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Radiomoderatorin und Autorin Gisela Steinhauer - Detlef Ilgner

„Wenn die Neugier endet, endet auch meine Arbeit …“: Interview mit Gisela Steinhauer

Sorgfältig recherchieren, soviel wie möglich über den Gast lesen, sich Gedanken machen über Fragen, die anders sind als die herkömmlichen, und schließlich aufmerksam zuhören. Dann müsste es klappen.

Weil Radio das schnellste Medium ist. Kino für die Ohren. Und Stimmen, die so wunderschöne Stimmungen schaffen können.

Das hat gedauert. Denn auch für ein Praktikum brauchen Sie Arbeitsproben, die ich nicht hatte (deshalb wollte ich ja die Praktika machen). Schließlich bin ich mit einem einzigen Artikel beim Belgischen Rundfunk in Eupen vorstellig geworden, und der damalige Chefredakteur Peter Thomas hat mir die Chance meines Lebens gegeben. Dafür werde ich ihm immer dankbar sein.

Weil uns die häufige Nabelschau davon abhält, den Kopf zu heben und den Blick zu weiten. Sich immer mal wieder auch für das zu interessieren, was links und rechts von uns passiert, kann dafür sorgen, dass wir deutlich zufriedener werden, weil wir unter Umständen feststellen, wie gut es uns im Vergleich zu anderen geht.

Ich habe schon immer „Macher“ gemocht. Menschen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen und nicht darauf warten, dass andere das für sie erledigen. Ich stelle in diesem Buch die Frage: „Wann entscheidet sich, ob man ein Lebensbejaher, ein Lebensvertrödler oder ein Lebensverneiner wird. Und wer sind die Menschen, die bei der Beantwortung als Kompass dienen?“

Für mich waren das viele Interviewgäste, die auf ihrem Weg öfter mal die Richtung geändert haben und mich dadurch fasziniert haben. Frauen und Männer, die Risiken eingegangen sind – auch das Risiko zu scheitern. Von ihnen habe ich gelernt: Scheitern ist nicht schlimm. Am Lebensende da zu sitzen und zu sagen: „Ach hätt ich doch nur“, ist vermutlich die traurigere Bilanz.

Je schräger desto besser: Sir Hugo, der Schreiner aus Bochum-Stiepel, der in Papua Neuguinea zum Ritter geschlagen wurde, ist ein Mann, der die Route immer wieder neu berechnet hat. Genauso wie die hessische Töpfermeisterin Jutta Brasch, die Wüstenführerin im Sinai wurde. Was für tolle Lebensentwürfe. Aber es muss nicht immer das ganz große Rad gedreht werden. Es muss nicht immer alles spektakulär sein. Besonders beeindruckt und still gemacht haben mich auch die Gesprächsgäste, die trotz aller Schicksalsschläge ihren Humor nicht verloren haben – so wie der blinde Buchhändler Gunnar Fehling aus Bad Driburg. Ein super Typ!

Der Plan war: Bring mal alle Menschen zusammen, die dich bisher in deinem Leben nachhaltig geprägt haben – egal womit. So kam die schräge Mischung zustande, denn das Buch enthält nicht nur Erfolgsgeschichten.

Weil es passieren kann, dass man in der Wartezeit maulig und zum Nöler wird. Anzufangen ist natürlich anstrengender als zu warten, aber ich bin fest davon überzeugt, dass es zufriedener macht.

Das liegt einerseits am Medium. Im Radio arbeiten lauter angenehme Leute, die sich mehr um die Inhalte als um die Verpackung kümmern. Das ist beim Fernsehen oder auf Instagram naturgemäß anders, weil der Inhalt da natürlich über Bilder transportiert wird.

Die entscheidende. Wenn die Neugier endet, endet auch meine Arbeit.

Weil die Dröhner nach meiner Erfahrung eben oft nur laut sein können und selten etwas wirklich Substantielles zu sagen haben.

Sicher nicht. Aber wer in den Medien arbeitet, hat natürlich auch Freude daran, sich zu präsentieren, auf der Bühne zu stehen – sonst würde er/sie diesen Job nicht machen. Also gehört immer auch der Wunsch nach öffentlicher Anerkennung dazu.

Tausende! Fast jeden Woche treffe ich für meine Sendung „Sonntagsfragen“ (WDR 2) auf Menschen, die sich engagieren: Zum Beispiel Bernd Siggelkow, der in ärmlichen Verhältnissen auf St. Pauli aufwuchs, von der Heilsarmee „gerettet“ wurde und Jahre später das Kinderhilfswerk „Die Arche“ gründete. Der Kaufmann Fritz Roth, der das Bestattungswesen in Deutschland umdrehte und aus den Totenfeiern Lebensfeiern machte. Patrick Zimmer, ein junger Bäcker aus Sistig in der Eifel, der sich von hohen Energiekosten nicht unterkriegen lässt und mit Begeisterung Brot backt (das er sogar noch ausfährt). Die Köchin Martina Kömpel, die trotz einer Sechs in Französisch nach Frankreich zog und dort ein Restaurant eröffnete. Ich könnte ewig weiter erzählen!

50 Jahre später (2023) würde ich sagen: „Small“ ist nicht das Maß. Ich habe kleine Leute erlebt, die riesige Knalltüten sind.

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Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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