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© Ana Enriquez

Wie du dich für bisexuelle Personen am Arbeitsplatz einsetzen kannst

Die Bi-Visibility Week, die jährlich in der letzten Septemberwoche stattfindet, soll die Sichtbarkeit und Unterstützung für die bisexuelle Community fördern. Sie liegt gerade hinter uns. Doch, was kannst Du tun, damit sich bisexuelle Personen in deinem Arbeitsumfeld wohlfühlen?

Bisexuell, oder auch Bi+ bezeichnet Personen, die sich romantisch und/oder sexuell zu mehr als einer anderen Geschlechtergruppe hingezogen fühlen. Obwohl bisexuelle Menschen den größten Anteil der LGBTQIA+-Community ausmachen, werden sie oft unsichtbar gemacht oder mit Vorurteilen konfrontiert. Das gilt sowohl in queeren Räumen, als auch außerhalb.

Ein Blick in die Popkultur, etwa in bekannte Hollywood-Filme, macht diese Unsichtbarkeit deutlich. Sowohl schwule Männer als auch lesbische Frauen kommen vor, oft in Form stereotypischer Darstellung. Der schwule beste Freund, meist mit überzogen femininen Attributen versehen, die lesbische Feministin, ebenfalls klischeehaft gezeichnet. Was diese Klischees mit uns machen, und warum sie schwulen Männern die Männlichkeit und lesbischen Frauen abschreiben, das ist einen eigenen Blog-Artikel wert. Ich will auf was anderes hinaus: Bisexuelle Personen kommen gar nicht vor.

Bisexuelle Menschen sind die größte Gruppe der LGBTQIA-Community, und doch unsichtbar

Unsere Gesellschaft orientiert sich gern an sozialen Kategorien, in die wir uns gegenseitig einordnen können. Bisexuelle Personen machen diese Einordnung schwer, sie sind weder heterosexuell noch homosexuell. „Bi-Erasure“ beschreibt das Phänomen, dass Bisexualität deshalb geleugnet oder als Phase abgetan wird. Dieser Unsichtbarkeitsfaktor führt dazu, dass bisexuelle Menschen sowohl in heteronormativen als auch in queeren Kreisen häufig nicht vollständig akzeptiert oder ernst genommen werden.

Im Arbeitskontext zeigt sich diese Unsichtbarkeit besonders deutlich. Es ist nicht ungewöhnlich, dass bisexuelle Mitarbeitende erleben, dass ihre sexuelle Orientierung als verwirrend angesehen wird – insbesondere, wenn sie in der Vergangenheit Beziehungen mit Menschen unterschiedlichen Geschlechts hatten. So wird häufig erwartet, dass man sich entweder als „hetero“ oder „homo“ einordnet.

Die binäre Denke einer monosexuellen Gesellschaft überfordert viele, wenn man als bisexuelle Person etwa einmal von der Partnerin und später vom Partner spricht. Diese ständigen Erwartungen führen dazu, dass viele bisexuelle Menschen sich mehrfach outen müssen oder aus Angst vor Missverständnissen gar nicht erst outen. Tatsächlich sind bisexuelle Menschen am Arbeitsplatz deutlich seltener geoutet als ihre schwulen oder lesbischen Kolleg*innen. Einer neuen Umfrage zu Folge, gehen in Deutschland nur 16% aller bisexuellen Personen offen mit ihrer Sexualität am Arbeitsplatz um.

Diskriminierung und Mehrfachbelastung: Wenn Frauen doppelt benachteiligt werden

Für bisexuelle Frauen ist die Situation häufig noch komplexer, da sie nicht nur mit Vorurteilen gegen ihre sexuelle Orientierung, sondern auch mit geschlechtsspezifischen Benachteiligungen kämpfen müssen. Bisexuelle Frauen sind besonders oft von der Sexualisierung ihrer Identität betroffen. Weil Menschen annehmen, dass ihre Bisexualität lediglich ein Ausdruck ihrer „Offenheit“ oder „Neugier“ sei, werden sie häufig fetischisiert und sexualisiert. Dies trägt dazu bei, dass bisexuelle Frauen sich im Arbeitsumfeld unwohl oder nicht ernst genommen fühlen – insbesondere in männerdominierten Branchen.

Die Mehrfachdiskriminierung – also die Kombination aus Sexismus und Biphobie – ist dabei ein zusätzlicher Belastungsfaktor. Das gilt selbstverständlich auch für weitere Merkmale, jenseits der Gender-Identität, wie zum Beispiel wenn Personen Diskriminierung auf Basis ihrer Hautfarbe oder Religionszugehörigeit erfahren, zusätzlich zur Sexualität. Es ist daher umso wichtiger, dass Unternehmen eine inklusive Unternehmenskultur schaffen, die sowohl sexuelle Orientierung als andere Merkmale respektiert.

Wie du dich am Arbeitsplatz für bisexuelle Menschen einsetzen kannst

Was kann man konkret tun, um bisexuelle Kolleg*innen zu unterstützen und gegen diese Unsichtbarkeit und Diskriminierung vorzugehen? Hier einige Tipps:

1. Schaffe eine Kultur der Offenheit und Akzeptanz

Es mag selbstverständlich klingen, aber ein unterstützendes Arbeitsumfeld beginnt mit einer Atmosphäre, in der alle Mitarbeitenden sich sicher fühlen, über ihre Identität zu sprechen. Dazu gehört, dass Gespräche über das Privatleben, wie etwa über Wochenendpläne oder Partner*innen, für alle selbstverständlich und inklusiv sind – unabhängig von der sexuellen Orientierung.

2. Vermeide Annahmen über die sexuelle Orientierung

Bisexualität bedeutet, dass eine Person zu mehr als einem Geschlecht hingezogen sein kann. Vermeide es, basierend auf der aktuellen Partnerschaft Rückschlüsse über die sexuelle Orientierung zu ziehen. Die sexuelle Orientierung ändert sich nicht, nur weil jemand aktuell mit einem gleichgeschlechtlichen oder andersgeschlechtlichen Partner zusammen ist.

3. Setze dich aktiv gegen Bi-Erasure ein

Bisexuelle Menschen werden oft übersehen oder als „nicht queer genug“ dargestellt. Stelle sicher, dass ihre Identitäten sichtbar sind und nicht ignoriert werden. Dies könnte durch Sensibilisierungsworkshops, Inklusionsmaßnahmen oder auch durch eine einfache, regelmäßige Ansprache der Problematik geschehen. Denke bisexuelle Personen mit, wenn du ein Ally sein willst.

4. Respektiere die Privatsphäre, aber schaffe einen sicheren Raum

Nicht alle Mitarbeitenden möchten oder können sich sicher am Arbeitsplatz outen. Daher ist es wichtig, einen Raum zu schaffen, in dem sie sich sicher fühlen können, ohne das Gefühl zu haben, ihre Identität verstecken zu müssen. Es ist auch wichtig, dass sie die Kontrolle darüber haben, wie viel sie teilen möchten.

5. Fordere inklusive Kommunikation

Viele Unternehmen haben bereits Genderleitlinien oder nutzen genderinklusive Sprache. Doch es geht auch darum, darauf zu achten, sprachlich alle miteinzubeziehen. Bisexuelle Personen, aber auch andere queere Gruppen, wie zum Beispiel non binäre Personen profitieren davon, wenn wir die auf Zweigeschlechtlichkeit ausgelegte Kommunikation hinterfragen.

Sichtbarkeit und Unterstützung sind entscheidend

Die Bi-Visibility Week mag zu Ende sein, doch die Arbeit, um Bisexualität sichtbar und respektiert zu machen, muss weitergehen. Besonders am Arbeitsplatz, wo viele Menschen einen Großteil ihrer Zeit verbringen, ist es entscheidend, ein Umfeld zu schaffen, in dem bisexuelle Menschen nicht das Gefühl haben, sich verstecken zu müssen. Mit Offenheit, Bildung und gezielten Maßnahmen können Unternehmen ein inklusives Umfeld fördern, das die Vielfalt der sexuellen Orientierung respektiert und unterstützt.

Gehörst du zur LGBTQIA-Community? Teile diesen Artikel in deinem Netzwerk, um die Sichtbarkeit dieses wichtigen Themas zu erhöhen.

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Rea Eldem schreibt über Gendergerechtigkeit, Arbeitskultur, Wirtschaft & Management, Personalwesen

Rea Eldem ist die Gründerin und Geschäftsführerin von IN-VISIBLE, Berliner Agentur für gendergerechte Arbeitskultur. Rea wuchs in Deutschland, Japan und Hongkong auf und studierte Kulturwissenschaften am Bodensee und Gender Studies an der University of Cambridge.

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