rechenzentren tätig. In dieser Zeit erarbeitete er zahlreiche ganzheitliche RZ-Konzepte und -Lösungen. Als Geschäftsführer der konseq GmbH verbindet er seine Kompetenz und Erfahrung in der IT sowie der Konzeption und Planung von Rechenzentren mit einer konsequent an seinen ökologischen Überzeugungen ausgerichteten Lebensweise. Seit 2012 ist er Mitglied des Expertengremiums zur Erarbeitung der Vergabegrundlage „Blauer Engel für energiebewussten RZ-Betrieb“ (DE-UZ 161) unter Leitung des Umweltbundesamtes und bringt hier seinen ganzheitlichen Blick in Bezug auf Nachhaltigkeit, IT und technische Gebäudeausrüstung ein.

  • Stromversorgungs- und Klimatisierungssysteme sind wesentlich komplexer geworden

  • IT und Facility Management wachsen immer mehr zusammen

  • steigende Energiekosten

  • gesetzliche Vorgaben und entsprechende Forderungen in der europäischen RZ-Norm EN 50600

  • unternehmensweite Einführung von Energiemanagementsystemen

  • unternehmensinternes Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement

  • Folgen des Klimawandels und die öffentliche Debatte Diskussion.

Das perfekte Zusammenspiel der einzelnen Gewerke eines RZ stellt in der Umsetzung eine enorme Herausforderung dar.

Deshalb braucht es beispielsweise bei Neubauprojekten von Anfang an „ein optimales Zusammenspiel der Gewerke IT, Klima, Elektroversorgung, Gebäude und Sicherheitstechnik sicherzustellen, ist ein umfangreicher Austausch während des gesamten Planungsprozesses von essentieller Wichtigkeit“, sagt Michael Schlegel, der leider häufig erlebt, dass die einzelnen Fachplaner die Anzahl der Schnittstellen zu anderen Gewerken möglichst gering halten beziehungsweise komplett vermeiden wollen. Dies macht die Planung zwar zunächst für jeden einfacher, „aber gewerkeübergreifende Themen, die im Interesse des Auftraggebers und der Nachhaltigkeit wären - wie beispielsweise die Nutzung der IT-Abwärme zur Beheizung des restlichen Gebäudes - werden nicht betrachtet oder generell abgelehnt.“ Es sollte seiner Erfahrung nach deshalb möglichst von Anfang an ein RZ-Fachplaner, der das „große Ganze“ im Blick hat, mit am Tisch sitzen. Im Bestand ist vor allem die Kommunikation des meist für die Klimatisierung und Elektroversorgung verantwortlichen Facility Managements mit der IT-Abteilung von großer Bedeutung, um geplante Änderungen gemeinsam aufeinander abzustimmen und so auch über Jahre einen optimalen Betrieb zu gewährleisten. Ferner muss hierfür ein Energiemanagement implementiert sein, dass unter anderem durch die regelmäßige Auswertung der wichtigsten Kennzahlen die Effizienzleistung des RZ überwacht und gegebenenfalls durch die Ableitung von Maßnahmen optimiert.

  • Einsatz von besonders energieeffizienten Systemen

  • Betrachtung der Betriebs- und Energiekosten als Parameter für die Einkaufsentscheidung

  • Nutzung von Energiesparfunktionen

  • Betrachtung individueller Gegebenheiten vor Ort und Einbindung des RZ in vorhandene Energiekreisläufe

  • Berücksichtigung der Ressourceneffizienz bei der Konzeption und Planung (Einsatz von hochqualitativen Anlagen mit langfristigen Reparaturmöglichkeiten)

  • Energieeffizienz der geplanten Anlagen und Nutzung eines sinnvollen Energie-Monitoring

  • Einsatz von erneuerbaren Energien

  • Recyclingfähigkeit

  • Gewährleistung der Effizienz der IT-Geräte durch eine optimale Auslastung der Systeme

  • Vermeidung von Schadstoffen im RZ (z.B. klimaschädliche HFKW-Kältemittel und Komponenten aus PVC wie z.B. Kabel und Bodenbeläge)

  • Der Betrieb ist klimaneutral oder besitzt durch Nutzung der Abwärme eine positive Klimabilanz

  • sofortige Außerbetriebnahme von nicht mehr benötigten Systemen

  • Berücksichtigung sozialer Aspekte (Arbeitsbedingungen in den Zulieferbetrieben)

  • Eine gute Prozessgestaltung in einer Organisation verlangt immer eine gute Kommunikation.

  • Personaleinsatz, Qualifikation und Betriebsabläufe müssen (ausreichend) definiert sein.

Weiterführende Informationen:

Kommentare

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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