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Wege zum klimaneutralen Unternehmen: Wie die Umsetzung in der Praxis gelingt

**Für Unternehmen ist Klimaneutralität ein wesentlicher Faktor zum aktiven Klimaschutz.**Doch viele wissen gar nicht, wie sie das in der Praxis umsetzen sollen. Und auch ist (noch) nicht klar definiert, was das konkret bedeutet. Darum gehen immer mehr Initiativen und Kooperationen das Projekt Klimaneutralität gemeinsam an.

Entsprechend unterschiedlich sind die Ansätze: Um das Ziel, bis 2030 klimaneutral zu werden, zu erreichen, beschäftigt sich beispielsweise bei der DATEV ein eigener Klimaarbeitskreis mit der Frage, wie die Klimaneutralität in den nächsten neun Jahren auf die Beine stellen lässt. Dies betrifft Bereiche wie Strom, Wärme oder indirekte Emissionen wie beispielsweise das Fliegen oder den Fuhrpark. Außerdem gehört die Reduktion von Papier- und Hardware dazu. Auch der weltweite Geschäftsbetrieb der METRO soll überwiegend eigener Kraft bis 2040 klimaneutral gestellt werden. Ultimatives Ziel ist es, CO2-Emissionen zu vermeiden. Verbleibende Restemissionen werden über Goldstandard Zertifikate kompensiert.

Der Neumarkter Holzwerkstoffproduzent Pfleiderer hat ebenfalls Grundstein für ein „klimaneutrales Branchenunternehmen“ gelegt. Das Unternehmen ist Mitglied der vom Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HdH) initiierten Brancheninitiative „Klimaschutz Holzindustrie“ geworden, die auf den Erfahrungen des Klimapaktes der Möbelindustrie aufbauen will. Alle Branchenunternehmen können in einem dreistufigen Verfahren zum zertifizierten Hersteller klimaneutraler Produkte werden: Ermittlung der CO2-Bilanz eines Unternehmens und die Reduzierung seiner Emissionen - Zertifizierung als klimaneutrales Unternehmen - mit Hilfe der Kompensation des CO2-Ausstoßes können die eigenen Produkte als klimaneutral zertifiziert werden. Damit verbunden ist die Vergabe des HDH-Labels „CO2-Bilanz und Emissionsreduzierung“. Weitere Maßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität werden derzeit in Zusammenarbeit mit der zuständigen Gesellschaft für Klimaschutz für die Holzindustrie (GKH GmbH) vorbereitet.

Maßgeschneiderte Fahrpläne zur eigenen Klimaneutralität

Deshalb haben Anfang 2021 der Verband Klimaschutz-Unternehmen und das Fachgebiet Umweltgerechte Produkte und Prozesse (UPP) der Universität Kassel das zweijährige Kooperationsprojekt „Wege zum klimaneutralen Unternehmen“ gestartet. Daran beteiligt haben sich diese zehn Klimaschutz-Unternehmen: Energiedienst Holding AG, Förster Kunststofftechnik GmbH, Neumarkter Lammsbräu Gebr. Ehrnsperger KG, PHOENIX CONTACT GmbH & Co. KG, Provinzial Holding AG, Schöck Bauteile GmbH, Stadtwerke Karlsruhe GmbH, Weidmüller Interface GmbH & Co. KG, Worlée-Chemie GmbH, ZINQ GmbH & Co.KG. Ziel ist es, dass diese Unternehmen in dieser Zeit maßgeschneiderte Fahrpläne zur eigenen Klimaneutralität entwickeln. Konkret bedeutet das: Auf Grundlage der aktuellen klimawissenschaftlichen Debatte und der technologischen Optionen wird eine emissionsbezogene Bestandsaufnahme gemacht. Analysiert werden dabei Aspekte des Life-Cycle-Assessments sowie die Scope-3-Emissionen. In Workshops mit den jeweiligen Unternehmen werden Maßnahmen für Energieeffizienz, Substitution und Kompensation festgelegt.

Gleichzeitig wird damit überprüft, wie ambitioniert von der Politik vorgegebene Klimaschutzziele sind und an welchen politischen Stellschreiben noch gedreht werden sollte. Der Verband Klimaschutz-Unternehmen versteht sich als Schnittstelle zu Politik, Umweltverbänden, Gesellschaft und Medien. Neben der Kommunikation werden aus den Ergebnissen des Projekts Leitlinien für Klimaneutralität entwickelt. Die Klimaschutz-Unternehmen sind ein branchenübergreifendes Exzellenznetzwerk in Deutschland, das sich als Vorbild und Multiplikator in der deutschen Wirtschaft sieht. Mitglied des Verbands können nur besonders engagierte Unternehmen werden, die nach einer intensiven, wissenschaftlichen Prüfung eine positive Empfehlung des Beirats erhalten, in dem das Bundesumweltministerium, das Bundeswirtschaftsministerium und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag vertreten sind. Seit 2014 gehört auch die Mader GmbH & Co. KG offiziell zu den Klimaschutz-Unternehmen. Es hat sich freiwillig zu messbaren und ambitionierten Klima- und Energieeffizienzzielen verpflichtet, verringert die CO2-Emissionen und leistet durch innovative Dienstleistungen im Bereich Druckluft und Produkte einen herausragenden Beitrag zur betrieblichen Energieeffizienz.

Im Rahmen des aktuellen Kooperationsprojekts „Wege zum klimaneutralen Unternehmen“ engagiert sich unter anderem der Bio-Pionier Neumarkter Lammsbräu, der kürzlich sein Projekt „Klimastrategie 2.0“ gestartet hat. Kernpunkt des Vorreiterprojekts ist die komplett wissenschaftsbasierte Optimierung der erfolgreichen Klimastrategie der Oberpfälzer. „Mit Blick auf das Erreichen der Ziele des Pariser Klimaabkommens reichen dem Unternehmen die aktuellen Maßnahmen zur Klimaneutralität nicht aus: „Uns ist wichtig, dass unsere Klimaschutzmaßnahmen immer optimal ineinandergreifen, wir in allen Bereichen noch besser werden und damit das Maximum an CO2 einsparen. Wir stellen unsere Klimastrategie deshalb ab sofort konsequent auf den Prüfstand und richten diese als erster mittelständischer Lebensmittelhersteller Deutschlands komplett an den Science Based Targets, kurz SBTs, aus“, sagt Johannes Ehrnsperger, Inhaber und Geschäftsführer von Neumarkter Lammsbräu. Die Science Based Targets Initiative von CDP, UN Global Compact, World Resources Institute und dem WWF unterstützt mit branchenspezifischen Methoden, einem kostenlosen Berechnungstool, einem Handbuch und technischer Unterstützung Unternehmen dabei, sich CO2-Reduktionsziele im Einklang mit der Klimawissenschaft zu setzen. Vor allem der strukturierte Aufbau der Methode erleichtert die Umsetzung in der Praxis.

Ulrike Böhm: Die Macht der kleinen Schritte. Wie man als mittelständisches Unternehmen zum Klimaretter wird. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Olaf Schulze: Energie für den Handel – Herausforderungen für Unternehmen und Politik. In: CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage, Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2019.

Olaf Schulze: Mobilität gegen den Klimawandel. Das Mobilitätskonzept der METRO. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. SpringerGabler Verlag. Heidelberg, Berlin 2020, S. 157-176.

Kommentare

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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